0266 - Der Flammengürtel
Unrecht. Was sind schon die Christen? Auswurf aus den Elendsvierteln, Sklaven und Freigelassene. Aber du kannst ja kein Blut sehen, du … Schwächling !«
Bei diesem Wort fuhr Nero empor, als hätte ihn eine glühende Peitsche getroffen. Zornbebend stand der Herr der Welt vor seiner Gemahlin.
» Ein Schwächling?! Ich …?! « brüllte er.
»Dann zeige mir, daß du in Wahrheit ein Nachkomme des großen Julius Cäsar bist!« forderte Poppäa kalt. »Beweise mir, daß du Entscheidungen fällen kannst, die du zwar als Künstler verabscheust, die jedoch dem Wohle des Staates dienen! Zeige mir einen Kaiser, Nero! «
»Zeige uns einen Kaiser!« echoten die Höflinge. Tigellinus winkte einen Sklaven mit einer Wachstafel. Der Meister des Übersinnlichen wollte schreien und Nero von seinem Vorhaben abbringen. Doch etwas schnürte ihm die Kehle zu. Er konnte keinen Laut hervorbringen.
Ohnmächtig mußte er miterleben, wie hier die Gewalt der Hölle triumphierte.
»Nun, Göttlicher!« wies Scaurus-Tigellinus auf den Schreibsklaven. »Diktiere deinen Willen!«
Und Kaiser Nero befahl die Christenverfolgung …
***
»… die Christen vor die Löwen!« Überall in Rom wurde dieser Ruf laut, während Trupps von Prätorianern die ersten Verhaftungen vornahmen. Es waren einfache Leute aus dem Volke, die sich wunderten, was für ein Verbrechen man ihnen da zur Last legte. Aber ihre Rechtfertigung erstickte im Hohngeschrei der Menge.
Mit blankgezogenen Waffen und dem eigenen, erzgerüsteten Körper mußten die Männer von Neros Garde die Bedauernswerten vor der rasenden Wut des Pöbels schützen.
»… die Christen vor die Löwen!« Jeder in Rom war überzeugt, daß es sich tatsächlich um die Brandstifter handelte. Bei Tigellinus häuften sich die Anzeigen. Doch die ausgesandten Prätorianer trafen nicht auf Widerstand. Willenlos wie Schafe ließen sich die Beklagten abführen. Doch etwas lag in ihren Augen, etwas Strahlendes – Triumphierendes. Was mochte es sein, das diesen Menschen Kraft gab, fast heiter und gelassen in der Mitte ihrer Bewacher zu gehen, die sie in den sicheren Tod führten.
Niemand würde es begreifen. Noch nicht …
Durch Neros Edikt war das Urteil bereits gesprochen worden. Tod in der Arena im Angesicht des ganzen Volkes. Mit einigen Getreuen saß der Kaiser zusammen und überlegte einige besondere Todesarten, die dem Pöbel gefallen sollten.
Nur Gajus Petronius ahnte, warum Kaiser Nero während dieser Beratung übermäßig viel Wein in sich hinein schüttete …
***
Der ganze Gang roch nach Moder. Irgendwo tropfte Wasser durch die Decke. Empfindliche Kühle ließ Professor Zamorra frösteln.
Die Fackel in der Hand des Parapsychologen erleuchtete den finsteren Gang zu den Verliesen unter dem Palatin. Hier waren die Zellen für die Gefangenen, die man nicht einmal dem Marmentiner Kerker unterhalb des Kapitols anvertraute. Den Reden der Prätorianer hatte Zamorra entnommen, daß Regina Stubbe und Aurelian hier auf den Tod warten mußten. Der Parapsychologe kannte die weißmagische Kraft seines Freundes und wußte, daß er dafür sorgen konnte, daß sich der Wahnsinnstrank in ihrem Körper nicht weiter ausbreitete. Dennoch rettete dies Regina nicht für alle Zeiten. Zamorra wußte, daß er nur auf Château Montagne die Möglichkeiten besaß, die Wirkung des Trankes aufzuheben. Schon deshalb mußte er Aurelian und Regina sofort befreien.
Mehrere Kerkermeister erhoben sich und griffen zu ihren Waffen, als Professor Zamorra in ihre kleine Stube trat. Bevor sie zum Angriff übergehen konnten, hatte die Geisteskraft des Parapsychologen einen Hypno-Block um ihr Gemüt gelegt. Doch bei der Befragung über den Verbleib der Freunde erlebte Zamorra eine herbe Enttäuschung.
Unartikuliertes Stammeln antwortete ihm. Laute, die eine Gänsehaut über seinen Rücken gleiten ließen. Diese Männer würden nie etwas erklären können.
Man hatte ihnen die Zungen herausgerissen. Zu ewigem Schweigen waren sie verdammt. Professor Zamorra mußte Aurelian und Regina Stubbe im Labyrinth zahlreicher Gänge suchen.
Fast wäre der Meister des Übersinnlichen über ein Bündel am Boden gestolpert. Ein Bündel, das urplötzlich zum Leben erwachte.
Im Licht seiner Fackel erkannte Professor Zamorra die Konturen eines alten Weibes in schmutziggrauem Gewand, das sich bemühte, auf die Beine zu kommen.
»Wer immer du bist!« rief Zamorra und in seiner Stimme klang Mitleid mit der kümmerlichen Gestalt. »Kann ich dir
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