0284 - Der Henker und sein Millionär
Wohnung in Brooklyn, und ich hatte in Queens zu tun.
Der Mount Zion Friedhof liegt im Stadtteil Maspeth. Im Verwaltungsgebäude empfing mich ein junger Mann, der ein ausgesprochenes mürrisches Gesicht machte.
Ich wies mich aus. »Sind die Männer von der Homicide Squad schon eingetroffen?«
»Yes, Sir! Lieutenant Goff ist bereits bei den Gräbern.«
»Wie viele Beerdigungen hatten Sie heute Morgen?«
»Drei, Agent Cotton. Eine ältere Dame und ein junges Ehepaar, das bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Was versprechen Sie sich eigentlich von der Öffnung der Gräber?«
Er warf bei dieser Frage einen Blick auf die Uhr.
»Eine höchst unangenehme Entdeckung, Mr. Batts. Wollen Sie jetzt bitte Einblick in die Verfügung nehmen?«
Ich legte ihm Richter Mac Addams Beschluss vor. Er warf nur eine kurzen Blick darauf.
»Das ist Mr. Owlers Sache Er ist bei den Herren von der Mordkommission.«
»Hätten Sie die Güte, mich zu führen?«
Er hatte. Allerdings tat er es mit eisigster Miene. Wir brauchten etwa zehn Minuten. Mr. Owler war ein älterer Herr. Er studierte den Beschluss und zupfte an seinem Jackett.
»All right, Agent Cotton. Sie können beginnen.«
Ich trat zu Lieutenant Goff. »Hallo, Simon.«
»Hallo, Jerry.«
Er deutete auf die drei frischen Grabhügel. »Wo sollen wir anfangen?«
»Egal, Simon. Irgendwo. Die Überraschung kommt früh genug.«
»So sicher?«
»Warum sollte jemand einen Friedhofswärter während seines Nachtdienstes töten?«
Lieutenant Goff wandte sich schweigend ab. Er gab seinen Männern ein Zeichen. Und die begannen zu graben. Nach zwanzig Minuten wurde der erste Sarg herausgehoben. Zwei Detectives schaufelten den restlichen losen Sand weg. Dann stocherten sie vorsichtig auf der untersten Sohle herum. Selbst als sie noch einen ganzen Meter tiefer gingen, konnten sie nichts finden. Inzwischen hatte man auch den zweiten Sarg herausgehoben. Wieder begann das Abtasten. Als sich auch hier nichts befand, begann ich nervös zu werden.
Simon Goff war zu mir getreten. »Sieht so aus, als ob Ihre Rechnung nicht aufgehen würde, Jerry«, meinte er.
Ich wollte einfach nicht daran glauben. »Wir müssen etwas finden, Simon. Die einzige Gefahr besteht darin, dass sie ihren Plan geringfügig abgeändert haben. Dann sehe ich allerdings schwarz.«
»Wie meinen Sie das, Jerry?«
»De Presse hat zu schnell Wind von der Sache bekommen, Simon. Sie hat den grausigen Fund auf dem Greenwood Friedhof sofort hinausposaunt. Wenn der Mörder gerissen ist, dann hat er den Kasten diesmal an einer Stelle vergraben, auf die wir im Leben nicht kommen. Wir können schließlich nicht das gesamte Friedhofsareal umgraben. Zumal nicht bis zu einer Tiefe von ein bis zwei Meter. Aber irgendwo hat er seinen Kasten vergraben.«
Ich sprang zur dritten Grube und packte den Sarg mit an. Vorsichtig setzten wir ihn ab. Auch hier kam bei dem Herumstochern nichts zutage. Die Detectives begannen zu buddeln.
Plötzlich fuhr ich zusammen. Auch Simon Goff hatte das kratzende Geräusch gehört. Wir träten ganz dicht an den Rand der Grube.
»Was war das, Ney?«, fragte der Lieutenant heiser.
»Ich spüre einen Widerstand, Sir.«
Detective Ney stellte den Spaten beiseite und griff zur Schaufel. Vorsichtig hob er den Boden ab. Eine braune Holzplatte erschien, die sich als Deckel eines quadratischen Kastens entpuppte. Ney legte ihn ganz frei und reichte ihn nach oben.
Sergeant Milton Lapis bückte sich. Der Deckel sperrte etwas. Lapis schob das Blatt eines Spatens in den schmalen Spalt und sprengte mit einem kräftigen Druck das Schloss. Der Deckel schlug auf. Unwillkürlich hielt ich mir die Nase zu. Ich kannte diesen süßlichen Geruch zur Genüge. Er tritt bei einem bestimmten Grad der Verwesung auf.
Und dann starrten wir alle auf den Inhalt des Kastens. Es war genau der Anblick, den ich erwartet hatte. Ein menschlicher Kopf, den man vom Rumpf abgetrennt hatte.
***
Mein Kollege Phil sah sich Charles Pinner, den Gründer der Bruderschaft zum Heil der Welt genau an. Er mochte die Vierzig knapp überschritten haben. Seine Froschaugen blickten durch die Gläser der Schildpattbrille auf die beiden Besucher.
»John Castor, sagen Sie? Den Namen habe ich nie gehört, Agent Decker.«
»Es steht aber eindeutig fest, dass er ein Mitglied ihrer Bruderschaft war, Mr. Pinner.«
»Das will ich ja gar nicht abstreiten, Agent Decker, aber trotzdem sagt mir der Name nichts. Sie machen sich bestimmt ganz falsche
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