0276 - Ghouls in der Stadt
und hüllten die Schleimigen in gleißende, unbarmherzige Helligkeit, rissen auch die letzten Details aus dem schützenden Mantel der Nacht.
»Ghouls«, flüsterte Yvonne entgeistert, die gern Gruselgeschichten las. Vor allem die aus Deutschland, die sie aufgrund ihrer Sprachkenntnisse im Original las, vorzugsweise von den Autoren Robert Lamont und Mike Shadow. »Pierre – das sind ja Ghouls …«
Pierre Devon nickte grimmig. Er starrte in die Nacht hinaus.
Die Ghouls wichen vor den verblassenden, funkensprühenden Leuchtkugeln zurück. Pierre preßte die Lippen zusammen. Er hoffte, daß der Gestürzte keine Brandverletzungen abbekam. Aber die Leuchtkugeln waren das einzige Mittel, ihm auf die Schnelle zu helfen.
Jetzt aber kam auch Leben in den Dorfrand. Wohl hatte außer Pierre und Yvonne, die sich bei geöffnetem Fenster liebten, niemand die Schreie gehört, die Schüsse aber hallten laut durch die Nacht. Und jetzt gingen überall die Lichter an. Ein paar beherzte Männer traten vor die Haustüren. Immerhin geschah es nicht alle Tage, daß es hier ein Feuerwerk gab.
»Ghouls!« schrie Pierre aus dem Fenster, beugte sich vor und zeigte in die Richtung. »Da sind Ghouls! Sie bringen einen Menschen um! Beschafft Feuer, das mögen sie nicht!«
Die anderen sahen ihn an wie ein Gespenst. Sie vermochten seine Worte nicht so rasch zu begreifen, zumal sie auch noch Yvonne sahen, die gar nicht daran dachte, daß sie am hell erleuchteten Fenster stand und sich dabei wie Eva vor dem Auftauchen der Schlange zeigte. Sie hatte schon wieder Munition beschafft, und Pierre lud durch, um seine Worte mit erneuten Schüssen zu unterstreichen. Jetzt, im abermals sprühenden Licht dicht über dem Boden, sahen auch die anderen das Unglaubliche.
»Holt den Pfarrer!« schrie einer.
»Feuer!« brüllte Pierre aus dem Fenster. »Verjagt sie mit Feuer!«
Jetzt zögerten die Männer unten auf der Straße nicht mehr länger. Einer lief ins Haus zurück und tauchte Sekunden später mit ein paar Zeitungen wieder auf, die blitzschnell zu Fackeln gedreht wurden. Feuerzeuge blitzten auf, setzten die Fackeln in Brand, und vier, fünf Männer stürmten auf die Ghouls zu.
Die begriffen jetzt, daß sie endgültig keine Chance mehr hatten. Mit einem Opfer, das sich fürchtete und das sie nur zu hetzen brauchten, wurden sie fertig. Hier aber kamen mehrere mutige Menschen an, die sich nicht würden einschüchtern lassen. Und so blieb den Ghouls nichts anderes übrig, als ihrerseits die Flucht zu ergreifen. Sie trennten sich und hasteten schleimtropfend in alle Richtungen davon, tauchten in der Dunkelheit der Nacht unter.
Nur die reglose Gestalt Klaus Neubeckers blieb zurück.
***
Minuten später kümmerten sie sich um den Jungen. Die Leichenfresser waren fort, waren unerreichbar. Pierre Devon schlüpfte in Schuhe und Hose und eilte nach draußen, das wieder aufgeladene Gewehr vorsichtshalber noch in der Hand. Er näherte sich den anderen und blieb vor dem Reglosen stehen.
»Lebt er noch?«
Der Strahl einer starken Taschenlampe wanderte über den jungen Deutschen. Das blonde Haar war wirr, seine Kleidung aufgeschrammt. Aber er war unverletzt. Nicht ein Tropfen Blut glitzerte.
»Bewußtlos«, sagte einer der Männer.
»Wir bringen ihn zu mir«, entschied Pierre, weil in seinem Häuschen viel Platz war. Er war Junggeselle und bewohnte es allein, von dem verschiedentlichen Auftauchen hübscher und häufig wechselnder Gespielinnen mal abgesehen. Zwei Männer packten zu und trugen den Bewußtlosen davon. Pierre starrte in die Nacht hinaus. »Kann mir einer sagen, ob das alles nur ein Alptraum war?« fragte er. »Ghouls … gibt es die denn wirklich, oder haben uns unsere Sinne nur einen Streich gespielt?«
»Vielleicht haben sich da ein paar Leute verkleidet. Verrückte gibt’s ja immer«, vermutete Louis, der Dicke.
Pierre sah im Schein der Taschenlampe etwas auf dem Straßenbelag. Er bückte sich, forderte Louis, den Dicken auf, dieses Etwas direkt anzustrahlen. Es schimmerte schmierig und stank. Schleimtropfen. Sie waren überall verteilt und begannen bereits zu trocknen. Schleim, den die Ghouls abgesondert hatten wie Schnecken, die ihre Gleitspur legen.
»Die sind ja echt«, sagte Louis der Dicke heiser.
»Sie kommen vom Friedhof«, vermutete Pierre dumpf. »Verdammt, das hat uns gerade noch gefehlt! Leichenfresser, die den Friedhof unsicher machen! Die fressen unsere Toten auf …«
Der Dicke ballte die Fäuste. »Wir müssen
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