0282a - Der Mörder und sein blonder Schwarm
Denn die Haustür schließt ordnungsgemäß. Das habe ich gestern selbst erfahren.«
Remage starrte mich verblüfft an. Er senkte den Kopf und dachte nach. Es dauerte eine lange Minute, in der niemand ein Wort sprach. Alle glaubten bereits, Remage habe sich in die Falle treiben lassen. Dann sagte er: »Eine Frau mit einem lila Kopftuch kam heraus. Sie hatte dunkle Haare, trug ein gelbes Kleid mit großen Mustern. Ich glaube, sie hatte vorn einen Goldzahn.«
»Wir werden versuchen, die Frau aufzutreiben«, sagte ich und warf dem Lieutenant einen Blick zu. Zwei Cops verließen den Korridor, wo sie sich abwartend aufgebaut hatten.
»Danke«, flüsterte Remage.
»Sie haben keinen Grund, sich zu bedanken«, schnitt ich ihm das Wort ab.
»Schildern Sie weiter, Dr. Remage. Die Korridortür stand offen und…«
»Nein, Mister Cotton. Die Tür war abgeschlossen und der Schlüssel steckte von außen«, entgegnete er aufgeregt. Langsam begriff ich, was sich zugetragen hatte.
»Und?«, fragte ich herausfordernd.
»Nun, ich schloss auf und betrat den Korridor.«
»Fanden Sie es normal, dass die Tür verschlossen war?«
»Nein. Gewöhnlich stand die Tür offen, wenn ich kam. Aber ich nahm an, dass Judith nur für einige Sekunden die Wohnung verlassen hatte und deshalb der Schlüssel von außen steckte.«
Ich wandte mich zu Lieutenant Grandei um und bat ihn, mir den Schlüssel zu zeigen. Er kramte den Schlüsselbund aus einer Wattepackung und hielt es mit einer größeren Pinzette hoch.
»Haben Sie diesen Schlüsselbund schon einige Male bei Judith gesehen?«, fragte Phil. Er wusste genau, worauf ich hinauswollte.
Dr. Remage starrte auf die Schlüssel.
»Ich habe mir jetzt erst den Schlüsselbund angesehen. Es kommt mir fremd vor«, sagte er stockend.
»Gut. Sie betraten den Korridor. Was machten Sie dann?«, bohrte ich weiter.
»Ich ging in den Salon.«
»Und?«
Dr. Remage schloss die Augen. Er biss die Zähne aufeinander. Seine Backenmuskeln zuckten wieder, wie damals im Eve.
»Hallo, Mister Remage. Sie sollen das Bild beschreiben, das sich Ihnen bot. Als Arzt dürfte es Ihnen nicht schwerfallen, einen Bericht zu geben«, sagte ich leise.
Remage hob den Kopf.
»Ich kann nicht mehr sagen, was ich dann tat«, stammelte er.
»Als die Mordkommission hier eintraf, wurden Sie mit blutbeschmierten Händen hier angetroffen. Und auf Ihrer Jacke entdecke ich ebenfalls Blutspuren. Glauben Sie nicht, dass solche Indizien schwer wiegen?«
Remage starrte an sich hinunter. Er suchte mit den Augen nach Blutspuren an seiner Kleidung.
»Wo haben Sie die Mordwaffe?«, fuhr ihn Phil an.
»Ich bin es nicht gewesen«, keuchte Remage. »Mister Decker, ich war es wahrhaftig nicht.«
»Sie befinden sich in Geldschwierigkeiten, Remage!«
Phil schlug unbarmherzig zu. »Und Miss Edwards besaß eine Menge Schmuck. Ist das kein Motiv?«
»Wovon leben Sie, Dr. Remage, nachdem man Ihnen die Praxis wegen Opiumschmuggels entzogen hat?«, schlug ich in die gleiche Kerbe.
»Sie wissen, dass…?«, stammelte er.
»Natürlich. Gestern spielten Sie noch den großen Mann, der uns hinauswarf. Dadurch wurden Sie für uns interessant, und wir schauten in unserem Archiv nach«, sagte Phil.
»Well. Es stimmt, was Sie sagen. Aber ich habe Judith nicht umgebracht.«
»Hatte Miss Edwards eine Lebensversicherung?«, bohrte ich weiter.
»Ich glaube.«
»Wie hoch?«
»Zwischen zehn- und fünfzehntausend Dollar«, gab er zu.
»Sie scheinen sich stark dafür interessiert zu haben«, überschüttete Phil ihn mit einem massiven Vorwurf.
»Ja. Es sieht so aus. Da sie es ohnehin herausfinden, kann ich es Ihnen sagen: Miss Edwards hat mich sogar als allein Begünstigten eingesetzt.«
Remage sagte es mit einem ironischen Unterton. Er sah, dass alles gegen ihn sprach. Schweißperlen rannen von seiner Stirn auf die buschigen Augenbrauen. Er wischte sich mit dem Jackenärmel durch sein Gesicht.
»Man hat Sie bei der Festnahme darauf hingewiesen, dass Sie nicht aussagen brauchen, wenn Sie nicht wollen, Remage. Ich nehme an, dass Sie unsere Gesetze kennen. Sollen wir die Vernehmving abbrechen und alles andere dem Richter überlassen? Sie können sich dann in Ruhe erst einen Anwalt aussuchen, der Sie berät«, sagte ich.
»Nein, machen Sie weiter, Mister Cotton«, keuchte der Doc.
»Warum hat Miss Edwards Sie als Begünstigten eingesetzt?«, bohrte ich weiter.
Remage zuckte die Schultern. »Vielleicht war es Mitleid, weil ich die Praxis verloren
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