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027 - Ruf des Blutes

027 - Ruf des Blutes

Titel: 027 - Ruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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vorerst jedenfalls.
    Er kam jedoch nicht in den Genuss, sich über diesen minimalen Triumph zu freuen. Denn die Nosfera taten, was er in ihrer Situation vielleicht auch getan hätte. Sie setzten ihn unter Druck.
    »Bleib stehen!«, gellte die markante Stimme des Anführers der Bande zu ihm herauf.
    Matt sah hinab. Und zerbiss einen Fluch.
    Der Nosfera hatte Jonpol Sombriffe vom Boden hochgezerrt. Immer noch benommen, hing der Truveer im Griff des Blutsäufers, der ihm einen geschwungenen Dolch gegen den Hals drückte, so fest, dass bereits ein dünner roter Faden über die Klinge lief.
    »Wirf die Waffe weg und komm runter, sonst…« Er vollendete die Drohung nicht.
    Denn er starb in eben diesem Augenblick!
    Ein kurzes dumpfes Geräusch ertönte, und urplötzlich, wie hingezaubert, ragte ein handlanger Schaft aus der Schläfe des Nosfera.
    Der Schaft eines Pfeils, den irgend jemand von irgendwo mitten ins Ziel geschickt hatte!
    Und dieser unsichtbare Jemand war schnell, verdammt schnell. Und gründlich.
    Noch bevor die Nosfera begriffen, was eigentlich passiert war, holte sich der Tod weitere vier von ihnen. Als die übrigen endlich realisierten, was geschah, waren noch drei tot. Und die Verbliebenen hatten nicht die allergeringste Chance, den Pfeilen aus dem Nichts zu entgehen.
    Das mörderische Schauspiel währte nur Sekunden. Dann war es vorbei, buchstäblich, für jeden Einzelnen der Nosfera.
    Drunten in der Gasse war Jonpol gegen die Wand gesunken und hielt sich mit ausgestrecktem Arm aufrecht. Droben auf dem Treppenabsatz war Matt in die Knie gegangen, fast instinktiv, um ein möglichst kleines Ziel zu bieten.
    Aber wer der Schütze auch war, er hatte es weder auf ihn noch auf den Truveer abgesehen. Matt ahnte, warum. Dass es sich bei dem Schützen um denjenigen handelte, dem der Hinterhalt der Nosfera eigentlich gegolten hatte.
    Damit wusste Matt zwar noch nicht, mit wem er es konkret zu tun hatte. Doch er erfuhr es im nächsten Moment.
    Als der Engel kam.
    Der Engel des Todes…
    Das war Matts allererster Gedanke, als die Gestalt am Ende der Gasse erschien.
    Im flackernden Gegenlicht des Feuers, das im Hinterhof immer noch wie ein Scheiterhaufen loderte, zeichnete sie sich als kompakter tiefschwarzer Schatten ab. Eine Windbö, die von der Straße her in die Gasse fuhr, bauschte ihren Umhang zu mächtigen Schwingen auf. Und sie schien über die Leichen, mit denen sie sich selbst den Weg gepflastert hatte, nicht einfach hinweg zu steigen, sondern vielmehr zu schweben, ohne jeden Laut.
    Obwohl er das Gesicht der Gestalt nicht sehen konnte, glaubte Matt die Kälte zu spüren, mit der sie die toten Nosfera maß - voller Verachtung.
    Unterhalb der Treppe verhielt sie schließlich und sah kurz zu ihm auf, wobei ihr Gesicht im Schatten der Kapuze ihres weiten Umhangs verborgen blieb. Dann wandte sie sich Jonpol zu und untersuchte schweigend seine Verletzungen. »Du wirst es überleben.«
    Eine weibliche Stimme, jung. Erstaunlich jung sogar, wie Matt fand.
    Wieder sah sie zu ihm hoch, »Hast du vor, für immer da oben zu bleiben?«
    Matt erwiderte nichts, machte sich aber an den Abstieg. Vorsichtig ging er die schwankenden und knirschenden Stufen hinab. Irgendwo über ihm lösten sich Rostflocken und fielen ihm auf Haar und Schultern.
    »Ich glaube, das gehört dir.«
    Ihre Retterin reichte ihm sein Kurzschwert. Er nahm es und erhaschte einen Blick auf die Waffe, die sie in der anderen Hand hielt und mit der sie die Nosfera getötet hatte.
    Eine Armbrust. Genauer gesagt eine Armbrust- Pistole, handlich und doch effektiv, tödlich eben - in der richtigen Hand. Dass sie Letzteres besaß, daran hatte diese »Jägerin« schließlich keinen Zweifel gelassen.
    Noch immer konnte Matt das Gesicht seines Gegenübers nicht erkennen. Vielleicht fing sie seinen forschenden Blick auf, vielleicht war es nur Zufall; jedenfalls streifte sie die Kapuze zurück, und zum Vorschein kam - das Gesicht eines Engels.
    Sie war atemberaubend schön. Und tatsächlich jung. Verdammt jung. Eher ein Mädchen noch als schon eine Frau.
    Dunkles Haar, das ihr bis auf die Schultern reichte - ein paar Strähnen fielen ihr in die Stirn -, und die dunklen glutvollen Augen, als verstecke sich ihr Blick dahinter. Die vollen Lippen waren von einem tiefen Naturrot. Und in ihren Zügen war etwas, lauerte etwas, das Matt berührte - auf eine Weise, die ihm als Mann nicht unangenehm war, die ihm in der Situation jedoch unpassend erschien und eher peinlich war.

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