0277 - Dämonenschlacht um Troja
sich trotz der Todesfurcht, seiner Stimme einen gleichmütigen Klang zu geben. »Der tapfere Sohn des Priamos ist dabei, eine neue Heldentat zu begehen. Den Frauenraub zeigte er schon, indem er Helena aus Sparta entführte. Nun will er beweisen, daß er wehrlose Gegner töten kann. Stell dich mir doch mal mit einem Schwert bewaffnet gegenüber und zeige mir, daß der Mut des Panthers, dessen Fell du kühn als Kleidung trägst, auch in deinem Körper steckt!«
Unter den Trojanischen Kriegern machte sich Unmut Luft. Trotz seines rasenden Zorns merkte Paris, daß er sich hier nicht von Gefühlen übermannen lassen durfte.
Doch sogleich durchzuckte seinen Körper ein Plan, der hätte teuflisch genannt werden müssen, hätte es zu dieser Zeit schon so etwas wie den Teufel gegeben.
»Du bist das Opfer, das die Götter durch Kassandras Mund erwählt haben!« murmelte er. »Wer dich tötet, erzürnt die Unsterblichen. Doch da dich die Mauern des Kerkers nicht halten können, werde ich ein besonderes Gefängnis für dich finden. Ein Gefängnis, wo du Helena jeden Tag sehen kannst. Und«, seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern ab, »wo du ihr jeden Tag nah sein kannst. Denn noch neunzehnmal wird die rosenfingrige Göttin der Morgenröte erwachen, bevor man dich zum Altar der Götter schleift. Und ich selbst werde es sein, der mit der Priesterbinde im Haar und dem Opferdolch in der Hand dort auf dich wartet, denn ich bin ein Priester der Aphrodite. Und dann, blonder Junge, wirst du für alles zahlen. Denn der Opferpriester mag den Tod rasch zu geben – er kann ihn jedoch auch qualvoll werden lassen. Neunzehnmal kannst du mich mit Helena betrügen – doch dann räche ich mich für alles. Packt ihn, Männer! Bringt ihn in die dunkle Halle meines Hauses…!«
Mehr konnte Michael Ullich nicht verstehen. Die Krieger ergriffen ihn und banden seine Hände und Füße an einer Lanze fest, da er mit einigen gut gezielten Fußtritten manchen Trojaner zum Röcheln brachte.
Wie ein gefangenes Tier schleppten die Krieger des Priamos den gefesselten Jungen in einen Seitenflügel des Palastes. Knarrend wurde eine kleine Pforte geöffnet. Mit hämischem Grinsen banden die Männer Michael Ullich los und zerrten ihn hinein. Aus den Augenwinkeln sah der Junge mehrere Ketten aus eisenartiger Substanz von den Wänden herabbaumeln, die zwischen den mächtigen Mauerstücken gut verankert waren.
In einer Ecke lohte unter einem Dreifuß ein Feuer. Mehrere Metallbolzen lagen in der Esse. Ein zwergenhafter Schmied blies mit einem großen Blasebalg in die Glut, bis sie hoch auflohte und das Metall grellweiß zu glühen begann.
»Anketten!« stieß Paris hervor, während er mit beiden Armen die sich verzweifelt wehrende Helena festhielt. »Abwarten, meine Hübsche!« zischte er der Griechin ins Ohr. »Auch in Ketten kann er dir geben, was du begehrst. Doch bei Aphrodite, ich schwöre dir, daß du auch Zeugin seines Todes wirst. Ganz nahe am Altar wirst du sein, wenn das Opfermesser über ihm schwebt!«
»Scheusal!« weinte Helena. Dann war nur noch unkontrolliertes Schluchzen aus ihrer Kehle zu vernehmen.
»Beeilt euch, Männer! Legt ihn in Ketten!« befahl Paris noch einmal scharf. Die Krieger hatten Michael Ullich losgebunden und drängten ihn an die Wand. Je zwei Mann hielten seine Arme und Beine, zwei andere versuchten, den bebenden Körper ruhig zu halten. In Michael Ullichs Ohr drang ein Klirren. Dann spürte er, daß um sein rechtes Handgelenk die erste Metallschelle gelegt wurde. Einige Hammerschläge auf das Metall und es legte sich so eng um das Gelenk, daß es unmöglich war, die Hand herauszuziehen. Im nächsten Moment spürte Michael Ullich eine wabernde Hitze am Metall. Mit den weißglühenden Splinten wurde die Kette zusammengenietet. Bevor er sich vom Schreck der Prozedur erholt hatte, wurde auch der linke Arm festgekettet. Danach waren die Füße dran.
»Das sollte genügen!« brummte der Schmied. Doch Paris schüttelte den Kopf. Sein Gesicht verzog sich mit ätzendem Hohn.
»Er ist kein normaler Gefangener. Wir wollen nicht, daß wir den Göttern die Opfer vorenthalten!« zischte er. »Auch die Halskrause und den Hüftgurt!«
Murrend machte der Schmied sich erneut an die Arbeit. Michael Ullich wurde zusätzlich mit einem armdicken Metallreif um die Hüfte und einem Eisenring um den Hals gefesselt. Alle die Ketten von ungefähr zwei Metern Länge endeten im Mauerwerk. Der Gefangene konnte gerade zwei Schritte vorwärts
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