0282 - Amoklauf der Amazone
Erscheinung nicht zu besitzen.
»Was wagst du?« prallte Penthesilea zurück. »Ich bin die Tochter des Ares, dessen Freude der Krieg ist!«
»Ich bin Ares, der Gott des Krieges!« erklärte die Gestalt mit feierlicher Stimme. »Erkenne mich, Tochter, am Tage vor deinem größten Kampf.«
»Du… bist… mein Vater…?« stieß Penthesilea langsam hervor.
»Da es dir gefällt, dich als meine Tochter zu betrachten, will ich nicht widersprechen!« wich Ares aus. »Sei meiner besonderen Huld und Güte gewiß. Ich will dir helfen, daß man dir, noch bevor der Tag sich neigt, den Siegeslorbeer um die Stirn windet!«
»Und deshalb zerstörst du meine Waffen!« stellte Penthesilea mit spitzer Zunge fest.
»Ich habe sie dir entzogen, um dir bessere Kriegsgeräte zu geben, meine Tochter!« sagte Ares. »Sie waren nicht gut genug für den Kampf, der dir bevorsteht. Wähle die Waffen, welche dir Zusagen!«
»Welche Waffen?« lachte Penthesilea trocken. »Du, der Gott des Krieges selbst, besitzt keine. Oder hast du welche mitgebracht?«
»Die Waffen der Götter sind nicht für die Sterblichen bestimmt!« grollte Ares. »Für euch erscheint es wie ein Lichtstrahl, wenn ich das Schwert ziehe. Und doch zerschneidet dieser Lichtstrahl alle Materie, die es in dieser Welt gibt!«
»Eine Waffe… aus Licht?« fragte die Amazone zweifelnd.
»Die Klinge befindet sich in jenem Stab, den ich am Gürtel trage!« erklärte Ares. »Für dich ist es Zauberei, wenn die Macht des gebündelten Lichtstrahls eingesetzt wird. Doch in unserer Welt ist es keine Magie, sondern Wissenschaft. Sieh her!«
Ares nahm den unterarmlangen Stab in beide Hände. Sofort flammte ein grünes Licht hervor. Eine Kreisbewegung mit dem Lichtschwert, dann war der Schaft der Streitaxt durchtrennt wie mit einem scharfen Messer.
»Diese Lichtschwerter zerschneiden selbst die Steine!« erklärte Ares. »Doch Zeus gestattet den Sterblichen nicht, sie zu führen !«
»Und womit soll ich dann kämpfen?« fragte Penthesilea ärgerlich. »Mit dieser Waffe hätte ich die Trojaner befreit und die Griechen endgültig zurück ins Meer getrieben!«
»Ich bin der Herr über alle Schlachten!« erklärte Ares. »Jeder Kampf, egal, ob er schon beendet ist oder noch ausgefochten werden muß, ist in meiner Rüstung eingeprägt. Und ich habe die Macht, den toten Kriegern die Waffen zu nehmen. Nun sage mir, Tochter, was du benötigst!«
»Ein Schwert. Ich brauche ein Schwert!« erklärte die Amazone.
»Sieh hierher!« befahl Ares und wies auf eine Szene auf seiner Rüstung. Penthesilea erkannte einen einsamen Kämpfer, der mit den beiden Händen eine lange Klinge mit fein gearbeitetem Knauf schwang. Von allen Seiten bedrängten ihn die Gegner, die lange weiße Gewänder und mächtige Turbane trugen. Aus unzähligen Wunden blutend sank der tapfere Mann langsam in die Knie und bedeckte das Schwert mit seinem Körper.
»Diese Klinge… Das Schwert muß ich haben!« stieß Penthesilea hervor.
Wortlos griff Ares zu diesem Teil der Rüstung. Als würde es in seinem Körper stecken, zog der Gott des Krieges ein mächtiges Breitschwert hervor, wie es in diesen Tagen nicht üblich war.
»Nimm es!« sagte er feierlich und hielt es der Amazone hin. »Zweitausend Jahre und mehr werden vergehen, bis dieser Kampf stattfindet. Roland wird der tapfere Mann heißen, dessen Ende du gesehen hast. Und Durandart nannte er das Schwert. Wenn sich die Schwingen des Todes über dich senken, wird es im Nichts vergehen!«
»Auch meine Axt hast du zerstört!« beeilte sich die Amazonenkönigin zu sagen. »Stets kämpfte ich mit Schwert und Axt gleichzeitig.«
»Der Wunsch sei dir gewährt!« nickte Ares. »Sieh den letzten Kampf eines Königs, der fünfhundert Jahre nach Roland leben wird!«
Penthesilea wurde von einem Bild auf der Rüstung angezogen. Ein Mann mit einer Krone stieg an der Spitze seiner Männer, eine mächtige Doppelaxt schwingend, die Sturmleiter zu einer hochragenden Mauer empor.
»Es ist König Richard, dem man den Ehrennamen ›Löwenherz‹ gab!« erklärte Ares. »Die Streitaxt von Askalon war seine Waffe in unzähligen Kämpfen. Leider beschirmt sie ihn nicht vor dem unausweichlichen Ende. Da… Sieh hin… Gegen die Tücke eines Pfeils aus dem Hinterhalt ist der tapferste Krieger machtlos!«
Penthesilea sah, wie dem König ein Pfeil in die Brust fuhr und er in die Arme der nachfolgenden Krieger stürzte. Die Streitaxt entglitt seiner Hand. In diesem Augenblick griff Ares
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