0274 - Nachts jagen ihn die Rauschgift-Haie
denn du bist kein US-Bürger.«
Der Mann war vielleicht vierzig Jahre alt, aber er war nur noch ein Bündel von Angst. Zitternd wimmerte er um Gnade. Jim fuhr ihn scharf an.
»Halt den Mund!«
Chris fuhr zusammen, preßte die Lippen aufeinander und sah Cumberland angstschlotternd an. Jim hielt ihm eine Zigarette hin. Er gab ihm sogar Feuer. Horcombe verfolgte alles in mißtrauischer Aufmerksamkeit.
»Ich will dir eine letzte Chance geben, Chris«, murmelte Jim Cumberland. »Es hängt von deinem Grips ab. Hattest du mir nicht heute abend erzählt, du wärst kurz vor elf vor Rubs Kneipe gewesen? Hast du mir das nicht erzählt, als ich heute abend in deiner Zelle war?«
Ich hätte meinen Kopf gegen einen ausgespuckten Kaugummi gewettet, daß Cumberland an diesem Tage den Mann noch nicht einmal gesehen, geschweige denn in seiner Zelle aufgesucht hatte. Chris sog gierig an der Zigarette und ließ seinen Blick wandern. Offenbar wußte er noch nicht, worauf das ganze Spiel hinauslaufen sollte. Vorsichtig erwiderte er, mit ängstlich forschendem Blick zu Cumberland, ob seine Antwort wohl die gewünschte sei: »Ja, ich glaube, darüber haben wir gesprochen.«
»Sagtest du mir nicht«, fuhr Jim eiskalt fort, »du hättest gesehen, wie ein Mann aus dem Lokal herausgekommen sei und aus einem vorbeifahrenden Wagen mit einer Salve aus einer Tommy-Gun erschossen worden sei?«
Chris, den weder Phil noch ich je vorher gesehen hatten, merkte, daß er auf der richtigen Linie war. Er nickte sofort und sagte eifrig:
»Ja, Sir, das habe ich gesagt. Und das stimmt auch! Das kann ich beschwören!«
»Und hast du nicht, auch gesagt, du würdest den Mann wiedererkennen, der geschossen hat? Hast du das gesagt oder nicht?«
»Eh — ja, das habe ich gesagt.«
Für den Bruchteil einer Sekunde war die Andeutung eines zufriedenen Lächelns in Cumberlands Gesicht. Chris atmete sofort erleichtert auf. Die Abwehr mußte diesen Mann völlig in der Hand haben.
»Und es stimmt doch, was du gesagt hast?« forschte Jim.
»Natürlich, Sir! Es war die reine Wahrheit! Nichts als die Wahrheit.«
- »So ist es recht, Chris«, lobte Jim kühl. »Immer hübsch die Wahrheit sagen. Nun würde mich interessieren, ob der Mann, der mit einer Maschinenpistole geschossen hat, vielleicht hier in diesem Raume ist?«
Horcombe hatte die Stirn gerunzelt und schien nicht mehr ganz folgen zu können. Er sah mißtrauisch zu Chris. Das war sein Fehler. Chris starrte nämlich seinerseits auf den Major, und Cumberland schoß einen sehr kurzen, aber deutlichen Blick auf Horcombe ab, um gleich darauf wieder Chris fragend anzusehen.
Es klappte, als ob sie das Spiel geilbt hätten. Chris tat, als ob er jeden von uns einzeln prüfte, dann zeigte er mit der Zigarette auf Horcombe:
»Der da ist es. Der hat mit einer Maschienpistole auf den Mann vor Rubs Kneipe geschossen.«
»Danke«, sagte Jim Cumberland schneidend. »Abführen, Sergeant! Wir sprechen uns noch, Chris! Horcombe, Sie sind vor unbefangenen Zeugen als der Mörder von Leutnant Molnar identifiziert worden! Damit bringe ich Sie auf den Elektrischen Stuhl!«
***
Jim gab uns mit dem Kopfe ein stummes Zeichen. Wir gingen hinaus in den Flur.
»Das war so ziemlich alles, was ich für euch tun konnte«, gab Jim Cumberland zu. »Horcombe sitzt jetzt in der größten Patsche seines Lebens. Darin lassen wir ihn schmoren bis heute früh.«
»Sie wollen das Verhör jetzt abbrechen?« erkundigte sich Phil verwundert.
Cumberland nickte abgespannt, »Ja. Aber nicht nur, weil ich müde bin. Auch, weil es so das beste ist. Horcombe muß jetzt ein paar Stunden in seiner Angst schmoren. Morgen — also heute früh, es ist ja längst nach Mitternacht — kommt ihr und wollt euch noch einmal mit ihm unterhalten. Ihr laßt durchblicken, daß ihr Zweifel an seiner Schuld habt. Dann wird er euch für den Strohhalm in der Not des Ertrinkenden ansehen. Ich bin fest überzeugt, daß er euch gegenüber rücksichtslos auspacken wird, was er weiß.«
»Jetzt durchschaue ich Ihre Taktik, Jim«, murmelte ich. »Horcombe war es natürlich nicht. Er hat Duff Molnar nicht erschießen lassen. Aber auf diese Weise hoffen Sie, dem wirklichen Mörder auf die Spur zu kommen. Sie glauben, daß Horcombe viel weiß, und daß er sein Wissen jetzt auspacken wird, weil es aussieht, als müßte er seinen Kopf dafür hinhalten. Gut. Es kann sein, daß diese Taktik zum Erfolge führt. Aber, Jim, unter uns: Halten Sie diese Taktik für fair?«
Jim
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