0284 - Der Henker und sein Millionär

offiziell so, Harry. Hast du auch noch inoffizielle Informationen?«
    »Nur über die Person von Charles Pinner, Jerry. Er hat einen guten Leumund. Aber da war so eine dumme Geschichte mit seinem Bruder. Der war Lehrer am St. John’s College. Aber eines Tages wurde er wegen Nötigung von Abhängigen gefeuert. Später folgte ein Prozess. Delmer Pinner wurde zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, die er im Raymond Street Gefängnis absitzen musste. Das ist eigentlich alles.«
    Ich berichtete ihm über unseren Fall. »Hast du Vermerke bei deinen Unterlagen, Harry, wo die Bruderschaft ihre Versammlungen abhält?«
    Lomas sog nachdenklich an seiner Pfeife. »Nicht genau, Jerry. Ich weiß nur, dass sie für jeden Bezirk gesondert stattfinden. Montags in Richmond. Da soll Pinner eine ehemalige Garage gemietet haben. Dienstags in Manhattan. Wo, entzieht sich meiner Kenntnis, Freitags in Brooklyn. Ich nehme an, dass Mittwoch und Donnerstag für die Bronx und Queens reserviert sind.«
    Ich nannte ihm den Shore Boulevard, aber er zuckte mit den Achseln.
    »Ruf doch in der Geschäftsstelle an, Jerry! Dann erfährst du alles, was du wissen willst.«
    Wir bedankten uns und gingen zu unserem Office zurück. Dort schrillte wieder einmal das Telefon. Ich nahm den Hörer ab.
    »Cotton!«
    »Hier ist Tony Tyber! Wir sind gerade im Mount Morris Park, Jerry. Man hat in einem Gebüsch einen Toten gefunden.«
    »Ist es ein junger Farbiger, Tony?«
    »No, wie kommst du denn darauf? Es ist ein Friedhofswärter aus Brooklyn. Man hat ihm zwar die Taschen ausgeräumt, aber das Futter war kaputt. Der Angelausweis des Toten war dort hineingerutscht. Anhand des Lichtbildes wissen wir, dass der Mann Stephen Harlec heißt. Dort ist als Arbeitsstelle der Mount Zion Friedhof angegeben. Ich musste da unwillkürlich an den Fall Christopher Bowling denken.«
    »Hat man Harlec auch mit Curare vergiftet?«
    »No, er ist erschossen worden. Sie haben ihm die Waffe direkt an die Schläfe gesetzt.«
    »Wann ist der Tod eingetreten, Tony?«
    »Doc Bliss meint, in der letzten Nacht zwischen zwei und vier Uhr. Nun erhebt sich für mich die Frage, ob ich die Sache den Kollegen von der Homicide Squad Brooklyn gebe oder euch?«
    »Selbst ist der Mann, Tony. Behalte die Angelegenheit in deinen Händen, bis sich herausstellt, ob wir dafür zuständig sind. Ich hoffe, darüber bis zum Nachmittag Aufschluss zu erhalten.«
    »Okay, Jerry. Du erreichst mich in der Center Street. So long!«
    »So long,Tony!«
    Ich sprach die Sache mit Phil durch. Da sich die Ereignisse plötzlich überstürzten, beschlossen wir, getrennt vorzugehen. Allein hätten wir nicht alles schaffen können. Also erbaten wir Verstärkung. Mr. High, den wir für die geplanten Schritte um seine Genehmigung baten, hatte vollstes Verständnis. Er führte drei längere Telefongespräche, und alles war geritzt.
    »Der Bezirksleiter genießt bereits sein Wochenende, Jerry. Er erwartet Sie in seiner Privatwohnung am Riverside Drive. Dort können Sie den Hausdurchsuchungsbefehl und die Genehmigung zur Öffnung der Gräber holen. Für die Durchsuchung des Schuppens am Shore Boulevard wird wohl kein richterlicher Beschluss notwendig sein. Phil, Sie können Danny Clyde mitnehmen. Sie sollen sich ja sowieso etwas um unseren Neuling kümmern. Sollte Pinner Schwierigkeiten machen, schicken Sie Danny zur Wohnung des Bezirksrichters. Sie selbst bleiben am Shore Boulevard, damit dort inzwischen keine Spuren verwischt werden. Die Hausdurchsuchung bei Castor werden Joey Silva und Ed Walsh vornehmen. Ich wünsche Ihnen viel Glück bei Ihren Ermittlungen. Sollten irgendwelche Entscheidungen nötig sein, erreichen Sie mich in meiner Wohnung.«
    »All right, Chef!«
    ***
    Joey und Ed warteten bereits in unserem Office auf uns. Ich erklärte ihnen kurz, worauf es ankam. Dann gingen wir zur Fahrbereitschaft hinunter. Zehn Minuten später raste eine Armada von drei Fahrzeugen durch die Straßen Manhattans. Die Führung hatte ich mit meinem Jaguar übernommen. Hinter mir kamen Joey und Ed in einem schwarzen Studebaker, und Schlusslicht spielte Phil mit einem grünen Buick. Neben ihm saß Danny Clyde, der erst vor ein paar Monaten von der FBI-Schule Washington zu uns gestoßen war.
    Bezirksrichter Mac Addams lag unter einem Sonnenschirm. Er sah selbst in der Badehose noch würdig aus. Die Beschlüsse lagen schon für uns bereit.
    Nun mussten wir uns trennen. Joey und Ed fuhren nach Harlem. Phil musste mit Danny zu Pinners