0275 - Das Erbe des Satans
Das erscheint mir so ungeheuerlich, daß ich es nicht glauben kann.«
»Ob ungeheuerlich oder nicht. Wir müssen damit rechnen. Und es wird höchste Zeit, daß wir uns entsprechend umtun.«
***
Nicht umsonst ist das FBI die Polizeiorganisation, die über die modernsten Einrichtungen und über die besten und weitreichendsten Beziehungen verfügt.
Das Zauberwort »Federal Bureau of Investigations« öffnet überall Tor und Tür.
Festzustellen, wieviel reiche Witwen es in St. Louis gab, und welche von ihnen im Laufe des letzten halben Jahres wieder geheiratet hatten, war für uns eine Kleinigkeit.
Die Stadtpolizei und andere Behörden wurden zusätzlich eingeschaltet.
Am frühen Nachmittag lag das Ergebnis vor.
Es war alamierend.
Anfang Oktober, also vor etwa sechs Wochen, hatte die Witwe des ehemals erfolgreichsten Grundstückmaklers von St. Louis und weiterer Umgebung zum zweiten Male geheiratet.
Die Dame namens Joyce Carpenter hatte einen unbekannten Mann geehelicht, der etwa ein Jahrzehnt jünger war als sie.
Der Mann hieß Jesse Lane.
Über ihn war nichts bekannt.
»Ich möchte nur mal wissen, wie diese Gigolos die Bekanntschaft so gutsituierter Frauen machen können. Ich verstehe das einfach nicht«, meinte unser Kollege Holms und legte achselzuckend den Bogen weg, auf dem die Angaben über Joyce Lane und ihren Ehemann Jesse notiert waren.
»Das ist doch eine Kleinigkeit heutzutage«, erwiderte Phil. »Das Leben bietet eine Fülle von Möglichkeiten dieser Art, die ein gewiefter Bursche ohne Schwierigkeiten ausnutzen kann.«
»Und nun?«
»Als erstes werden wir ganz unauffällig feststellen, wer dieser Jesse Lane ist, woher er kommt, was er vorher getrieben hat etc. — Wie lange werden Ihre Leute dazu brauchen?«
»Nicht länger als bis morgen mittag. Wir brauchen ein Foto von Lane und seine Fingerabdrücke.«
»Ja. Es genügt, um festzustellen, ob Lane registriert ist.«
»Also dann…« sagte Holms und griff zum Telefonhörer.
***
Der FBI-Agent Rex Highsmith ging einfach aber wirkungsvoll vor. Er postierte sich mit zwei anderen Kollegen vor dem Hause Lane und wartete, bis sich der Hausherr im Park blicken ließ, der die Villa umgab.
Unbeobachtet, aus einem als Lieferwagen getarnten Fahrzeug heraus, schoß Highsmith dann eine Bildserie von Jesse Lane.
Mit einer Spezialkamera — versteht sieh. Mit einer Kamera, deren Teleobjektiv ausgereicht hätte, um Einzelheiten der Mondkrater zu fotografieren.
Die Bilder von Jesse Lane wurden gestochen scharf.
Erheblich schwieriger war die Beschaffung von Fingerabdrücken.
Aber auch das war möglich.
Als Jesse Lane am frühen Abend des selben Tages in einem schnittigen Pontiac durch die Straßen kurvte, folgte ihm ein FBI-Wagen.
Lane hielt vor einer Cafeteria.
Er stieg aus und betrat das Lokal. Rex Highsmith war ihm auf den Fersen. Lane nahm an einem Fenstertisch Platz und bestellte Whisky und Kaffee.
Nach etwa zehn Minuten stand er auf und ging zu einer Telefonzelle.
Er führte ein längeres Gespräch. Dann kam er zurück an seinen Tisch, trank den Kaffee, kippte den Whisky hinterher, zahlte und verließ das Lokal, ohne sich weiter aufzuhalten.
Als Lane gegangen war, wechselte Highsmith seinen Platz. Er setzte sich an den Tisch, auf dem die Tasse und das Glas standen, aus denen Lane getrunken hatte.
Highsmith gab sich dem Wirt der Cafeteria zu erkennen und bekam von ihm anstandslos — gegen Quittung — Tasse und Glas mit Lanes Fingerabdrücken ausgehändigt.
***
Unsere Kollegen hatten nur knapp die Hälfte der vorgesehenen Zeit benötigt, um L,anes Fingerabdrücke sicherzustellen und ein Bild von ihm herbeizuschaffen.
Wir saßen in Holms’ Büro. Es war gegen 10 Uhr.
Vor uns lagen fünf Fotos und eine Karte, auf der Lanes Fingerabdrücke reproduziert waren. Zum Glück hatte es dabei keinerlei Schwierigkeiten gegeben.
Zwei Sorten Fingerabdrücke hatten sich auf der Tasse und dem Glas feststellen ' lassen. Die einen waren eindeutig weiblicher Natur — wie unsere Spezialisten auf Anhieb bestätigten — und konnten nur der Kellnerin gehören. Die Prints, die übrigblieben, waren von Lanes Fingern.
Ich nahm eines der Fotos.
Es zeigte einen schönen blondhaarigen Mann, dessen Augenfarbe blau oder grün sein mußte. Das Gesicht war markant. Um den dünnlippigen, fast blutleeren Mund lag ein brutaler Zug.
Die Schädelknochen des Mannes waren stark ausgebildet. Unter der Nase, deren Rücken so schmal wie eine Messerklinge war, sproß ein
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