0266 - Der Flammengürtel
jedoch in diesem paralysierten Zustand sich nicht mehr rühren und auch nicht mehr schreien. Poppäa knirschte mit den Zähnen. In diesem Zustand konnte sie das Mädchen nicht mehr töten. Doch nun sah die Kaiserin, daß sich Tigellinus und Zamorra wie zwei bissige Hunde gegenüber standen. Aurelian eilte herbei und baute sich neben dem Parapsychologen auf.
»… die Christen vergiften Brunnen und schlachten zu ihren Opferfeiern Kinder!« brüllte Scaurus-Tigellinus die überall verbreitete Meinung über die angeblichen Umtriebe der Christen. »Sie erzählen, daß Christus, ihr Gott, eines Tages wiederkommen wird, um Rom und die Welt zu verbrennen. Und damit ihr Meister bald kommen soll, haben sie Rom angezündet…!«
»Es ist Scaurus, der Dämon!« hauchte Zamorra seinem Freund zu. »Hier hat der Teufel selbst die Hand im Spiel!«
»Ich werde ihm entgegentreten!« flüsterte Aurelian. »Halte dich zurück, mein Freund. Was immer geschieht – vielleicht mußt du mich irgendwo heraushauen. Doch ich muß Scaurus entgegentreten!«
»Göttlicher Kaiser!« rief Scaurus. »Entscheide in deiner Allmacht und übergroßen Weisheit. Du hast gesehen, daß die Christen eine der ihren hier einschleusten, um dich zu vergiften. Ich bin sicher, daß du sie für ihre Freveltaten strafen wirst!«
»Sehr gut, Scaurus!« hörte der Dämon in seinem Inneren gleichzeitig die Stimme des Asmodis. »Denn diese Lehre der Liebe ist das Einzige, was die Macht der Finsternis besiegen kann…!«
»Schweige, Tigellinus!« grollte die Stimme Aurelians. »Versuche nicht, die Schuld an einem Unglück wie dem Brand von Rom Unschuldigen in die Schuhe zu schieben. Die Christen sind anständige Leute, die sich nur nicht vor euren erzenen Götterstandbildern in den Tempeln niederwerfen. Woher willst du die Geständnisse nehmen, daß sie die Brandstifter waren?«
»Laß mir einen Tag Zeit und mein Foltermeister verschafft mir genug Geständnisse!« grinste Scaurus-Tigellinus dazwischen.
»Und was ist, Göttlicher, wenn wir dem Volk die Wahrheit sagen!« fragte Petronius, der näher getreten war. Dem eleganten Patrizier gefiel es nicht, daß hier auf Kosten Unschuldiger die Unfähigkeit und Bestechlichkeit der Prätoren und anderer hoher Beamter vertuscht werden sollte, die ihre Feuerwehrabteilungen zuerst zu ihren eigenen Häusern und denen ihrer Freunde schickte. Da so kein konzentrierter Löscheinsatz möglich wurde, konnte das Feuer so verheerend um sich greifen.
»Wir könnten die korrupte Verwaltung säubern und die unfähigsten Prätoren in die Verbannung schicken!« erklärte Petronius, während einige der Festgäste bei diesen Worten erbleichten. Doch da fiel ihm Tigellinus ins Wort.
»Du verstehst etwas von Kunst und Poesie, mein verehrter Arbiter Elegantiarum!« höhnte er. »Doch von Politik verstehst du nichts. Glaubst du, der Pöbel läßt sich mit einigen wohlgesetzten Worten beschwichtigen? Glaubst du, den Römern, die alles verloren haben, klarmachen zu können, das alles ein Unglücksfall war? Kennst du die rasende Menge so wenig? Höre auf das was sie brüllen! Rache! Und dem Mob ist es gleich, an wem er Rache nimmt!«
Petronius schwieg. Er hatte versagt. Für ihn waren die Christen unrettbar verloren. Tigellinus hatte die Sache voll im Griff.
»Denke an den Gerechtigkeitssinn der Römer!« begann Aurelian. »Die Richter…!«
»Der Richter ist der Cäsar selbst!« bemerkte Tigellinus. »Er benötigt keine Verhandlung oder die Zustimmung des Senats, wenn er Feinde der Menschheit und Brandstifter verurteilt.«
»Du kannst mich nicht besiegen!« säuselte es im selben Moment aus dem Munde des Tigellinus Aurelian in italienischer Sprache entgegen. »Ich töte den Tigellinus auf der Stelle, wenn du mich mit dem Spiegel von Saro-esh-dyn angreifst. Ja, ich habe dich erkannt als einen der ›Väter der Reinen Gewalt‹. Doch was ich Zamorra sagte, das gilt auch für dich, Aurelian. Du kannst mich nicht vernichten! «
»Aber ich kann dich vertreiben !« murmelte Aurelian tonlos. »Es gibt noch andere Methoden, sich einem Dämon entgegenzustellen. Ich habe in meiner Zeit die Schriften im Vatikan gelesen und besitze eine besondere Dispens für das Römische Ritual, dessen sich die Exorzisten bedienen! Und darum«, seine Worte wechselten vom Italienischen, das nur Scaurus verstand, ins Lateinische. »Darum spreche ich jetzt zu der bösartigen Macht, die Gewalt über den Geist des Tigellinus gewonnen hat!« Aus der Kehle des
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