0274 - Astrano - Herr der Geister
nicht wie überall üblich hier über dem Manegeneingang?«
Nicole zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Sie werden ihre Gründe dafür haben. Was führst du nun konkret vor? Als deine Assistentin müßte ich’s doch allmählich erfahren.«
»Wir werden sehen«, wich Zamorra aus. Nicole trat ihm kräftig auf die Zehen. Sie wußte nur, daß Zamorra für sie »blind« eingekauft hatte, während sie das Hotelzimmer buchte und belegte; sie fieberte dem Moment entgegen, in dem ihr Kostüm ausgepackt wurde.
Er lachte. »Auftritte ohne Generalprobe sind doch unsere Spezialität«, sagte er. »Wenn ich wüßte, was Astrano macht - hoffentlich nehme ich ihm nicht alles weg. Er sollte eigentlich vor uns auftreten.«
Nicole schüttelte den Kopf. »Morano plant das schon ganz richtig so. Das ist wie bei der Musik: erst die Vorgruppe, dann der Star.«
Zamorra grinste und streichelte erst das Wolfsfell und dann Nicole.
»Eben«, sagte er selbstbewußt.
***
Unerkannt traf auch der Druide Gryf seine Vorbereitungen. Er hielt sich im Hintergrund, und niemand sah ihn. Er beobachtete nur und paßte auf, daß er nicht bemerkt wurde. Denn seine Zeit war noch nicht gekommen.
Er wußte nur, daß jemand aus allen Wolken fallen würde, wenn Gryf auf dem Plan erschien.
Denn sein Gegenspieler las nicht seine Gedanken…
Langsam wurde es Abend. Und ganz langsam kehrte ein Teil seiner Para-Fähigkeiten zurück. Die Fremd-Blockade ließ allmählich nach.
Das reichte Gryf.
***
Astrano, der Magier, hielt eine gläserne Kugel zwischen seinen Händen. In ihr sah er die Manege, und er sah die beiden Pascals. Sie befanden sich an einem anderen Platz, und die beiden Bilder vermengten sich miteinander.
»Dreimal habe ich euch gewarnt«, flüsterte er. »Doch ihr hört nicht auf die Warnungen. So soll es denn sein!«
Sein Gesicht verzerrte sich zu einer haßerfüllten Fratze. Hätte jemand ihn in diesem Moment gesehen, er hätte ihn womöglich nicht wiedererkannt. Plötzlich entstand Feuer in der Kugel und fraß das Bild auf. Als die Flammen die Kugel restlos ausfüllten, verschwand sie zwischen Astranos Händen.
Rot glühten seine Augen auf, um dann die Röte ebenso rasch wieder zu verlieren, als er auflachte - laut, schrill und meckernd.
Es war das Lachen eines Teufels - oder eines Irren…
Aber Astrano hatte noch nicht wieder in die Zukunft gesehen.
***
Der Auftritt in einem Zirkus war für Zamorra tatsächlich ein Erlebnis ganz besonderer, reizvoller Art. Was nach außen hin eine perfekte Schau war, wo ein Rädchen des großen Getriebes ins andere griff und ein Auftritt nahtlos an den anderen anschloß - das war hinter den Kulissen ein fürchterliches Chaos. Alle zwei Minuten drohte das gesamte Programm zusammenzubrechen, weil eines der Tiere nervös wurde oder einem Künstler ein Schuh fehlte und dergleichen Kleinigkeiten mehr.
Aus der »Garderobe« heraus genoß Zamorra das Durcheinander, in dem immer wieder Julio Morano mit starker Hand Ordnung schaffte.
Zwischendurch machte er seine Ansagen, stand mit dem Mikrofon am Manegeneingang und kündigte die nächstfolgende Attraktion an. Der Moment, in dem Zamorra und Nicole auftreten sollten, kam immer näher.
Der Parapsychologe fühlte sich nicht nervös. Unsicherheit war das letzte, was er sich erlauben durfte. Er hatte sich inzwischen sein kleines Programm zurechtgelegt, und er war sicher, daß er mit den kleinen, einfachen Tricks das Publikum in seinen Bann ziehen würde. Vor seiner Brust baumelte das Amulett mit seiner Zauberkraft. Er würde es für die Vorstellung nicht benötigen. Es war für stärkeren Zauber gedacht. Für den Moment, wo es hart auf hart ging, wo nicht gespielt, sondern gekämpft wurde.
Denn dann reichte Zamorras eigene Kraft nicht mehr. Dann mußte er auf die Kraft einer entarteten Sonne zurückgreifen, die Merlin einst in das Amulett zwang. Zamorra hoffte, daß es trotz der bösen Vorahnungen nicht hier im Zirkus zu einer Auseinandersetzung mit magischen Kräften kam. Er wollte nicht, daß die unbeteiligten Zuschauer mit hineingezogen wurden.
Aber er spürte dennoch, daß etwas in der Luft lag. Das Unbehagen ließ ihn immer noch nicht los, trotz aller Ablenkungsversuche. Aber jedes Mal, wenn er versuchte zu erkennen, woher die Gefahr kam, stieß er ins Leere.
Sollte der große Astrano selbst dahinterstecken?
Möglich war alles. Immerhin waren die Zeichen außen an seiner Wohnwagenbemalung Symbole der Schwarzen Magie. Aber warum hatte er dann erst
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