0282a - Der Mörder und sein blonder Schwarm
männliche Stimme. »Ihr habt in der vergan-28 genen Nacht den Sarg von John White ausgebuddelt.«
»Stimmt«, antwortete ich, »gut beobachtet. Mit wem spreche ich?«
»Das tut nichts zur Sache. Gib dir keine Mühe, G-man, festzustellen zu lassen, von welchem Anschluss ich anrufe. Das würde dich ebenso in Erstaunen setzen wie die Entdeckung in Whites Sarg. Oder sollte ich mich täuschen? Ist das FBI noch nicht dahintergekommen, dass es nicht John White ist, sondern Professor Wagner?«
»Hallo, White«, knurrte ich, »gib das Versteckspielen auf. Es ist dir nicht gelungen, den Panzerschrank zu knacken. Es wird dir auch nicht gelingen die Papiere zu erbeuten, die du suchst!«, sagte ich.
Der Mann am anderen Ende unterdrückte ein prustendes Lachen.
»Du machst es dir zu einfach, G-man. Ich bin nicht John White. Außerdem habe ich dich zu Hause angerufen, um zu verhindern, dass du meine Stimme auf Tonband aufnimmst. Ich will dir einen Vorschlag machen, G-man.«
»Spar deine Worte, wenn du an Erpressung oder Bestechung denkst«, sagte ich. »Wir werden auch ohne deine Tipps zum Zuge kommen.«
»Schlecht geschlafen? Die Nacht war auch für einen durchtrainierten G-man zu kurz. Also das ist mein Vorschlag: Wir lassen Dr. Bend in Ruhe und das FBI lehnt es ab, den Fall zu bearbeiten.«
»Wir werden euch einheizen«, knurrte ich wütend. »Wenn du nicht White bist, dann vielleicht der nächtliche Friedhofsbesucher, der in jeder FBI-Schule wegen seines schlechten Schießens durchgefallen wäre«
»Du machst es dir wirklich zu einfach, G-man. Ich war heute Nacht nicht auf dem Friedhof. Wenn da eine Schießerei stattgefunden haben sollte, war ich nicht daran beteiligt.«
»Hallo, bist du etwa Balow, oder vielmehr der Mann, der sich als Balow ausgab?«
Am anderen Ende wurde überraschend eingehängt. Entweder hatte der Mann von einem Münztelefon angerufen und besaß keine Nickel mehr, die er nach drei Minuten nachschieben musste, oder aber es war tatsächlich der Mann, der sich für Balow ausgab.
Diese Überraschung hatte mich wach gemacht. Ich sprang unter die Dusche. Nach dem Rasieren rief ich Phil an. Eine schlaftrunkene Stimme meldete sich. Ich setzte ihn mit ein paar Worten in Bewegung.
Danach kleidete ich mich an. Als Frühstück bereitete ich mir Toast und goss eine Tasse Kaffee auf. Gegen halb zehn verließ ich das Haus, ging zur Garage und sprang in meinen Jaguar, um Phil abzuholen.
Um zehn Uhr zwanzig erreichten wir das Distriktgebäude in der 69. Straße Ost. Phil und ich stiefelten die Treppen hinauf und gingen in unser Office. Dort fand ich einen Brief vor, der an mich adressiert war. Ich riss den Umschlag auf und las.
»Lassen Sie die Finger weg vom Fisher-Labor! Lebensgefahr!«
Der Briefschreiber hatte rote Tusche benutzt und eine alte Feder. Ich lächelte über die Warnung und reichte Phil das Blatt. Auch mein Freund lächelte.
»Trotzdem wollen wir den Brief ins Labor geben«, schlug Phil vor. Ich war einverstanden und rief die Telefonzentrale an.
»Well, Mister Cotton. Vor einer halben Stunde kam ein Anruf für Sie. Die Dame wollte Sie persönlich sprechen«, sagte das Mädchen in der Zentrale.
»Haben Sie die Nummer notiert?«, fragte ich.
»Nein. Sie wollte noch mal anrufen, wenn Sie im Haus wären«, antwortete unsere Telefonistin.
Ich bedankte mich und hängte ein.
Zwei Minuten später klingelte das Telefon auf meinem Schreibtisch.
Ich nahm den Hörer auf.
Es war Mister High. Er bat uns zur Berichterstattung zu sich.
»Zum Chef?«, fragte mein Freund.
»Ja, zur Berichterstattung«, erläuterte ich.
***
»Ich sehe gern meine G-men um mich«, sagte Mister High mit einem hintergründlichen Lächeln. »Legen Sie mal los, Jerry und Phil, wie weit sind Sie gestern gekommen?«
Ich berichtete.
Abschließend fasste Mister High unseren Bericht zusammen: »Tatsache ist also, dass John White lebt. Tatsache ist, dass Professor Wagner und Professor Solite ermordet wurden. Ferner, dass John White einen Einbruch in das Fisher-Labor versuchte. Außer John White muss es noch einen zweiten geben, der Sie, Jerry, heute Morgen angerufen hat. Er war allerdings heute Nacht nicht auf dem Friedhof, wenn wir ihm glauben dürfen. Der Mörder von Professor Solite war Tom Balow, oder vielmehr der Mann, der sich als Tom Balow ausgab. Sie kennen das Foto von White. Sie haben die Beschreibung von Balow gehört und sind der Überzeugung, dass Balow nicht mit White identisch ist. Haben Sie schon einmal
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