0283 - Im Banne der grauen Schatten
auftauchte.
»Wo ist Hillery?«, fragte ich, als ich einstieg.
»Die Frau des Arztes wäscht ihm seine Wunden aus und desinfiziert sie, während der Arzt losgefahren ist, um nach dem Tischler zu sehen. Sobald ich Sie abgesetzt habe, soll ich zurückkommen und Duff holen.«
»Okay, Mac, dann wollen wir es so machen, wie sie sagen.«
Zehn Minuten später stand ich endlich wieder vor dem großen Gebäude, in dem Duff Hillery wohnte. Ein Löschzug der Feuerwehr hielt direkt vor dem Eingang, ein paar Neugierige standen herum und gafften, aber außer einigen zersprungenen Fensterscheiben auf Hillerys Etage gab es nichts weiter zu sehen.
»Was bin ich schuldig, Mac?«, fragte ich, als ich ausstieg.
Er sah mich beinahe entrüstet an.
»Jetzt machen Sie aber einen Punkt, G-man!«, grunzte er böse. »Von Ihnen nehme ich doch kein Geld!«
»Da es sich um Steuergelder handelt, müsste Ihnen der Dank des Vaterlandes jetzt gewiss sein«, grinste ich. »Bringen Sie mir Hillery gesund her, Mac! Ich brauche ihn noch.«
»Aber gewiss doch, Sir.«
Ich schob mich durch die Gruppen der Neugierigen in die Halle. Ein halbes Dutzend Reporter hockte herum und starrte wie fasziniert in die Richtung, wo der Fahrstuhl war. Ich konnte aber nicht mehr als einen uniformierten Polizisten dort erkennen, der neben dem Fahrst'uhl Wache hielt.
Als ich am Fahrstuhl stand und klingeln wollte, weil der Lift oben in Hillerys Etage war, sagte der Polizist: »Wenn es nicht zu hoch ist, Sir, sollten Sie lieber ausnahmsweise mal die Treppe benutzen.«
»Ich bin Cotton vom FBI«, sagte ich leise. »Ersparen Sie mir jetzt das Vorzeigen des Dienstausweises, damit ich nicht gleich die Meute der Reporter im Genick habe.«
Er nickte verständnisvoll.
»Gewiss, Sir«, sagte er laut. »Neun Etagen zu Fuß, das ist zu viel verlangt, ich sehe es ein.«
Er versöhnte mich mit den Polizisten von Jersey wieder, nachdem mich ein Sergeant genug geärgert hatte. Der Lift kam herunter, und der Cop hatte augenblicklich alle Hände voll zu tun, um die Reporter daran zu hindern, dass sie den Fahrstuhl stürmten.
»Gut, dass Sie endlich kommen, Sir«, sagte das hübsche Fahrstuhlgirl, nachdem sich die Türen des Lifts automatisch hinter mir geschlossen hatten. »Ihr Freund musste in ein Krankenhaus gebracht werden. Als die Bombe explodiert war, lief er mit einem Feuerlöscher in Mister Hillerys Wohnung. Er hat wohl nicht richtig aufgepasst.«
»Nehmen Sie sich ja Zeit«, sagte ich tonlos.
»So schlimm ist es wohl auch nicht. Er hat ein paar Brocken auf den Kopf gekriegt, als die Decke einstürzte.«
»Sie sind ein Gemütsmensch«, brummte ich. »Wie heißt das Krankenhaus? Wo liegt es?«
Und dabei stoppte ich den Fahrstuhl, damit ich ihn wieder abwärts in Bewegung setzen konnte.
***
Ich hörte Phil einige Bemerkungen machen, noch bevor ich die Tür geöffnet hatte. Die Bemerkungen waren von der Art, die man im Druck besser nicht wiedergibt.
»Pfui, Phil«, sagte ich und machte leise die Tür hinter mir zu.
»Lassen Sie ihn nur«, sagte die fast sechzigjährige Krankenschwester, die mit rührender Vorsicht dabei war, Phil Jod in einige Hautrisse auf seinem Kopf zu pinseln. »Ich habe ihm gesagt, er soll kräftig schimpfen. Das macht es für ihn erträglicher.«
Sie tupfte ihren Pinsel ins Jodfläschchen und wandte sich dem nächsten Hautriss zu. Phil drückte sich ein weiteres Mal sehr deutlich aus. Nach ein paar Minuten aber hatte er alles überstanden.
»Kann man dich denn nicht einmal einen Nachmittag allein lassen?«, fragte ich, während ich die Pflaster auf seinem Kopf zählte. Es waren sieben.
»Hör zu, alter Junge«, sagte Phil gepresst, »ich habe eine leichte Gehirnerschütterung und bin folglich wehrlos. Spar dir deine witzigen Albernheiten bis morgen früh, ja?«
»Abgemacht«, lachte ich. »Kannst du mitkommen?«
»Glaubst du, ich bleibe freiwillig in einem Krankenhaus, solange ich noch auf meinen Beinen stehen kann?«
Er bedankte sich sehr freundlich bei der alten Schwester. So etwas kann Phil viel besser als ich, und ich hatte wieder einmal Gelegenheit, ihn zu bewundern. Nachdem auch die Formalitäten wegen der Rechnung geklärt waren, schlurfte ich mit Phil langsam durch den endlosen Flur des Hospitals. Ich ging absichtlich sehr langsam, und Phil schien es nur recht zu sein, denn er legte kein schnelleres Tempo vor.
»Hier hast du eine Zigarette«, sagte ich unterwegs und hielt ihm das bereits angezündete Stäbchen
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