0274 - Nadine Bergers Geheimnis
den Mund auf und schnappte nach Luft, dabei konnte ich überhaupt nicht richtig durchatmen, denn ich hatte das Gefühl, als befände sich in Höhe des Brustkastens eine Sperre.
Mir wurde verdammt mulmig. Ich schnappte nach Luft. Es wollte keine mehr in meine Lungen dringen, und mir wurde allmählich grau vor Augen. Dieser Tritt und der Aufprall hatten mich fertiggemacht und so unvorbereitet getroffen, daß ich nicht mehr dazu gekommen war, meine Bauchmuskeln anzuspannen.
Jetzt mußte ich die Folgen tragen.
Die waren schlimm. Ich konnte mich nicht einmal auf den Beinen halten.
In den Knien bekam ich das weiche Gefühl, dann sank ich langsam nach unten, fiel auf den Boden und krümmte mich dort. Um Bandar konnte ich mich nicht mehr kümmern.
Das mußte Suko machen.
Auch der Chinese hatte mit dieser Reaktion unseres Schützlings nicht gerechnet. Er besaß trotzdem noch einen großen Vorteil, denn Bandors Hände waren inzwischen gefesselt.
Trotzdem setzte er auch sie ein.
Zur linken Seite drosch er sie, denn dort stand der Chinese, und auch er nahm den Hieb.
Allerdings war es ihm gelungen, seinen Kopf noch ein wenig zur Seite zu drehen, deshalb streifte ihn der Treffer nur am Hals. Aber Suko mußte zurück.
Diese Chance nutzte Bandor. Plötzlich war von seiner Mattheit und auch von der schweren Verletzung nichts mehr zu spüren. Er jagte von der Couch hoch, torkelte zur Seite, riß die gefesselten Arme in die Höhe und stieß einen markerschütternden Urschrei aus.
Sein Gesicht verzerrte sich dabei so sehr, daß fast nur noch sein weit aufgerissener Mund zu sehen war. Den Kopf hatte er in den Nacken gelegt, und der Schrei stoppte nicht, er nahm nur eine andere Tonlage an. Aus dem schrillen Ruf wurde ein hohes, schauriges Heulen, so wie es auch von Tieren ausgestoßen wurde.
Von Wölfen…
Suko hörte das Heulen, auch ich vernahm es dumpf, während ich leider nichts unternehmen konnte und nach wie vor kampfunfähig am Boden lag. Aber Suko wollte etwas tun.
Er zog diesmal die Beretta!
Im gleichen Augenblick wurde die Tür aufgestoßen. Die beiden Frauen standen auf der Schwelle. Ängstlich schauten sie in den Wohnraum, sahen Bandor, bis Suko sie anfauchte.
»Verschwindet!«
Erschreckt zogen sich Sheila und Shao zurück.
Suko hatte sekundenlang nicht auf Bandor achten können. Als er seinen Blick wieder auf ihn richtete, sah er, wie sich der Ur-Mensch verwandelte.
Aus jedem Flecken seines dunklen Körper sprossen tiefbraune bis schwarze Haare hervor. Dies ging so schnell, daß sich innerhalb einer kurzen Zeitspanne ein Fell bildete.
Luparos Biß trug Früchte. Er hatte letztendlich Bandors Widerstandskraft gebrochen, und auch dessen Kopf wurde nicht verschont, denn im Gesicht wuchs ebenfalls das dichte Fell zu einem regelrechten Pelz, der wie eine Schicht auf seiner Haut lag.
Gleichzeitig veränderte sich auch der Kopf. Er bekam andere Maße. Aus dem Mund wurde eine vorspringende Schnauze, die Stirn bekam mehr Breite, die Augenbrauen wurden ebenso dicht wie das Fell, und auch die normalen Hände waren nicht mehr vorhanden.
Bandor besaß jetzt gefährliche Krallen!
Für einen Moment stand er still. Wie abgeschnitten brach auch das Heulen ab. Er hatte sich jetzt vollständig in eine blutgierige Werwolf-Bestie verwandelt, verharrte auf dem Fleck und starrte Suko, seinen Widersacher, ins Gesicht.
Dann schüttelte er sich, als hätte jemand kaltes Wasser über ihn ausgegossen. Das Beben lief durch seine Gestalt, und einen Moment später versuchte er, seine Kräfte voll einzusetzen.
Er wollte die Fessel sprengen! Sie trotzte aber selbst den Kräften eines Werwolfs, der verzweifelt bemüht war, die Fessel auseinanderzureißen.
Vergeblich.
Auch ich sah ihn. Mittlerweile ging es mir wieder etwas besser, und ich hatte mich hinknien können. Mit der rechten Hand stützte ich mich dabei auf, während ich die linke gegen meinen Magen gepreßt hielt, um das würgende Gefühl ein wenig zurückzuhalten.
Die Bemühungen des Werwolfes fruchteten nichts. Er bekam die Fesseln nicht auseinander, und abermals drang ein unheimlich klingendes Geräusch aus seinem Mund.
Diesmal war es kein Heulen, sondern ein Geräusch bitterer Wut, das er uns entgegenbrüllte. Ich sah, wie Suko die Beretta anhob. »Nein, Suko, nicht!« krächzte ich. »Erschieß ihn nicht. Vielleicht kann er uns trotzdem auf die Spur bringen.«
»Er wird uns angreifen.«
»Fessele ihm die Füße.«
»Läßt er das zu?«
Ich verzog das Gesicht.
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