0284 - Der Henker und sein Millionär
Gewänder gesehen.«
»Unsere Komparsen tragen sie, als sie die Sklaven darstellten«, erklärte Direktor Paal.
»Und welchen Zusammenhang siehst du darin, Tim?«, fragte ich.
»Damals noch keinen, Jerry. Am Donnerstag fuhr ich noch einmal zum Studio. Ich fragte Mr. Paal, ob er mir gestatten würde, ein Foto eines solchen Gewandes zu machen. Ich wollte es in einer meiner Reportagen veröffentlichen. Mr. Paal verwies mich an den Verwalter des Kostümfundus, Allan Jenkins. Mit dem suchte ich das Lager auf. Er holte so ein Ding heraus, und ich machte mein Foto. Aber plötzlich begann Jenkins, diese Sklavengewänder zu zählen.«
Ich ahnte schon, was jetzt kam.
»Nim spanne uns nicht auf die Folter, Tim.«
»Jenkins stellte fest, das zehn solcher Sackgewänder fehlten. Zweiunddreißig mussten es laut Katalog sein, zweiundzwanzig waren nur da.«
»Was meinst du, Tim?«, fragte Phil.
Er zuckte die Achseln. »Schwer zu sagen. Jenkins ist okay. Der hat bestimmt nichts damit zu tun. Es ist überhaupt unvorstellbar, dass jemand vom Sender seine Hände in einer so scheußlichen Geschichte hat.«
»Wie viele Menschen sind in den Radio- und Fernseh-Studios der NBC beschäftigt, Mr. Paal?«
»Rund zweihundert, Agent Cotton.«
»Mr. Jenkins besitzt allein einen Schlüssel zur Kostümkammer?«
»No! Mr. Wycliffe, unser Requisiteur, hat auch noch einen. Aber beide Männer sind unbedingt zuverlässig und über jeden Verdacht erhaben, Agent Cotton.«
»Welche Sicherungen sind an der Tür angebracht?«
»Zum Kostümfundus? Ein einfaches Schloss. Es ist ja schließlich kein Banktresor.«
»Ich wollte lediglich feststellen, dass theoretisch jeder der zweihundert Angestellten die Möglichkeit hat, gewaltsam, oder mit Hilfe eines Nachschlüsseln, in die Kostümkammer einzudringen. Stimmen Sie mir darin zu?«
»Durchaus«, bestätigte er. »Allerdings dürfte das gar nicht so einfach sein bei dem Betrieb, der bei uns immer herrscht.«
»Können Sie uns eines dieser Sackgewänder aus Ihrem Fundus zur Verfügung stellen?«
Er öffnete seine Aktentasche. »Mr. Kelling hat auch daran gedacht. Wir haben Ihnen eines mitgebracht.«
Er legte das Requisit auf meinen Schreibtisch. Es war ein ziemlich grobes Gewebe. Ein großer Teil der brasilianischen Kaffeesäcke mochten so beschaffen sein. Phil verließ mit dem Kostüm das Office.
»Er vergleicht es mit den gefundenen Gewändern«, erklärte ich. »Bei den Arbeiten zu der Aida-Inszenierung hat man diese zehn Gewänder noch nicht vermisst?«
Paal schüttelte den Kopf. »Mr. Kelling sagte vorhin, er habe eine Menge Leute in solchen Gewändern gesehen, das ist jedoch eine optische Täuschung gewesen. Wir haben noch eine Reihe von Kostümen, die diesen hier sehr ähnlich sehen. Von den verschwundenen Gewändern haben wir für die Aida nur fünfzehn Stück gebraucht. An Aufnahmetagen herrscht natürlich überall im Studio und in den Lageräumen ein heilloses Durcheinander. Da macht sich auch Jenkins nicht die Mühe, jedes Mal den Bestand zu prüfen.«
»Es wird sich jetzt nicht vermeiden lassen, Mr. Paal, dass sich mein Freund ein bisschen in Ihrem Studio ümsehen wird.«
Paal warf Tim einen Hilfe suchenden Blick zu. »Hoffentlich hängt die Presse die Geschichte nicht an die große Glocke«, stöhnte er.
Tim lachte. »Seien Sie unbesorgt, Mr. Paal. Bisher weiß nur ich davon, und ich werde mich hüten, es auszuposaunen.«
Phil kam zurück. »Ich war im Labor«, berichtete er. »Nach den so genannten ABC-Versuchen sind die Stoffe identisch. Mit Sicherheit, so meinte Doc Lindberger, kann man das allerdings erst sagen, wenn man beide Gewebe analysiert hat. Dazu müsste er die Gewänder an das FBI-Labor in Washington schicken.«
Paal nickte. »Das Kostüm steht zu Ihrer Verfügung, Gentlemen.«
Wir dankten ihm. Er war auf gestanden. Auch Tim erhob sich. Sie verabschiedeten sich und gingen zur Tür.
***
Bei Anbruch der Dunkelheit schlich ein Mann über den Hof eines Grundstücks in der Front Street. Als er das immer näher kommende Geheul von Sirenen hörte, ging er hinter einer Reihe von Mülltonnen in Deckung, die in einer Ecke standen.
Auf der Straße war der Teufel los. Zwei Streifenwagen der City Police riegelten die Front zwischen John- und Fulton-Street ab. Ein Mannschaftswagen brachte rund zwanzig Cops heran, die in allen Häusern nach einem Mann zu suchen begannen, den sie überhaupt nicht finden wollten.
Schließlich betraten sie auch den Hof der ehemaligen
Weitere Kostenlose Bücher