0277 - Dämonenschlacht um Troja
Nebel – niemand gleich!« zischte Carsten Möbius zwischen den Zähnen in deutscher Sprache hervor. Erstaunt drehte sich Automedon um – und schüttelte verwundert den Kopf. Der Beifahrer, der noch eben neben ihm gestanden hatte, war verschwunden.
Denn das unscheinbare Geflecht war ein Gegenstand, um den Legenden gesponnen wurden. Die Schwarzalben hatten ihn einst mit der Zauberkraft einer Hexe geschaffen. Siegfried hatte ihn besessen – doch hatte er ihn nicht vor dem Speer des grimmigen Hagen von Tronje bewahrt.
Als vor einiger Zeit während eines turbulenten Abenteuers Michael Ullich und Carsten Möbius fast in den Fluten des Rheins ertrunken wären [2] gerieten sie in das geheime Reich der Rheintöchter. Im Auftrage des Elbenherrschers Glarelion brachten sie diese Elbenwesen zu den sagenhaften Goldschätzen auf dem Grunde des Stromes, die Hagen dort versenkte. Aus der Fülle des Hortes nahm sich Michael Ullich Siegfrieds Schwert und Carsten Möbius die unscheinbare Tarnkappe, ohne zu wissen, welchen Schatz er in seiner Hand hielt. Den Ring des Nibelungen, jene gewaltige Kraftquelle, die nach Gebrauch in die Obhut der Rheintöchter zurückgegeben werden sollte, fiel den finsteren Zauberer Amun-Re in die Hände.
Carsten Möbius, der defensive Taktiken bevorzugte und damit stets zum Ziel gelangte, hatte die Tarnkappe schon einige Male sinnvoll eingesetzt. Doch nun hatte er einen sehr kühnen Plan gefaßt.
Niemand von den Griechen sah auch nur einen Schatten des Jungen, der durch die Zauberkraft der Tarnkappe völlig unsichtbar mit weiten Sprüngen über den grasbewachsenen Boden rannte.
Nur Professor Zamorra, durch Automedons Rufe aufgeschreckt, registrierte Carstens Verschwinden. Und sofort hatte er einen Verdacht. In seinen Gedanken war wieder die Ilias. Auch hier war Äneas der erste Gegner des Achilles gewesen. Homer schrieb jedoch, daß Poseidon sich des Trojaners erbarmte und ihn mit einer Wolke umhüllte, um ihn aus dem Kampf zu entrücken.
Sollte Carsten Möbius hier die Götter gedoubelt haben? Dann würden die Gesänge des blinden Sängers auf Tatsachen beruhen.
Doch vorerst war nur Achilles zu erkennen, der mit stoßbereitem Schwert wildbrüllend auf Äneas eindrang …
***
Der Trojaner sah den Tod vor Augen. Verzweifelt versuchte er, Zeus um Rettung anzurufen. Doch die auf ihn gezückte Klinge ließ Todesgrauen in ihm aufsteigen.
Wie oft würde es ihm gelingen, dem herabsausenden oder zustoßenden Schwert zu entkommen? Achilles schleuderte den Schild von sich und schwang das Schwert mit beiden Händen über den wehrlos vor ihm liegenden Äneas.
»Stirb, Trojaner!« fauchte er. »Stirb, wie Patroklos gestorben ist!«
Gewiß stand nun Thanathos, der schreckliche Totengott, bereits neben ihm, um sein Unsterbliches hinab in die Unterwelt zu zerren. Da … der Griff an seiner Schulter … das mußte Thanathos sein …
Äneas fühlte sich mit großer Kraft ergriffen und beiseite gerissen. Keine zwei Handspannen weit bohrte sich das Schwert des Peliden in die Erde. Erstaunt sah Äneas den Jungen vor sich, der eben noch in einem der griechischen Streitwagen fuhr. Und er sah Achilles, der wie ein Rasender mit dem Schwert um sich schlug und wildbrüllend nach ihm suchte.
»Äneas! Feigling! Stelle dich und nimm den Tod von mir!« hallte die Stimme des wütenden Peliden über die Ebene von Troja.
»Ich muß … ich muß kämpfen…!« stieß Äneas hervor und versuchte, die Hand des Jungen abzustreifen.
»Du wirst sterben, wenn du es versuchst!« sagte Möbius mit feinem Lächeln. »So lange ich dich berühre, bist du unsichtbar. Du kannst dich also, ohne daß es deine Ehre ankratzt, aus dem Staube machen. Erzähl deinen Leuten anschließend was von irgend welchen Göttern, die dich gerettet haben!«
»Ja, bist du denn nicht selbst…?!« brach es aus Äneas hervor.
»Ich bin kein Gott!« sagte Carsten Möbius bestimmt. »Aber ich habe einige Zaubergegenstände bei mir. Genug geredet. Hier, hinter deinen eigenen Schlachtreihen bist du vorläufig sicher. Laß einen Arzt nach deiner Wunde sehen. Und …« Das »… lebe wohl!« hörte Äneas aus dem Nichts. Carsten Möbius hatte ihn losgelassen und war damit unsichtbar geworden.
Tief atmete der Trojaner durch, als er seine Lage überblickte. Seine Leute hatten offensichtlich nicht bemerkt, wie er hierher gekommen war.
Was immer ihn da gerettet hatte, ob Gott oder Mensch, das war egal. Er war noch am Leben – und das
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