0274 - Nadine Bergers Geheimnis
»Klar, Alter, wenn du deinen Stab nimmst, packst du die Sache schon.«
»Verflucht, daran habe ich gar nicht gedacht.«
»Dann mal los!« forderte ich ihn auf. »Man wird ja bekanntlich aus Schaden klug.«
Suko schleuderte seine Beretta von der rechten Hand in die linke und zog, kaum daß die rechte Hand leer war, seinen magischen Stab aus der Tasche.
Der Werwolf schaute nur. Er ließ dabei seine Arme fallen, öffnete die Schnauze, als Suko bereits das Wort aller Worte rief.
»Topar!«
Schon erstarrte alles. Der Werwolf rührte sich nicht, und auch ich war in meiner Haltung eingefroren. Bewegen konnte sich allein der Träger des Stabs.
Fünf Sekunden blieben dem Chinesen. Er mußte verdammt schnell sein, wenn ihm etwas gelingen wollte. Suko holte die Fesseln hervor, fiel auf die Knie und hoffte, daß die beiden Ringe auch um die Knöchel der Bestie paßten.
Es klappte!
Kaum war der letzte Verschluß eingerastet, als Suko sich wieder zurückwarf. Das war auch nötig gewesen, denn noch im gleichen Moment konnte sich Bandor wieder bewegen.
Er wollte vor.
Es war ein Schrittchen, mehr nicht. Aber er hatte Schwung hinter seine Aktion gelegt, und diesen Schwung konnte er nicht mehr bremsen.
Zudem hielten ihn die Fesseln an den Knöcheln. Es kam, wie es kommen mußte. Die Bestie stürzte schwer zu Boden.
Einiges zitterte, als Bandor fiel. Sogar das kostbare Geschirr im Glasschrank bewegte sich und tickte ein paarmal gegen die Scheiben.
Zum Glück hielt beides.
Ich war ebenfalls aus meiner Trance erwacht. An, der Wand stützte ich mich ab und zog mich in die Höhe, wobei ich zuschaute, wie Bandor einen Tobsuchtsanfall erlitt.
Er wälzte sich auf dem Boden. Spie Gift, Galle und Geifer. Aus seinem Maul drangen so unartikulierte Laute, wie ich sie noch nie im Leben gehört hatte. Suko mußte während des Anfalls zur Seite gehen, um von dem sich überrollenden Körper nicht getroffen zu werden.
Bandor war wirklich in seinem Element und nicht mehr zu halten. Er versuchte auch, auf die Füße zu kommen, was ihm nicht gelang. Die Fesseln an seinen Füßen sperrten zu stark.
Eine Händelänge kam er hoch, dann krachte er wieder zu Boden und blieb diesmal auf dem Bauch liegen, wobei er aussah, als würde er seine Reißzähne in den Teppich schlagen.
Die Geräusche waren so laut gewesen, daß auch die beiden Frauen sie gehört hatten. Shao und Sheila drückten die Tür auf und blieben wie angewurzelt auf der Schwelle stehen.
»John!« Schluchzend drang das eine Wort aus Sheilas Kehle. »Ist das…ist das Bandor?«
Ich nickte mit verzogenem Gesicht, denn ich litt noch unter den Nachwirkungen des Treffers.
»Und jetzt?«
»Keine Ahnung.«
»Aber was geschieht mit Bill?« Sheila rief es laut, und der Name ihres Mannes schwang durch den Raum als ein zitterndes Echo, doch von uns konnte sie keine Antwort bekommen.
Wir wußten es selbst nicht.
Uns war nur eines klar.
Die Chancen sanken immer mehr.
***
Es war nicht nur ein Schrei, der aus der Kehle des Professors drang, sondern unmenschliche Laute, die sich anhörten wie das verzweifelte Jaulen eines Raubtieres, Bill Conolly bis in die Tiefen seiner Seele erschreckten und auch Lupina aufmerksam werden ließen.
Der Reporter wußte nicht, ob die Werwölfin bisher überhaupt etwas von ihnen bemerkt hatte. Jetzt war es der Fall.
Sie sprang nicht in den Raum, sondern huschte zurück. Genau in dem Augenblick, als Bill Conolly seinen rechten Zeigefinger um den Abzug krümmte.
Er sah noch das fahle Mündungsfeuer, das die nähere Umgebung für den Bruchteil einer Sekunde erhellte, und sie hörten den peitschenden Klang. Vom Einschlag des geweihten Silbergeschosses sah er ebenfalls nichts, und er glaubte fest daran. Lupina nicht getroffen zu haben.
Eine zweite Kugel wollte Bill Conolly nicht riskieren. Er hätte zwar die Wand der Hütte durchschießen können, aber von Lupina sah er keine Spur mehr.
Die Werwölfin war untergetaucht.
Bill geriet in eine Streßsituation. Nicht nur Lupina war wichtig für ihn, auch der Professor. Um ihn wollte sich der Reporter ebenfalls kümmern, er huschte zu ihm hin.
Chandler lag auf dem Boden. Beide Hände hielt er gegen den Magen gepreßt. Sein Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt. Die Angst leuchtete aus seinen Augen, vor seinen Lippen sprühte der Speichel, so daß Bill Furcht vor ihm bekam.
Er faßte den Mann mit beiden Händen an den Schulterseiten und schüttelte ihn durch. »Professor, was ist geschehen, verdammt? Reden
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