0275 - Der Fluch des Ägyptergrabs
Zauberers oder ein heftiges Geräusch die Schlangen zum Angriff reizen konnte. Wie ein in Stein gehauenes Bildwerk stand der Mann namens Amun-Re vor dem schleichenden Tod.
»Tötet den Frevler, ihr Söhne Seths! Tötet ihn – jetzt! « Das letzte Wort dieses Satzes schrien die Priester des Schlangengottes mit heller Stimme. Durch die gespannten Schlangenleiber ging ein elektrisierter Ruck.
Zwölf Schlangenleiber schnellten sich nach vorne und … erstarrten. Ein Wort des Amun-Re hatte sie zur Bewegungsunfähigkeit gebracht. Die Schlangen schienen wie aus Marmor gehauen.
Gemurmel ging in den Reihen der Würdenträger von Ägypten um. Gebannt beobachteten alle den Zauberer, der gelassen über die Schlangenschädel strich, um zu beweisen, daß die Tiere in ihrem jetzigen Zustand unschädlich waren.
»Euer Gott erscheint mir nicht besonders mächtig!« sagte er dann mit bösem Lachen. »Ha, es ist nicht mehr der gleiche Seth, den man in den Schlangentempeln von Stygia verehrte, als Conan von Aquilonia den Zauberer Thot-Amon endgültig vernichtete. Damals war Seth, die alte Schlange, noch sehr mächtig und ringelte sich durch die Gassen von Khemi, um ihre Opfer zu suchen. Doch heute ist er der Abglanz eines schwachen Götzen, und seine Diener sind Narren … Unfähige Narren. Denn nur Narren können es wagen, gegen die Zauberkraft des alten Atlantis zu kämpfen. Sterbt, wie Narren sterben! «
Die Priester wurden bleich. Ihre Gesichter verzerrte die nackte Angst vor dem Gegenschlag des Amun-Re. Langsam wichen die Schlangenpriester zurück.
In die Miene des Pharao kam ein grausames Leuchten. Er erkannte, daß sich die Seth-Priester zur Flucht wenden wollten. Bedeutungsvoll winkte er mit der Hand. Die hethitische Wache verstand den grausamen Befehl des Pharao. Mit gefällten Speeren bildeten sie eine Reihe vor dem Ausgang der Audienzhalle. Metallische Geräusche ließen die Priester ahnen, daß die kretische Garde Pfeile auf die Sehnen legte. Sie wußten, daß jeder Fluchtversuch verhindert wurde. Denn die Pfeile der Kreter verfehlten nie ihr Ziel, und für die Hethiter galt das Leben eines Menschen nichts.
Die Priester sahen ein, daß es keine Chance gab zu entkommen. Den Pharao um Gnade anzuflehen, war sinnlos. Ramses war gereizt, daß ihm Zamorra und seine Freunde entkommen waren und daß Metufer, sein Freund und oberster Heerführer, im Kampf gegen Zamorra den Tod gefunden hatte. Vom Wirken eines Dämons in Metufers Körper hatte der Pharao selbstverständlich keine Ahnung.
Doch da er Zamorra nicht sterben sehen konnte, wollte er das Ende anderer Menschen sehen. Hinzu kam, daß ihm die Schlangenpriester nie besonders sympathisch waren. Nefritiri, seine Frau und Pharaonin, blickte teilnahmslos auf die Szenerie.
»Begnadige sie, mein Herrscher!« hörte Ramses neben sich Amasis flüstern. Als Hofastrologe war Amasis der einzige Ratgeber, dem Ramses völlig vertraute, seitdem er davon hören mußte, daß Prinz Thutmosis seinen Feind begünstigte, indem er Zamorra zum Wagenrennen sein eigenes Gespann geliehen hatte. Für Amasis waren die Seth-Priester wichtige Gehilfen seiner Hofintrigen.
»Die Schlange erweist sich als schwach!« hechelte ein anderer Mann in Priestergewandung. »Erhöre Sobek, den Herrn der Krokodile, und laß die Diener des Seth verderben, hoher Gebieter!« Sinufer, der neue Oberpriester des Krokodilgottes Sobek, hoffte, hier unerwünschte Konkurrenz beseitigen zu können.
»Der Wille des Pharao steht fest wie die Pyramiden!« sagte Ramses mit klingender Stimme. »Die Schlangenpriester haben sich freiwillig dem Kampf gestellt – doch ein Kampf besteht aus vielen Schwertstreichen. Warten wir ab, was der fremde Zauberer für einen Gegenangriff plant. Nur zu, Amun-Re«, rief er laut. »Laß uns erkennen, ob deine Magie stärker ist.«
»Liebst du diese Männer?« fragte Amun-Re, auf die Priester deutend. Pharao Ramses schüttelte den Kopf.
»Dann erlaube, daß ich sie ihren Gott in der Gestalt, wie er in den alten Tagen von Stygia verehrt wurde, sehen lasse!« sagte der Herrscher des Krakenthrons.
»Seth! Vater Seth! Rette deine treuen Diener!« heulten die Priester, als sie sahen, daß Amun-Re weihevoll die Arme erhob und Worte einer unbekannten Sprache über seine Lippen flossen. Worte, mit denen er Tsat-hogguah anrief. Tsat-hogguah, den Herrn der Echsen, der auch in Gestalt einer Kröte verehrt wurde.
» Aioäwi, Tsat-hogguah! « sang Amun-Re mit monotoner Stimme. »Aioäwi, Sethesh!«
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