0269 - Blutfehde zwischen Wolkenkratzern
bekommt sie von Mrs. Arnaud den Auftrag, Julians Brüder zu benachrichtigen und sie zu warnen. Es gibt keine Meldepflicht in unserer Stadt. Und die Arnauds sind nicht registriert. Wie lange willst du nach ihnen suchen? Miss Landy wird uns ungewollt auf ihre Spur bringen.«
Ich klemmte mich hinter das Steuer des Jaguars und wartete auf Rita Landy. Nach der vierten Zigarette stand für mich fest, dass ich mich entweder geirrt hatte, oder auf einen ganz billigen Trick hereingefallen war. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass das Letztere zutraf.
***
Die bildhübsche Verlobte Julian Arnauds wollte gerade das Haus verlassen, als sie den Jaguar entdeckte. Sie ahnte, dass das Haus beobachtet wurde, drehte sich daher um und klingelte in der Parterre-Wohnung, die zu dem kleinen Schreibwarengeschäft gehörte. Die Frau des Ladeninhabers öffnete ihr.
»Oh, Miss Landy?«
»Guten Tag, Mrs. Singel. Könnte ich wohl mal bei Ihnen telefonieren?«
»Selbstverständlich. Kommen Sie herein.«
Mrs. Singel deutete auf den Telefonapparat, der in der Diele stand und zog sich diskret zurück. Rita Landy wählte eine Nummer in der Bronx.
Eine Männerstimme meldete sich. »Arnaud.«
»Hallo, Louis? Hier ist Rita. Julian ist erstochen worden.«
Sie bekam keine Antwort. Nur die Atemzüge des Mannes vernahm sie.
»Louis?«
»Ich… ich komme sofort, Rita.«
»No, Louis. Lass dich um Gottes willen nicht sehen. Die Polizei und zwei Männer vom FBI waren bereits hier. Vor der Haustür steht ein Wagen. Sie wollen unbedingt eure Adresse wissen. Mama meint, es sei wegen Amalio. Sie wissen genau, warum die Männer sterben müssen. Man wird euch bestimmt verhören, Louis. Ihr dürft erst auf tauchen, wenn ihr ein hieb- und stichfestes Alibi für die Nacht zum Freitag habt. Du musst sofort die anderen verständigen.«
»Wann ist es passiert, Rita?«
»Gegen 11 Uhr am Wallabout Markt. Die Täter entkamen wahrscheinlich in einem blauen Wagen, dessen Fabrikat nicht festgestellt werden konnte.«
»Es kommen nur Roman oder René infrage«, zischte Louis. »Sicher haben sie den Wagen gemietet. Bernie wäre kaum auf die Idee gekommen, da er einen eigenen Wagen hat. Es ist ein roter Mercury. Außerdem ist er meines Wissens noch in Los Angeles. Soviel ich gehört habe, hat er dort eine Wohnung gemietet.«
»Was willst du tun, Louis?«, fragte Rita erregt.
»Das weiß ich noch nicht. Ich werde heute noch mit den anderen sprechen. Roman oder René, einen von beiden muss es treffen.«
»Ist das nicht zu gefährlich, Louis? Ich glaube, es ist an der Zeit, endlich damit aufzuhören. Ihr bringt euch nur gegenseitig um. Ich habe es nicht begreifen können, Louis. Obwohl es Julian getroffen hat; kenne ich keine Rachegefühle.«
»Du bist keine Korsin, Rita. Auch wir sind hier in diesem Land geboren worden, wenigstens einige von uns. Aber auch die haben korsisches Blut in ihren Adern. Julians Tod fordert Rache, ob dir dieser Gedanke nun gefällt oder nicht.«
Rita wollte noch etwas sagen, aber Louis hatte aufgelegt. Nachdenklich legte sie den Hörer auf die Gabel und verließ die Wohnung. Sie tastete sich vorsichtig auf die Straße hinaus. Der rote Jaguar stand noch immer da. Für einen Augenblick war sie versucht hinzugehen und dem Mann am Steuer sämtliche Adressen zu nennen, um weiteres Blutvergießen zu verhüten. Doch sie verwarf diesen Gedanken schnell wieder. Vorsichtig zog sie sich zurück und stieg die Treppe zur Wohnung der Arnauds hoch.
***
In den nächsten Tagen passierte nichts, was mit unserem Fall in Verbindung gebracht werden konnte. Wir setzten unsere ganze Hoffnung auf den Tag der Beerdigung von Julian Arnaud. Phil und ich fuhren zum Greenwood Cemetery, um endlich einmal an die übrigen Familienmitglieder heranzukommen. Wir machten uns den Weg jedoch umsonst. Die Trauergemeinde bestand lediglich aus Mrs. Arnaud, Rita Landy und ein paar Hausbewohnern aus der Skillmann Street. Julians Brüder erschienen nicht.
Dennoch stellten wir das Haus der Arnauds unter Beobachtung. Vielleicht gaben die Männer nach ein paar Tagen ihre Vorsicht auf. Die Posten wurden nach einem genauen Zeitplan abgelöst, aber keiner der Arnauds ließ sich blicken.
Am Freitag bekamen wir Besuch von Lieutenant Andy Gresh. Er brachte ein Gutachten vom kriminaltechnischen Institut des FBI aus Washington mit. Wieder einmal bewies sich, wie wichtig auch die geringste Kleinigkeit war, die am Tatort gefunden wird. Unsere Chemiker hatten die Lackspuren untersucht,
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