0267 - Dämon der sieben Meere
Er hatte den schwarzen Segler unterschätzt. Der besaß ungeahnte Möglichkeiten, auch mit dem Kriegsschiff fertig zu werden. Siccine wünschte, er hätte auf Zamorra gehört und das Feuer schon früher eröffnen lassen. Die Löcher in der Bordwand und die Zerstörungen an Deck bewiesen, daß das Schiff durchaus zu beschädigen und somit wohl auch zu versenken war. Jetzt aber war es zu spät.
Der Maschinenraum brannte. Die Waffenstände waren nicht mehr einzusetzen. Und Siccine sah die gespenstischen Horden an Bord fluten.
Er mußte einen Funkspruch absetzen, mußte die Einsatzstelle informieren! Aber auf die Leute in der FuM konnte er sich nicht mehr verlassen.
Er mußte es selbst tun…
Er sah sich in der Zentrale um. Den Rudergast hatte er ebenfalls niederschlagen müssen und war jetzt der letzte Mann auf der Brücke. Eigentlich durfte er sie nicht verlassen. Aber wer würde sich noch darum kümmern? Die ANTARES war nicht mehr zu lenken und war auch nicht mehr kampffähig. Siccine mußte seinfe Dienststelle warnen, mußte alle warnen. Der Fliegende Holländer war unbesiegbar!
Zumindest mit den bekannten Mitteln.
Siccine wußte nicht, ob Zamorra noch etwas ausrichten konnte. In der Nacht konnte er nicht sehen, was sich an Bord des fliegenden Holländers abspielte. Das Geisterschiff war verdunkelt.
Siccine stieß die Tür auf und schwang sich nach draußen. Der heulende Sturm riß ihm die Dienstmütze weg. Siccine sah nach unten. Das Deck wimmelte von gespenstischen Gestalten, die bis an die Zähne bewaffnet waren. Aber es wurde kaum gekämpft. Die Tätigkeit der Geisterpiraten konzentrierte sich darauf, Gefangene zu machen. Sie sammelten einfach die Besatzungsmitglieder, und Seesoldaten der ANTARES ein, um sie an Bord ihres Schiffes zu bringen! Und Männer, die gerade noch verbissen aufeinander eingeschlagen hatten, wehrten sich jetzt nicht!
»Dieser Wahnsinn«, flüsterte Siccine bestürzt.
Hypnose? Hatte der Herr des fliegenden Holländers seine Männer mit Hypnose in diesen Zustand versetzt? Finstere Zauberei, Hexenwerk! Kampf gegen Schatten, die nicht zu fassen waren.
Hauptsache, mich sieht jetzt keiner, dachte er und lief über die Galerie zurück. Er glitt durch eine Tür ins Innere des Hochdecks und Augenblicke später in die FuM. Die beiden Männer darin sprangen auf, als hätten sie nur auf ihn gewartet.
Blitzschnell fielen sie über Siccine her und schlugen auf ihn ein.
***
Warren Winslow wurde vom Wasserdruck gegen die Wand geschleudert, zur Tür gespült und in den Gang getragen. Er hörte noch den verzweifelten Todesschrei des Chinesen. Der Abgemagerte starb stumm in den kalten Fluten.
Winslow, den Säbel in der Hand, bekam wieder Boden unter die Füße. Die Zellentür brach die Gewalt des eindringenden Wassers. Winslow hetzte zur nächsten Stiege und stürmte hinauf, bis er das Deck erreichte. Er zog den Kopf ein. Eisiger Sturm drohte ihn davonzuwirbeln.
Er dachte an die beiden Männer unten in der Gefängniszelle. Diesen Tod hatten sie nicht verdient, auch nicht der Chinese, der Ngatta ermordet hatte. Winslow starrte auf den erleuchteten grauen Schiffskörper neben dem schwarzen Segler. Das Kriegsschiff! Es war mit Enterhaken und Seilen mit dem Segler verbunden.
Nicht einmal ein Kreuzer konnte dem Geisterschiff widerstehen!
Warren Winslow schloß mit dem Leben ab. Er wußte, daß auch er nicht davonkommen würde. Es war einfach nicht zu schaffen. Aber Ngatta sollte nicht umsonst gestorben sein. Bevor es ihn selbst erwischte, wollte Winslow soviel Schaden anrichten wie nur eben möglich.
Er faßte den Säbel fester. Was konnte er tun? Er wußte so gut wie nichts. Ngatta hatte ihm doch kaum etwas erzählen können. Ein dunkler Kuttenmann, ein Ungeheuer im Achterdeck und ein Schacht, der ins Erdinnere führte… waren das nur Fieberfantasien eines Todkranken? Oder…?
Plötzlich glaubte Winslow eine Bewegung im Wasser zu sehen. Schwamm da nicht jemand neben dem Schiff?
Er sah genauer hin.
Das war eine Frau! Wie kam sie dorthin? Der Sturm riß hin und wieder die Wolken auf und ließ geisterhaftes Mondlicht durchscheinen, und in diesem Licht konnte Winslow sie jetzt deutlich sehen. Sie kämpfte gegen den kalten Tod an und versuchte den Segler zu erreichen. Aber es war klar, daß sie es aus eigener Kraft nicht schaffen konnte, an der Bordwand emporzuklettern.
Sie würde es auch nicht schaffen, zur anderen Schiffseite zu schwimmen, um durch das große Leck einzudringen. Erstens besaß
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