0270 - Die Panik der Gespensterbande
wir, dass sie in ihrer Mitte eine Gestalt mitschleppten, die entweder nicht gehen konnte oder wollte.
Ich gab Phil einen leichten Stoß. Wir duckten uns und schlichen wieder an der Mauer entlang. Die Männer öffneten ein Garagentor. Wir beeilten uns. Als wir die Garage erreicht hatten, hörten war eine Männerstimme: »Am besten zieht ihr ihm eins über den Schädel,- bevor ihr ihn in den Fluss werft. Wenn er bewusstlos ins Wasser kommt, muss er ja absaufen.«
»Klar«, sagte eine andere Stimme.
Eine Autotür klappte. Phil brüllte: »Los, Jerry!«, und sprang auch schon vor. Ich stand eine Zehntelsekunde später neben ihm. Unsere Taschenlampen schnitten grelle Lichtbahnen durch die Dunkelheit.
Vier Männer warfen sich herum und starrten blinzelnd in das grelle Licht. Sie waren gerade damit beschäftigt, Tino Ravelli in den Kofferraum zu packen. Er war gefesselt und geknebelt, sodass er weder ein Geräusch von sich geben noch sich bewegen konnte. Nur seine angstvoll geweiteten Augen verrieten, dass er soeben sein eigenes Todesurteil mit angehört hatte.
Es spielte sich alles unglaublich schnell ab. Phil rief: »FBI! Hände hoch! Lasst den Jungen los!«
Da machte einer schon die erste rasche Bewegung. Wir hatten keine Wahl. Sie hatten den Jungen, und wenn es 64 ihnen gelang, mit dem Wagen durchzubrechen, war Tinos Leben keinen verrosteten Stecknadelkopf wert.
Ich drückte durch! Der Schuss dröhnte in der Garage wie ein Kanonenschuss. Einer der Gangster wurde um seine Achse gewirbelt. Da bellte auch schon Phils Pistole. Ein weiterer sackte in die Knie. Aus seinen Fingern löste sich eine schwere Pistole.
Ich sprang vor.
Einer von ihnen kam mir entgegen. Seine Hand bereits im Jackenausschnitt. Ich schlug ihm den Lauf der Pistole über den Handrücken. Er stieß einen gellenden Schrei aus. Ich holte aus und schlug nach.
Er ging in die Knie. Aber er hatte die Zähigkeit einer Wildkatze. Mit der Linken fuhr er hoch. Ein Schnappmesser blitzte. Ich schlug zum dritten Mal zu, aber diesmal zog ich ihm den Lauf über den Kopf.
Er stürzte nach vorn und rührte sich nicht mehr. Es war John C. Cleamer. Im Schein meiner Taschenlampe hatte ich ihn deutlich erkannt.
***
Unterdessen waren die Kollegen von allen Seiten auf das Grundstück vorgedrungen. Vierundsechzig wirklich Blinde hatten eine halbe Stunde lang einige Aufregungen zu überstehen.
Und neun Blinde, die so gut sehen konnten, wie es sich einer nur wünschen kann, verrieten sich selbst, indem sie versuchten, Widerstand zu leisten. Handschellen, und vorher bei manchen auch ein paar handfeste Argumente, überzeugten sie von der Nutzlosigkeit ihres Versuchs.
Der Leiter der Anstalt wurde festgenommen. Er hatte hier unter falschem Namen gelebt. Unter seinem echten Namen hatte er als Arzt bereits eine mehrjährige Zuchthausstrafe abgesessen und Berufsverbot erhalten.
Die anschließende Haussuchung in dem großen Komplex dauerte bis in den Morgen hinein.
Aber wir fanden alles, was wir suchten: die grauen Leinensäcke mit Einschnitten für die Augen, die Masken also, die der Bande den Namen Gespensterbande eingetragen hatte. Und die Waffen: fünf Maschinenpistolen mit beachtlichem Munitionsvorrat, elf Selbstladepistolen, vier Revolver und zwei große Colts. Messer, Schlagringe und Totschläger für eine ganze Kompanie.
Auch ihre Beute wurde sichergestellt. Neben allem anderen auch die Goldbarren. Viel später erst erfuhren wir in den Verhören, dass die Bande den Plan gehabt hatte, noch weitere vier Monate zu arbeiten. Danach wollten die Burschen zwei oder drei Jahre verstreichen lassen, bevor sie die Beute abzusetzen versuchten. Jetzt mussten sie auch Jahre verstreichen lassen, sogar mehr als zwei oder drei, und das auch noch ohne die Hoffnung auf späteren Reichtum, denn diese Jahre hatten sie im Zuchthaus abzusitzen.
Bis auf Cleamer und den verkrachten Arzt. Cleamer wurde wegen mehrfachen Mordes zum Tode verurteilt, der Arzt, weil er diese Morde befohlen und die ganzen Überfälle geplant hatte. Ihre Hinrichtung fand im Staatszuchthaus auf dem elektrischen Stuhl statt.
ENDE
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