0281 - Ein Spitzel zieht die falsche Karte
anhaltenden Wimmern absank.
»Ausgespielt, Fairdale«, sagte ich hart. »Mord an einem G.-man, darauf gibt es unweigerlich den Elektrischen Stuhl.«
Er unterbrach sein Wimmern, starrte mich und den Polizisten an, als würde er sich unserer Gegenwart überhaupt erst jetzt bewußt, dann runzelte sich seine sonnengebräunte Stirn. Ganz langsam traten Schweißperlen auf seine Stirn.
Ich schob rasch mein linkes Bein vor. »Versuchen Sie’s gar nicht erst, Fairdale«, sagte ich. »Sie entkommen mir nicht mehr. Klopfen Sie ihn bitte ab. Ich passe auf, daß er inzwischen keine Dummheiten macht.«
Der Cop gehorchte meiner Bitte. Aber außer einem Totschläger aus der linken Manteltsche kam nichts Gefährliches mehr zum Vorschein. Dafür sammelte sich inzwischen rings um uns eine größer werdende Menschenmenge an.
Eine Stunde später saß Fairdale im Behandlungszimmer des FBI.-Arztes, und nach einer weiteren halben Stunde saß er mir im Office gegenüber. Seine Pistole befand sich bereits in unserer ballistischen Abteilung. Man würde sehr gründlich prüfen, ob aus ihr tatsächlich der für Albert Sokozki tödliche Schuß gekommen war, und wenn das der Fall war, konnte der geschickteste Anwalt Fairdale nicht vor einem Todesurteil bewahren.
»Hören Sie zu, Fairdale«, sagte ich hart, »Sie haben einen Kameraden von mir ermordet, oder wollen Sie das leugnen?«
»Ich — ich packe aus«, krächzte Fairdale zu meiner Zufriedenheit. »Jetzt ist doch alles egal…«
»Über den Mord an Sokozki werden Sie von meinem Kollegen vernommen«, sagte ich. »Mich interessiert etwas anderes. Sie standen ziemlich lange Zeit am Fuß der Freitreppe vor dem Gebäude der AE-Kommission Auf wen haben Sie gewartet?«
»Auf ein Mädchen«, erwiderte Fairdale mit gesenktem Kopf. »Sie ist die Tochter von irgendeinem Kerl, der in der Kommission arbeitet.«
»Wie heißt das Mädchen?« fragte ich. »Jeane«, erwiderte der Gangster und Mörder Fairdale. »Jeane Fulton. Sie sollte sich mit mir treffen, Jeane Fulton…«
***
Es war mittags gegen ein Uhr, als Slim Wools den Klingelknopf niederdrückte, der zur Apartmentswohnung 183 gehörte. Im Bewohnerverzeichnis in der Halle stand hinter der gleichen Nummer Betty Smith. Nicht viele der Leute wußten, daß sich hinter diesem alltäglichen Namen die bekannte Nachtklubsängerin und -tänzerin Lee Lee verbarg.
Das Apartment lag auf der Rückseite des großen Blocks, in der untersten Etage. Slim Wools betrachtete sinnend die in goldenen Ziffern auf die Tür befestigte Nummer, während er den Klingelknopf ein zweites- und schließlich ein drittesmal niederdrückte.
Obwohl er beim letzten Läuten sehr ausdauernd gewesen war, verstrichen fast fünf Minuten, bis sich hinter der Tür etwas regte. Man hörte das laute Schlagen einer anderen Tür.
Slim drückte den Daumen zum vierten Male auf den Klingelknopf, und jetzt nahm er ihn nicht eher wieder herunter, bis eine weibliche Stimme gellend rief:
»Verdammt, ich kann doch nicht hexen.«
Slim grinste. In der Zeit, die er nun schon wartend vor der Tür verbracht hatte, erwartete man von einer Kompanie Soldaten, daß sie einsatzbereit im Kasernenhof angetreten war, aber Lee Lee konnte sich in der gleichen Zeitspanne offenbar nicht einmal mit einem Morgenrock bewaffnen.
Endlich, die Apartmenttür ging auf. Lee Lee, üppig gewachsen und blonder als blond, lehnte im Türrahmen. Sie trug einen Morgenmantel, der mit einem weißen Pelz besetzt war. Im rotgeschminkten Mundwinkel hing eine Zigarette.
»Haben Sie wenigstens Feuer?« fragte Lee Lee und starrte Slim Wools an.
Slim zog das Streichholzpäckchen. Mit einem Kniff brachte er es fertig, ein Streichholz anzuzünden, ohne daß er sich dabei beider Hände bedient hätte. Er ließ das Mädchen nicht aus den Augen.
Sie griff mit langen Fingern nach seiner Hand und hielt sie vor ihre Zigarette. Zwei Rauchwolken flogen in Slims Richtung.
»Danke«, sagte Lee Lee. »Würden Sie jetzt ein Gentleman sein und einer Lady erklären, warum Sie sie zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett klingeln?«
»Würden Sie eine Lady sein und den Gentleman hereinbitten, damit er Ihnen das und einiges andere erklären kann?« fragte Slim.
Lee Lee überlegte. Schließlich zuckte sie die Achseln und meinte:
»Na schön. Aufgeweckt haben Sie mich ja ohnehin. Also kommen Sie ’rein.«
Sie drehte sich um und verschwand im Inneren des mit Standardmöbeln ausgestatteten Apartments. Slim Woods stieß die Tür so weit auf,
Weitere Kostenlose Bücher