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0274 - Astrano - Herr der Geister

0274 - Astrano - Herr der Geister

Titel: 0274 - Astrano - Herr der Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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während er sich nach Astrano umsah, begriff er gar nicht, was er da gerade gesagt hatte…
    ***
    Sorrya und Rogier Pascal hatten ihren Auftritt.
    In ihren engen Trikots und mit wehenden Showmänteln stürmten sie in das Manegenrund, nahmen den Vorapplaus entgegen und turnten dann zu den Seilen hinauf.
    Ihre Arbeit begann.
    Sorrya Pascal war völlig ruhig.
    Sie hatte die Erinnerung an den Alptraum vom Todessturz verdrängt. Träume sind Schäume! sagte sie sich. Wenn jeder Traum in Erfüllung ginge, dann wäre die Welt ein rotierendes Chaos. Sie beruhigte sich damit, daß sie nervlich überreizt war und der Traum möglicherweise ein übersteigerter Vorgriff auf die neue Nummer war, die Rogier plante, etwas komplizierter, gefährlicher und für die Zuschauer atemberaubender als ihr bisheriger Auftritt. Schließlich mußte man sich immer weiter steigern, bis hin zur Grenze des Machbaren.
    »Und wenn ich heute nicht auftrete, steige ich nie wieder auf das Seil«, sagte sie sich.
    Sie durfte sich selbst gegenüber nicht weich werden. Rogier hatte vollkommen recht. Wenn sie umfiel, war alles aus. Sie mußte dranbleiben, so oder so.
    Sie drängte den Traum weit in ihr Unterbewußtsein zurück und schottete ihn ab.
    Unter ihr war die Manege. Dort spannte sich jetzt wieder das Netz und gab ihr zusätzlich Sicherheit. Noch vor ein paar Tagen hatte sie energisch gefordert, auf das Netz zu verzichten. Aber Rogier hatte sich geweigert. »Das Risiko ist so schon hoch genug«, behauptete er. »Wenn du falsch aufkommst, kannst du dir auch im Netz die Knochen brechen.«
    Jetzt war sie über das Netz froh.
    Und da unten waren die Menschen, die Zuschauer. Plötzlich überkam sie wieder das Hochgefühl, das sie immer empfand, wenn sie dicht unter der Kuppel arbeitete. Der Rausch des Fliegens, der Höhenrausch. Frei sein wie ein Vogel, nur gehalten von Seil oder Trapez. Die Macht über die Schwerkraft. Wenn jeder Griff saß, beherrschte sie die ganze Welt. Da unten war die Zuschauermenge, die ihr applaudierte, die mit ihr fieberte und um sie bangte. Sie war der Star.
    Sie - und Rogier.
    Rogier auf dem Seil, und sie am Trapez, das hin und her schwang. Sie lächelte. Alles war wieder in Ordnung. Sie arbeiteten zusammen wie immer. Es gab keine Schwierigkeiten. Hatte sie es jemals gegeben?
    Sie vertraute ihrem Bruder, wie er ihr vertraute. Sicher faßte jeder Griff in schwindelnder Höhe.
    Sie pendelte hin und her. Unten klatschten die Zuschauer, oder sie schwiegen in atemloser Spannung.
    Da waren die weißen Gestalten wieder und glitten schemenhaft durch die Luft unter der Zirkuskuppel. Sie brauchten weder Trapez noch Seil. Sie brauchten auch keine Flügel. Sie schwebten einfach!
    Wo war Rogier? Sie konnte ihn nicht mehr sehen!
    An seiner Stelle waren die schemenhaften Weißen da, schwangen sich hin und her. Sorrya wollte schreien, aber es gelang ihr nicht. Sie blieb stumm. Sie wußte, daß sie nicht mehr abstoppen konnte, jetzt nicht mehr. Da flogen die Geister heran, ihr entgegen, und sie mußte sich vom Trapez lösen…
    Mußte springen, sich vorwärts schnellen…
    Aber Rogier, der sie auffangen mußte -wo war Rogier?
    Kaltes Entsetzen packte sie.
    Sie sprang.
    Und im Sprung, im Flug, traf sie der fürchterliche Stoß. Die Geister waren stark.
    Und Sorrya Pascal stürzte wie ein Stein in die Tiefe.
    Sie schrie nicht.
    Es war ja nur ein Traum.
    ***
    »Der Traum!« schrie Rogier Pascal auf. Er konnte sich gerade noch festhalten, sonst wäre er ebenfalls in die Tiefe gestürzt.
    Der Traum, hämmerte es immer wieder in ihm. Sorryas Traum! Er hatte sich erfüllt! Der Traum vom Todessturz…
    Sie hatte das Netz verfehlt…
    Das nackte Entsetzen ließ den Artisten zittern. Er wußte, daß er hier nicht mehr herunterkam - nicht mehr auf normalem Weg. Die Kraft verließ ihn. Er konnte sich nicht mehr lange halten.
    Er bewegte sich nicht.
    Er starrte blicklos in die Tiefe und konnte Sorrya nicht sehen, die neben dem Netz zerschmettert liegen mußte. Tot.
    Tot. Aus und vorbei.
    Wir hätten nicht auftreten dürfen, hämmerte es in ihm. Sie war doch noch zu unsicher. Sie hat an ihren verdammten Alptraum geglaubt, und deshalb ist sie an mir vorbeigesprungen!
    Warum? Um Zentimeter meine Hand verfehlt Er zitterte heftiger. Immer wieder sah er nach unten, suchte seine Schwester und konnte sie nicht- sehen! Warum nicht? Und warum blieb das Publikum ruhig? Warum schrie es nicht, warum sprangen die Menschen nicht entsetzt von ihren Sitzen auf?
    Ich werde

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