0285 - Die dritte Waffe
Blick zu. Er wünschte, Willy hätte sich etwas zusammensinken lassen.
„Gehen wir in der bewährten Weise vor?" erkundigte sich Willy begierig.
„Bewährt nennen Sie das?" seufzte Aboyer auf. „Was haben wir denn bisher erreicht? Ich mußte einen Administrator bewußtlos schlagen, damit wir weitersuchen können."
Willy tätschelte seinen schwammigen Körper mit einigen Tentakeln.
„Trotzdem sind wir ein feines Gespann", meinte er wohlgefällig.
Aboyer konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken. Das Quallenwesen war tatsächlich sehr naiv. Trotz seines kolossalen Körpers war es unglaublich ängstlich. Außerdem schien es nicht in der Lage zu sein, logisch denken zu können.
Der Agent zog den Notizzettel aus der Hosentasche und warf einen kurzen Blick darauf.
„Zimmer sechs", sagte er zu Willy. „Ebenfalls in dieser Etage.
Versuchen wir unser Glück noch einmal."
Willy plusterte sich auf, so daß er kaum durch den Eingang paßte. So glitt er hinaus. Aboyer warf einen Blick auf den bewußtlosen Riera. Er zog einen Schreibstift aus der Tasche und schrieb auf die Rückseite des Notizzettels: Geben Sie uns einen Tag Vorsprung, bevor Sie etwas unternehmen!
Er heftete das Papier an Rieras Jacke. Wenn er den Kolonisten richtig einschätzte, würde Riera persönliche Nachforschungen anstellen, bevor er Meldung machte. Natürlich konnte das auch eine Fehlspekulation sein. Dann waren die Stunden gezählt, die Aboyer und das Quallenwesen noch in Freiheit verbringen konnten.
Inzwischen hatte Willy Zimmer Sechs erreicht. Er fuhr ein Stielauge aus und versuchte, durch einen schmalen Schlitz zu spähen, den er unter der Tür entdeckte. Als er damit kein Glück hatte, machte er ein Pseudoglied so dünn, daß er es mühelos durch den Schlitz schieben konnte. Dann ließ er ein Auge entstehen. An einem Tisch inmitten des Zimmers saß ein humanoides Wesen, das zweifellos weiblicher Art war. Die Tatsache, daß die Frau ihren Kopf in beide Hände stützte und weinte, erweckte sofort Willys Hilfsbereitschaft. Er vergaß, sein Auge einzuziehen und klopfte mit einem zweiten Tentakel gegen die Tür.
Die Frau blickte auf und sah ein farbloses Stielauge an der für hin und her pendeln. Sie faßte sich mit beiden Händen an den Hals und sank in ihren Sessel zurück.
Hastig ließ Willy sein Auge verschwinden, doch es war bereits zu spät. Die Dame war offenbar ohnmächtig geworden. Willy hastete in Rieras Zimmer zurück. Aboyer, der nichts Gutes ahnte blickte ihn fragend an. Das Quallenwesen gab ein Geräusch von sich, das wie ein durchdringendes Räuspern klang.
„Zimmer Sechs wird von einer Dame bewohnt", sagte Willy endlich.
„Ich weiß", erwiderte Aboyer: „Von Fürstin Marek vom Lay-Star-System. Sie vertritt ihren schwerkranken Mann während der Konferenz."
„Ich befürchte", sagte Willy kleinlaut, „ich habe die Fürstin erschreckt."
„Was haben Sie getan?" knurrte Aboyer.
„Ich habe ein Auge unter der Tür durchgeschoben", berichtete Willy.
„Als ich dann anklopfte, vergaß ich es zurückzuziehen. Die Fürstin muß schwache Nerven haben."
„Gehen Sie zurück und entschuldigen Sie sich", befahl Aboyer.
„Wenn wir so weitermachen, haben wir in einer Stunde den schönsten Aufruhr im Hotel."
„Es ist sehr traurig daß Sie nicht mit mir zufrieden sind, Al", sagte Matten-Willy melancholisch.
Er schlüpfte wieder auf den Gang hinaus. Als er abermals am Zimmer der Fürstin anklopfte, flog die Tür auf, und Willy starrte mit allen ausgefahrenen Stielaugen in den Lauf eines großen Handstrahlers. Er verfärbte sich vor Schreck ins Violette und begann zu rotieren. Im letzten Augenblick fiel ihm ein, daß er nur die Decke zur darunterliegenden Etage durchbrechen würde, und er hielt inne.
„Nicht schießen!" wimmerte er. „Ich bin einer der Konferenzteilnehmer und möchte Ihnen einen Besuch abstatten."
„Ein Matten-Willy!" sagte die Frau, die jetzt durchaus keinen hilflosen Eindruck mehr machte, sondern Willy sehr energisch vorkam. „Herein mit Ihnen."
Willy wackelte wie ein Riesenpudding, als er frierend und ängstlich ins Zimmer der Sternenfürstin glitt. Zu seiner Erleichterung ließ die Kolonistin die Waffe sinken.
„Sie haben mich beobachtet", warf sie Willy vor. „Warum taten Sie das?"
„Auf der Hundertsonnenwelt beobachten wir uns alle", erklärte Willy eifrig. „Es macht uns einen Riesenspaß, Mylady. Ich meine, es ist nichts dabei, wenn man einen anderen beobachtet. Ich wollte sagen ..." Er
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