0274 - Nadine Bergers Geheimnis
gefüllten Regale an den Wänden, das dazu passende Bett, die Holzkisten mit den Bausteinen auf der Erde und auch mit Autos vollgestopften Waschmitteltonnen.
Völlig normal.
Die anderen hatten ebenfalls die Schwelle übertreten, blieben stehen, schauten sich um und wunderten sich.
»Jetzt ist die Stimme nicht mehr da«, flüsterte Johnny.
Seine Mutter frage: »Hast du dich wirklich nicht geirrt, mein Kleiner?«
»Nein, Mummy, ich…«
»Seid mal ruhig!« zischte Suko, und Johnny verschluckte sich fast, weil er nicht mehr weitersprach.
Da wir alle schwiegen und es sehr still war, konnten wir die Stimme besonders deutlich hören.
Sie gehörte tatsächlich einer Frau. Und wir alle kannten sie.
Nadine Berger!
***
Bill Conolly stand vor dem geheimnisvollen Schacht, schaute in die Tiefe, sah das schreckliche Gesicht und wußte nicht, was er machen sollte.
Fenris der Götterwolf!
Zum erstenmal überhaupt begegnete er ihm persönlich. Bisher hatte er nur von seinem Freund John Sinclair davon erfahren, daß es ihn überhaupt gibt, aber John hatte diesen Ur-Wolf so exakt beschrieben, daß es für Bill keine andere Möglichkeit gab.
Das Gesicht mußte zu Fenris gehören!
Noch bevor die Menschen waren, da waren die Wölfe! Daran mußte Bill wieder denken, als er das häßliche entstellte Gesicht sah und sich vor Grauen schüttelte. Obwohl der Schacht eng und an seinen Rändern begrenzt war, erkannte Bill das sehr breite Gesicht in all seiner Scheußlichkeit. Er schüttelte sich, als er in die lodernden Augen schaute, die häßliche Schnauze sah und das gebleckte, gefährliche Gebiß.
Von ihm also stammten sie ab.
Und nicht zum erstenmal hatte Fenris in das Geschehen mit eingegriffen.
Auf seine Initiative ging es zurück, daß Nadine Bergers Seele nach ihrem Tod in den Körper eines Wolfs gefahren war. Fenris hatte Rache nehmen wollen, aber sie war nicht ganz gelungen, denn Nadine stand nach wie vor auf der Seite der Menschen, auch wenn sie ein Tier war.
Aber stand sie das jetzt auch noch?
Bill zweifelte, denn er brauchte nur an ihre letzten Reaktionen zu denken, um nicht mehr so überrascht zu sein wie früher. Nein, da hatte sich etwas verändert.
»Was sehen Sie?« hörte er hinter sich die zitternde Stimme des Professors.
»Nichts!«
Das war nicht gelogen, denn plötzlich konnte Bill das Gesicht des Fenris nicht mehr erkennen. Es war hinabgetaucht in eine unergründliche Schwärze und Düsternis.
Allerdings glaubte er, an seinem Gesicht etwas Kaltes zu spüren, als hätte ein Hauch ihn gestreift. Bill achtete nicht darauf, bis er den Professor stöhnen hörte und auch die folgenden Worte vernahm.
»Verdammt, ich werde noch verrückt. Ich drehe durch. Mr. Conolly, schauen Sie!«
Erst jetzt drehte sich der Reporter um. Er tat es noch ein wenig schwerfällig, wurde aber schneller in der Bewegung, als er schräg vor sich etwas in der Luft sah, das sich um so deutlicher hervorkristallisierte, je mehr Bill herumschwang.
Über dem Boden schwebte die Gestalt einer Frau!
Und es war keine geringere als Nadine Berger!
***
Bill hätte lachen und weinen können. Beides wäre passend für seinen Zustand gewesen, aber er tat nichts dergleichen, sondern stand mit offenem Mund da und staunte.
Was er sah, schien einem 3-D-Film entsprungen zu sein, aber Bill wußte genau, daß er sich nicht täuschte. Es war kein Trugbild, er erlebte auch keinen Film, sondern befand sich in der Wirklichkeit, wenn auch eine Million Jahre zurück.
Vor ihm schwebte Nadine Berger. Oder war es ihr Geist?
Bill glaubte an das letztere. Obwohl Nadine so aussah, wie er sie zu Lebzeiten gekannt hatte, wirkte ihre Haut doch sehr blaß, auch ein wenig durchscheinend. Vergleichbar etwa mit der eines Gespenstes, das hin und wieder einsamen Schloßbesuchern begegnet und sie erschrickt.
Alles andere aber stimmte an ihr. Da waren die rötlich schimmernden Haare, die wie eine große Fahne ihren Kopf umwehten. Sie trug ein weißes langes Kleid, und Bill glaubte, ihr letztes Kleidungsstück, das Leichenhemd, zu sehen.
Die Arme hatte Nadine ausgebreitet, als wäre sie bereit, den Reporter zu umfangen.
»Nadine…« Der Name rutsche ihm über die Lippen, ohne daß er es eigentlich wollte.
Bill erntete ein Lächeln. Angesprochen wurde er von der Erscheinung nicht, und so stand er unbeweglich und starrte auf die vor ihm schwebende Frau.
Bill dachte daran, daß auch John Sinclair bereits einmal ihren Geisterkörper gesehen hatte. In der Türkei,
Weitere Kostenlose Bücher