0276 - Im Safe versteckt man keine Leichen
Pistole erschossen wurde. Das gleiche Bild haben wir bei Bella Austin. Aber jeder von uns wußte, daß Kendell eine Pistole besaß, auch wo er sie aufbewahrte. Jeder ging bei jedem aus und ein. Es wäre eine Kleinigkeit gewesen, die Waffe in einem günstigen Augenblick aus seinem Schreibtischfach zu nehmen, um sie nach dem Mord wieder zurückzulegen. Als Autor würde ich Gloria die Rolle der Mörderin an Bella zuschanzen. Die Blutspritzer an Fargos Hemd sprechen ebenfalls Bände, aber der Stempelabdruck bei allen drei Frauen macht alle diese Theorien zunichte.«
»Wie kommen Sie denn darauf, daß Gloria Watkins den Mord an Miß Austin begangen haben könnte?«
»Weil sie mich einen Tag vor dem Mord an Ellen Summerhill zu sich gebeten hatte. Sie fragte mich rundheraus, und dabei an meine Freundschaft appellierend, ob Kendell eine Geliebte hätte. Ich habe das natürlich verneint, aber sie schien mir nicht zu glauben. Vielleicht wußte sie sogar, daß es sich um Bella Austin handelte, obwohl sich beide Frauen nie begegnet sind.«
»Um bei Ihren schriftstellerischen Perspektiven zu bleiben, Mr. Brewery. Es wäre also durchaus möglich gewesen, daß Sie selbst, bei Kenntnis aller Dinge, während des Besuches bei Gloria Watkins, die Waffe ihres Mannes an sich nehmen konnten, um damit Ellen Summerhill und Bella Austin zu erschießen?«
Er hatte sich gut in der Gewalt. »Durchaus, Mr. Cotton! Doch für den Mord an Ellen Summerhill habe ich ein Alibi. An dem Abend war ich nämlich mit Mr. Pommerson zusammen, das ist der New Yorker Geschäftsführer der Pandora-Film-Gesellschaft, die sich für meine Romane interessiert. Wir waren von 17 Uhr an zusammen und verabschiedeten uns erst kurz nach Mitternacht, nach einem Barbesuch.«
»Wissen Sie noch, welche Bar es war?«
»Der ,Rainbow Room‘ im RCA-Building.«
»Wo waren Sie anschließend?«
»Ich bin sofort hierher gefahren und habe mich ins Bett gelegt.«
»Sie waren also nicht in Mount Vernon?«
Sein amüsiertes Lächeln verschwand. »Was sollte ich denn in Mount Vernon? Sie meinen, ich hätte Bella umgebracht? Können Sie mir einen plausiblen Grund nennen?«
»Sie brauchen nicht gleich eingeschnappt zu sein, Mr. Brewery«, sagte ich. »Ich stelle nur die üblichen Recherchen an. Als Kriminalschriftsteller müßten Sie dafür das nötige Verständnis aufbringen.«
»Das tue ich ja auch, Mr. Cotton! Aber die augenblickliche Lage hängt mir langsam zum Halse heraus. Selbst Lorna verdächtigte mich. Diese waghalsigen Theorien machen mich nervös, verstehen Sie?«
Ich lächelte. »Natürlich, Mr. Brewery! Zumal Sie neben Kendell Watkins der einzige Mann sind, der nähere Beziehungen zu Miß Austin unterhielt. Der Gedanke muß Sie ja unangenehm berühren.«
Er fuhr zusammen. Auch Tina Hayfield starrte mich ungläubig an. Es schien tatsächlich so, als wenn nur Steve Button und Ellen Summerhill davon gewußt hatten.
»Woher kannten Sie Bella Austin eigentlich?« fragte ich.
Er sah verlegen zu Boden. »Das ist eine eigenartige Geschichte. Eines Tages klingelte es bei mir. Es war Bella. Ich hatte sie vorher nie gesehen. Sie erzählte mir, daß sie von einem Bekannten, angeblich war es ein begeisterter Leser meiner Romane, erfahren habe, daß ich Verbindungen zum Theater hätte. Sie wollte zur Bühne. So hatte sie sich in Schenectady auf die Bahn gesetzt und war nach New York gekommen. Da Sarah Holborn zu der Zeit mit ihrer Bühne auf einer Gastspielreise war, stellte ich Bella als Sekretärin bei mir ein. Später verschaffte Sarah ihr dann ein Engagement als Chorgirl.«
»Waren Sie mit Miß Austin eng befreundet?«
Er warf Tina Hayfield einen unglücklichen Blick zu.
»Na, ja! Sie sah gut aus und war auch sonst ein netter Kerl! Aber ich war sehr froh, als Kendell sich für das Girl zu interessieren begann.«
»Wann waren Sie das letztemal in Kendell Watkins' Wohnung?«
»Am Tage nach dem Mord an Ellen Summerhill.«
»Warum?«
»Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich Gloria belogen hatte. Sie tat mir leid, und ich brachte ihr Blumen.«
»Sie gingen nicht hin, um die Waffe wieder ins Schreibtischfach zu legen?« Er sprang auf. »Jetzt habe ich aber genug, Mr. Cotton! Sie legen es anscheinend darauf an, mich nervös zu machen?«
Ich stand ebenfalls auf. »Sie? Wir wollen nur den Mörder nervös machen, Brewery, damit er vor weiteren Verbrechen zurückschreckt. Mein Freund und ich, wir stimmen nämlich mit Miß Hayfield völlig überein, daß der Mörder
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