0282 - Amoklauf der Amazone
Kampftunika noch höher hinaufschieben wollte. Der Gastgeber hatte die Maske fallen lassen.
Auch Sandra ließ jetzt jegliche Tarnung sinken.
Paris sah eine flache Hand auf sich zurasen. Es knallte wie der Hieb einer Peitsche, und die Wange des Prinzen rötete sich. Doch bevor er sich des Schmerzes von der Ohrfeige noch recht bewußt wurde, hatte ihn Sandra Jamis bereits vom Bett hinabgeworfen.
Paris riß die Augen auf, als er Sandra wie eine Rachegöttin direkt über sich stehen sah. Fasziniert sog sich sein Blick an der grazilen Mädchengestalt fest. Und an der mächtigen Weinamphore, die das Girl mit beiden Händen über dem Kopf schwang.
Der Trojaner stieß einen gurgelnden Angstschrei aus, als das tönerne Gefäß niedersauste und auf seinem Schädel zerplatzte.
Sein Gesicht wurde unendlich fröhlich. Über sein Gesicht zog ein Schimmer überirdischen Glücks. Doch gleich darauf verdrehte er die Augen und sank langsam hintenüber.
»Das war’s dann wohl!« erklärte Sandra befriedigt und stieg über den regungslosen Körper des Prinzen hinweg. »Den werde ich lehren, eheliche Treue zu wahren. Von den Typen finde ich in jeder Disco mehrere Dutzend Ausführungen!«
Einen Augenblick lang kämpfte das Mädchen mit dem Verlangen, sich schlafen zu legen. Die Strapazen des Tages und der genossene Wein auf der Feier waren nicht ohne Wirkung geblieben.
»Ich werde ihn befreien!« murmelte sie zwischen den Zähnen. »Und dann fliehen wir zusammen aus Troja. Irgendwo hier im Haus hat man Michael Ullich angekettet. Und ich finde ihn…!«
Noch einen kurzen Blick auf den regungslos daliegenden Paris werfend, huschte Sandra Jamis aus dem Raum. Um keinen Lärm zu machen, hatte sie sogar die Sandalen von den Füßen gezogen. Ihre scharfen Augen spähten in den Gang außerhalb.
»Oh, nein!« brach es aus ihr hervor. Denn ihre scharfen Augen erkannten am Ende des Ganges zwei voll gerüstete Krieger. Die Art, wie sie ihre Speere hielten, machte dem Girl klar, daß die beiden wachsam wie Hunde waren.
Unmöglich, sie anzugreifen. Nicht nur, daß Sandra kaum eine Chance gegen sie gehabt hätte, der Kampflärm konnte den ganzen Palast wecken.
Für einen Augenblick übermannte Sandra die Verzweiflung. Ihr Blick irrte hilflos durch den Raum. Und dann hatte sie einen Einfall.
Die kleine Amphore, aus der die Dienerin den Betäubungswein gereicht hatte, war noch da. Und es war noch genügend Wein Vorhanden.
Hoffentlich schöpften die Wachen keinen Verdacht…
Sie nahm die Amphore in den Arm und bemühte sich, einen solchen trippelnden Schritt nachzuahmen, wie ihn die vornehmen Trojanerinnen hatten. Allen Mut mußte sie zusammennehmen, um weiterzugehen, als die beiden Wachen die Speere zum Wurf erhoben.
»Habt ihr schon den Wein gekostet, der an der Tafel des Priamos gereicht wird?« fragte Sandra halblaut. Die beiden Wachen stutzten. Sie waren darüber informiert, daß das Amazonenmädchen hier im Palast Gast war. Dennoch waren sie mißtrauischer als ein Fuchs.
»Der Prinz schläft. Er hat sich etwas verausgabt!« erklärte Sandra. »Die Anstrengungen des Tages waren einfach zuviel für ihn!« Dabei bemühte sie sich, ihrer Stimme einen verführerischen Klang zu geben.
Befriedigt nahm sie wahr, wie die beiden Krieger unter den Helmen grinsten. Sie wußten genau, worauf Sandra anspielte.
»Darum konnte er auch den restlichen Wein nicht mehr trinken!« säuselte Sandra verführerisch. »So ist es nur recht und billig, wenn sich zwei tapfere Krieger daran laben!«
»Wir haben hier die Wache!« erklärte einer der gerüsteten Männer. »Hinter dieser Tür ist der Gefangene angekettet, der nach den Worten der Kassandra in wenigen Tagen auf dem Altar der Götter sterben soll. Wir dürfen jetzt keinen berauschenden Trunk zu uns nehmen. Der fremde Krieger ist sehr gefährlich!«
Sandra hätte vor Freude beinahe laut aufgeschrien. Sie war schneller am Ziel, als sie angenommen hatte. Hinter dieser Tür wurde Michael Ullich gefangengehalten.
»Einige Tropfen Wein werden doch nicht das Denken von zwei so tapferen Männern umnebeln!« sagte Sandra mit gurrender Stimme.
»Dann gib mal her!« forderte der andere Krieger auf. »Der süßliche Duft ist sehr verführerisch. Bestimmt ein besserer Tropfen, als sie an die Krieger verteilen!«
Mit honigsüßem Lächeln reichte ihm Sandra die Amphore. Der Trojaner trank in durstigen Zügen. Rot rann der Wein aus den beiden Mundwinkeln herab.
»Solch einen Wein reicht Zeus im Olymp den
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