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0272 - Gorgonen-Fluch

0272 - Gorgonen-Fluch

Titel: 0272 - Gorgonen-Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Nein. Obgleich er wußte, mit welchem überragenden Gegner er es zu tun hatte, hatte er nichts gelernt.
    Nun war er Stein.
    Und seine Kraft floß in die Gorgone. Stärker als zuvor konnte sie nun nach ihrer Schwester rufen, um sie zu wecken.
    Euryale, wo immer du auch bist -erwache und komm, denn gemeinsam wollen wir herrschen.
    Pausenlos jagte der Ruf in die Unendlichkeit hinaus und wartete auf ein Echo.
    ***
    »Was sollen wir jetzt tun?« murmelte Franklin Townsend hilflos. Der harte Geschäftsmann war am Rande des Zusammenbruchs. Zwei-, dreimal am selben Tag mit einem unerklärlichen Phänomen konfrontiert zu werden, ging fast über seine Kräfte. Er wußte zum ersten Mal in seinem Leben nicht weiter.
    Er stand da, die ohnmächtige Französin auf den Armen, und starrte die Marmorfigur an, über deren Wangen blutige Tränen rannen. Das war einmal Professor Zamorra.
    Jetzt war es ein Gebilde, das bei der geringsten Erschütterung zerspringen konnte. Und dann - würde der Parapsychologe, der jetzt schon tot war, endgültig aufhören zu existieren.
    Townsend machte sich Vorwürfe, den Jugendfreund eingeladen zu haben. Hätte er es nicht getan - schön, Peter Clarke wäre jetzt dennoch tot. Aber Zamorra nicht. Zamorra würde noch leben.
    »Was sollen wir jetzt tun?« wiederholte der Yachtbesitzer.
    Die drei Mädchen standen ebenfalls um sie herum. Sie zitterten. »Nimmt das Grauen denn gar kein Ende?« flüsterte Peggy erstickt. »Warum verfolgt es uns immer noch? Reicht es nicht allmählich?«
    Townsend sah, daß er von ihnen weder Rat noch sonderliche Hilfe zu erwarten hatte. Sie waren im Grunde nicht mehr als das, wofür Peter und er sie an Bord geholt hatten: hübsche Gespielinnen, die Sonne und Freizeit genießen wollten und keine Sorgen kannten. Jetzt brach das Entsetzen in immer schneller aufeinander folgenden Schlägen über sie herein und schmetterte sie moralisch nieder. Und wenn er nicht rechtzeitig das Ruder herumriß, würde das Chaos losbrechen. Beginnend bei den Mädchen würde sich die Panik schlimmstenfalls über den ganzen Hafen und über Neapel ausbreiten…
    Gorgonen…
    Stets hatte er die Geschichte der Medusa für nicht mehr als eine Sage gehalten, wirklichkeitsfern und vor allem in ferner Vergangenheit angesiedelt. Unerreichbar weit fort. Es betraf ihn nicht. Die Schrecken einer anderen Epoche waren längst vorbei. In der Gegenwart zählten andere Schrecken. Sterbende Wälder, Säureregen, Luftverpestung, wofür man ohne nachzudenken ausschließlich die Autos verantwortlich machte, Arbeitslosigkeit, Kriegsgefahr. Was waren dagegen schon die Ungeheuer, vor denen die Urahnen angeblich gezittert hatten?
    Jetzt zeigten sie ihm und den anderen, was sie waren.
    Bestien!
    Gorgonen…
    Und das Schlimmste war, daß die kleine Statue jederzeit erneut zuschlagen konnte. Überall dort, wo sie wollte. Sie bewegte sich, war mal hier, mal da. Sie war nicht zu berechnen.
    Der Brand in der Funkbude… das war ein gezielter Schlag, aber er war anders als die Versteinerung. Warum? Was unterschied diese beiden Arten der Vernichtung?
    »Grübeln führt zu nichts«, sagte er. »Paßt auf, daß Zamorra… daß die Figur nicht beschädigt wird. Ich bringe Nicole nach unten.«
    Er schwankte mehr, als daß er ging. Er versuchte sich in sie hineinzuversetzen. Er verlor einen Studienfreund, mit dem er ein paar Semester zusammen war, worauf ihre Wege sich wieder trennten. Sie aber verlor ihren Lebenspartner, den Mann, den sie liebte. Es wog unendlich schwer, und er wußte nicht, wie er ihr darüber hinweghelfen konnte. Und immer wieder hämmerte der Selbstvorwurf in ihm: Hätte ich Zamorra nicht eingeladen, lebte er jetzt noch!
    Noch während er sie über den schmalen Gang unter Deck trug, erwachte sie. Sie riß die Augen weit auf, starrte ihn stumm an, war schlagartig wieder voll da.
    Vorsichtig stellte er sie auf die eigenen Füße.
    »Es war kein Traum, nicht wahr?« flüsterte sie tonlos. »Kein Alptraum. Es hat ihn erwischt, ja?«
    Er nickte.
    Sie sah durch ihn hindurch. »Was willst du tun?« fragte sie.
    Sie ist wie die anderen, dachte er. Allein auf sich gestellt ist sie hilflos. Vom Schicksal zerschmettert.
    »Ich werde… von der Telefonzelle aus Dano anrufen«, sagte er. »Ihm mitteilen, daß es einen dritten… ach verdammt! Wie kann ich das nur Fall nennen?« Er warf sich herum und drehte ihr den Rücken zu, weil er ihr nicht ins Gesicht sehen konnte.
    Ich habe ihn umgebracht! hämmerte es in ihm. Ich habe ihn

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