0275 - Der Fluch des Ägyptergrabs
ein. »Wären die Gefangenen entflohen, hätten wir sie sehen müssen. Denn wir haben Wache gehalten. Und du selbst warst mit dabei!«
»Hm … Ja … Das ist richtig!« hörte Zamorra den Offizier murmeln. Während er und Efer-Aton die Männer sahen, ahnten diese nicht, daß die Gesuchten dicht neben ihnen standen. »Wir werden es dem Pharao berichten müssen. Mag der Herrscher entscheiden…!«
Die Krieger nahmen Aziru in ihre Mitte und drängten den Foltermeister zum Ausgang. Professor Zamorra fiel ein Stein vom Herzen, als er sah, daß niemand die Tür zum Folterkeller verschloß.
Der Weg in die Freiheit war offen …
***
»Ich werde mich bei der Gewerkschaft beschweren…!« zeterte Carsten Möbius auf Deutsch, als das Ende der Peitsche seinen Rücken sanft und auffordernd berührte. Der Millionenerbe hatte schnell erkannt, daß die Aufseher Großmeister in der Handhabung der Peitsche waren.
Sie wußten sehr wohl, daß harte Schläge ungeeignet waren, einen Menschen zu übergroßer Leistung anzutreiben. Es sollte nur einen Vorgeschmack geben für den Moment, wo ein Befehl verweigert wurde oder der Gefangene Widerstand leistete. Die Schreie der ausgepeitschten Sklaven waren meilenweit zu hören. Ansonsten benutzten die Aufseher die Peitsche sehr behutsam, berührten leicht die nackten Schulterpartien oder die entblößte Brust der schwitzenden Sklaven. Und die Zurechtgewiesenen wußten genau, daß jeder Widerstand sofort schmerzhafte Schläge nach sich zog.
Diomedes war für seine Flucht ausgepeitscht worden und schwankte nur noch in den Reihen der Sklaven, die in das Innere des Berges vordrangen und Erde, Schutt und Geröll aus einem höhlenartigen Etwas ins Freie transportierten.
Mit verschiedenen Gesten der Zeichensprache hatten die beiden Freunde herausgefunden, was sie dort zu bauen helfen mußten.
Ein Grab. Das Grab des Heerführers Metufer. Vorerst ließ man die Zeitreisenden in Eimern aus Leder das Gestein nach draußen tragen, das andere Sklaven mit dem Bronzemeißel aus dem Felsen herausgebrochen hatten.
Nach dem Fluchtversuch des Griechen waren die Wachen verdoppelt worden. Niemand der Sklaven durfte noch entkommen, wenn die Arbeiten rechtzeitig beendet werden sollten. Vierzig Tage dauerte der Prozeß im Hause des Todes, wo der Leichnam mumifiziert wurde. Danach sollte er in seinem, Grab beigesetzt werden.
Carsten Möbius erkannte, daß bereits Maler in den Vorräumen dabei waren, in großen Gemälden die Taten des Metufer festzuhalten. Auch das Wagenrennen, bei dem der Heerführer des Ramses den Tod fand, war mit abgebildet.
»Er ist gestorben wie jeder andere Mensch auch!« erklärte Diomedes den beiden Freunden, während sie sich nach einer Schicht unter einem Felsvorsprung niederkauerten und den faden Gerstenbrei hinabschlangen und das brackige Wasser schlürften. »Und die Ägypter glauben, daß sein Leib lebendig bleibt, wenn er in einem Grab liegt, wo ihn niemand stört. Darum läßt man auch nur Sklaven in das Innere des Grabmals … Denn die werden ihn gewiß nicht mehr stören!«
»Warum erzählst du uns das, Diomedes?« fragte Michael Ullich.
»Um euch klarzumachen, daß wir die Zahl der Tage errechnen können, die wir noch unter dem Sonnenlicht wandeln!« sagte der Grieche leise. »Denn das Grab besitzt geheime Mechaniken und verschiedene Gänge, die es unmöglich machen, daß ein Fremder und Uneingeweihter bis zur Mumie des Metufer vordringt. Nur wir Sklaven kennen das Geheimnis des Grabes!«
»Man schafft uns also weg?« fragte Carsten Möbius.
»So könnte man es nennen!« sagte der Grieche.
»Wohin? In eins der nubischen Bergwerke? Auf eine Galeere?« wollte Michael Ullich wissen. »Denn dort wandeln wir nicht mehr im Sonnenlicht!«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, daß Menschen nicht irgendwelche Geheimnisse ausplaudern!« sagte Diomedes schwer. »Und die werden sie bei uns Sklaven anwenden. Nur der Tod läßt unsere Stimmen verstummen…!«
***
»… er hat auch gestanden, daß der König der Hethiter im Bunde mit dem Herrscher von Babylon ist, großmächtiger Gebieter!« sprudelte es aus Aziru hervor. Der Foltermeister stand vor dem Thron des Ramses und redete wie ein Buch. All das, was er aus Zamorra herausbringen wollte, all die vorformulierten Geständnisse, die er dem Parapsychologen unter Qualen abpressen wollte, kündete er dem Ramses mit der Überzeugung, als habe er Zamorra tatsächlich gefoltert und aus seinem Mund zwischen langgezogenem Stöhnen
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