0276 - Irrweg durch die Zeit
Barnards Versagen keinen Lärm geschlagen hatte.
Er saß des öfteren mit Barnard zusammen an einem Tisch im Hintergrund der Meßhalle und diskutierte mit ihm über Probleme, die mit der augenblicklichen Lage der DINO-3 zusammenhingen und zu deren Lösung seine eigenen Kenntnisse nicht ausreichten, so, daß er gerne die Ansicht eines Wissenschaftlers dazu hörte. An den Gesprächen beteiligte sich mitunter Sergeant Festus Lennon, der seinen Groll gegen Barnard zwar immer noch nicht ganz vergessen hatte, aber neugierig genug war, diesen Gesichtspunkt außer acht zu lassen, solange nur seine Wißbegierde befriedigt wurde.
An einem dieser Tage saß Rog wieder an dem gewohnten Tisch in der Meßhalle und wartete ungeduldig auf Barnards Erscheinen. Er hatte sich während der letzten dreißig Stunden an einer Frage, die plötzlich aufgetaucht war, vergebens die Zähne ausgebissen und wollte Barnards Meinung hören. Die Halle war zur Hälfte besetzt. Fast die gesamte Freiwache hatte sich eingefunden. Die Leute der technisch-wissenschaftlichen Abteilung und die Männer der eigentlichen Schiffsbesatzung hatten ihren beiderseitigen Widerwillen überwunden, saßen in Gruppen und führten ausgedehnte Diskussionen. Es war kennzeichnend für die Lage, daß niemand die Stimme erhob. Jedermann sprach zögernd und in gedämpftem Ton. Alles, was Rog von seinem Tisch aus hörte, war ein dumpfes, monotones Gemurmel.
Eine helle, quietschende Stimme schreckte ihn plötzlich aus seiner Nachdenklichkeit: „Ich sehe, der Herr Hauptmann haben es vorgezogen, frühzeitig hier zu erscheinen. Mir gereicht das sehr zum Vergnügen. Vielleicht gibt sich, bevor Major Barnard eintrifft, die Möglichkeit zu einem ..."
Rog hob den Kopf und warf Festus einen strafenden Blick zu, der den Sergeanten sofort zum Schweigen brachte. Sein freundliches, erwartungsvolles Lächeln wurde unsicher.
„Nein?" fragte er niedergeschlagen und schüttelte dazu den Kopf.
„Setz dich hin, Festus", befahl ihm Rog, „und bleib ruhig. Wir spielen kein Pinocchle." Festus setzte sich.
„Setback, Sir?" Rog schlug mit der Faust auf den Tisch.
„Nichts!" rief er so laut, daß die Leute weiter vorn in der Halle sich nach ihm umsahen.
„Aha, da ist eine zünftige Unterhaltung im Gang", meldete sich eine kräftige Stimme aus dem Hintergrund. „Da schließt man sich gerne an."
Barnard, der die Messe vor wenigen Augenblicken betreten hatte, setzte sich zwischen Rog und den Sergeanten. Rog ließ ihm keine Zeit, sich zurecht zu rücken.
„Ich hätte da eine Frage", begann er.
Barnard nickte ihm aufmunternd zu, und er fuhr fort: „Nicht, daß ich glaube, Sie könnten sie beantworten. Aber ich möchte Ihre Meinung hören. Wir befinden uns, von unserer eigenen Realzeit aus betrachtet, über fünfzigtausend Jahre in der Vergangenheit, nicht wahr?"
„Oh, ist das wirklich so?" quietschte Festus. Rog beachtete ihn nicht. „Wir befinden uns in der Nähe eines Sternsystems, das in der Geschichte der Erde eine wichtige Rolle spielt. Der achte Planet der Wega hat in unserer Realzeit den Namen Ferrol und war gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts Schauplatz heftiger Kämpfe, an denen Einheiten unserer Raumflotte teilnahmen. Meine Frage ist ..."
Barnard fing plötzlich an zu lächeln, und Rog unterbrach sich irritiert. „Was gibt's da zu grinsen?"
„Ihre Frage ist", antwortete Barnard: „Gesetzt den Fall, wir sähen irgendeinen Vorteil darin, den Planeten Ferrol jetzt, in diesem Augenblick, zu vernichten und führten dieses Vorhaben auch aus - was würde dann aus jenem Sektor unserer Geschichte, in dem Ferrol eine wichtige Rolle spielt? Habe ich recht?"
„So recht wie ein Gedankenleser", knurrte Rog unbehaglich.
„Oh, nicht weiter erstaunlich", wehrte Barnard ab. „Jeder macht sich solche Gedanken. Wir alle stolpern früher oder später einmal über diese Frage."
„Sehr richtig, Sir", bekräftigte Festus, reibst meinem bescheidenen Verstand ist die Unstimmigkeit aufgefallen, die da zu bestehen scheint."
Barnard lehnte sich zurück und blickte zur Decke hinauf.
„Wie Sie richtig sagten. Fanther", begann er nach einer Weile, „weiß auch ich keine Antwort auf diese Frage. Für einen Fall wie diesen sind wir, weil niemand ihn vorhersehen konnte, mit geistiger Kapazität ziemlich schlecht ausgerüstet. Aber man kann Vermutungen anstellen. Zum Beispiel: Die Tatsache, daß Ferrol in unserer Realzeit existiert, ist ein unumstößlicher Beweis dafür, daß weder wir im
Weitere Kostenlose Bücher