0274 - Astrano - Herr der Geister
anfangs.
Fischer hätte es dabei bewenden lassen. Der Anwalt nicht. Er drängte darauf, daß der Experte sein Ergebnis noch einmal überprüfte. »Versuchen Sie, Herrn Sylpera selbst unter Hypnose zu befragen!«
»Nur mit seinem schriftlichen Einverständnis«, wehrte sich der Hypnotiseur.
»Das bekommen wir«, sagte der Anwalt, der seine genauen Anweisungen von Gryf hatte. »Herr Sylpera dürfte selbst daran interessiert sein zu erfah-, ren, was mit ihm los ist!«
»Bin ich hier eigentlich der Angeklagte?« schrie Antonio wütend.
»Nein, aber ein Werkzeug eines anderen, der einen Unschuldigen büßen lassen will«, sagte der Anwalt. »Wollen Sie wirklich einen Unschuldigen ins Gefängnis schicken, Herr Sylpera?«
»Ich weiß, daß ich nicht hypnotisiert wurde, ich weiß, daß ich Gryf ap Llandrysgryf beim Öffnen der Käfige gesehen habe! Reicht das nicht? Ich will, daß der Mann dafür büßt, daß Cronen sterben mußte!«
»Dann dürften Sie doch gegen eine hypnotische Befragung nicht das geringste einzuwenden haben«, beharrte der Anwalt.
Er bewegte sich hart an der Kante. Wenn Sylpera auf seinem »Nein« beharrte, konnte höchstens noch eine richterliche Verfügung helfen. Aber bis die kam und ob sie überhaupt erlassen wurde… Das konnte dauern.
Plötzlich stimmte Sylpera zu!
»Damit ich endlich hier fertig werde! Ist das die deutsche Justiz, daß der Kläger fertiggemacht wird wie ein Verbrecher?«
Fischer preßte die Lippen zusammen. Es gefiel ihm überhaupt nicht, wie die Angelegenheit sich entwickelte. Dabei sah anfangs alles so einfach aus. Man hatte den Toten, und man hatte den Mann, der die Raubtiere freiließ. Daß er selbst einen Tiger mit bloßen Händen niedergezwungen hatte, spielte kaum eine Rolle, weil er ja selbst angegriffen wurde. So etwas kam vor, daß der Täter selbst um ein Haar zum Opfer wurde.
Der Hypnose-Arzt ging wieder ans Werk, ziemlich unwillig, weil er eigentlich längst Feierabend haben wollte. Fischer wollte auch Feierabend haben, bloß dauerte das noch. Da kam die Überraschung.
»Der ist ja doch… Oder…?«
Der Experte wurde unsicher. Er rannte mit seinen Hypnose-Künsten gegen eine Barriere an, die er nicht durchbrechen konnte, bloß konnte er nicht sagen, wie und von wem diese Barriere errichtet worden war.
Er verlangte, daß ein Kollege hinzugezogen wurde.
»Das dauert doch Stunden oder Tage, bis ein anderer Mann von Ihrem Kaliber kommt!« knurrte Fischer. Eine seltsame Spannung packte den Inspektor. Hatte dieser Engländer etwa recht?
Der Hypnotiseur ging das Problem erneut an. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweißperlen, während er versuchte, die Blockade zu durchbrechen. Sie war nichts Natürliches, sondern von einer fremden Kraft in Antonio gepflanzt worden.
Davon, daß es echte Magie gab, hatte der Experte in seinen Parapsychologie-Vorlesungen nie gehört, weil Magie ihn nicht interessierte. Er war Wissenschaftler und kein Hokus-Pokus-Gaukler.
Dachte er.
Brach da nicht die Sperre?
Sah er nicht plötzlich ein Gesicht mit rotstrahlenden Augen? Im nächsten Moment war alles schon wieder vorüber.
Im nächsten Moment kam der Zusammenbruch!
Antonio Sylpera verlor das Bewußtsein! Er glitt übergangslos aus der Hypnose in tiefste Bewußtlosigkeit. Sein Herz wollte nicht mehr schlagen. Es wehrte sich dagegen, seinen Dienst weiterzuverrichten !
Inspektor Fischer alarmierte den Notarzt. Knapp fünf Minuten später wurde Antonio künstlich beatmet und in den Rettungswagen gebracht. Dort wollte man seinem Herzen mit Elektro-Schocks wieder auf die Sprünge helfen.
Das klappte, aber die Bewußtlosigkeit blieb. Antonio wurde ins Krankenhaus gebracht.
Fassungslos sah Fischer den Hypnotiseur an. »Mann, was haben Sie mit Sylpera gemacht? Sie haben ihn ja fast umgebracht!«
Erschöpft sank der Experte in einen Sessel. Er konnte nichts anderes tun, als immer wieder den Kopf zu schütteln.
»Nein«, ächzte er. »Nicht ich… Als sein Zusammenbruch kam, hatte ich ihn doch gar nicht mehr unter meiner Kontrolle…«
»Was soll das heißen?« fuhr der Anwalt ihn an.
»Daß das Fremde, das in ihm war, ihn mir förmlich entrissen hat und ihn… Nein, das ist zu fantastisch!«
»Ihn töten wollte?« schrie der Anwalt, der plötzlich seine Ruhe verlor.
Fischer riß beide Augen weit auf.
Gryfs Worte dröhnten in seiner Erinnerung: »Die größere Gefahr für dich dürfte von deinem Auftraggeber kommen - in dem Moment, wo du nicht mehr benötigt wirst! -
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