0285 - In den Tiefen von Loch Ness
dumpf.
Da fiel das Amulett herab, klatschte auf seine Brust und hüllte ihn schlagartig in das Silberlicht.
»Nein«, stöhnte Nicole auf. »Er ist infiziert, und das Amulett löst ihn auf -«
Sie irrte!
Es löste ihn nicht auf, aber es löschte den bösen Keim des magischen Zerfalls in Gryf aus! Und es tat noch mehr!
Gryf richtete sich auf. Das Amulett fiel von ihm ab, klirrte zu Boden und erlosch. Der Druide hob es auf und schüttelte blaß den Kopf.
»Das gibt’s nicht«, sagte er verblüfft. »Es hat mir… es hat mir meine Druidenkraft zurückgegeben! Ich bin wieder klar!«
»Was?«, stieß Nicole hervor. »So einfach?«
Gryf nickte. »Offensichtlich. In dem Moment, wo es mich berührte, spürte ich meine Kräfte wieder. Ich bin wieder fit. Das ist unfaßbar. Ich kann’s einfach nicht glauben. Beim Silbermond, verstehe einer diesen Blechteller! Ich begreif’s nicht mehr. Erst nehmen, dann wieder zurückgeben… warum das?« Er überreichte es Zamorra, der sich Merlins Stern wieder umhängte.
»Gryf, vorhin versuchte das Amulett mich aufzulösen, und hur Nicole habe ich es zu verdanken, daß ich noch existiere…«
Gryf schüttelte nur den Kopf.
Dann wandte er sich Angely zu, hob ihr Kleid auf und hielt es ihr hin. »Komm, Mädchen, die Show ist vorbei. Den Knochenmann gibt’s nicht mehr, du kannst erleichtert aufatmen und mich küssen.«
Angely fiel ihm förmlich in die Arme.
Sie hielt sich an ihm fest und küßte ihn. Zamorra und Nicole grinsten sich an.
»Ich glaube, Gryf dürfte die nächsten Stunden beschäftigt sein«, lästerte Nicole.
»Wohl kaum«, brummte der Druide.
»Ich habe mich noch um verschiedene Dinge zu kümmern, gerade jetzt, wo ich meine Druidenkräfte zurückhabe. Unter anderem um Nessy.« Er löste sich vorsichtig aus Angelys Umarmung, drehte sich um und begann zu grinsen.
Ahnungsvoll drehten sich die beiden anderen um.
In der Tür standen Roderick, Sir Glenn, eine ältliche, aber noch rüstig wirkende Dame und hinter ihnen ein hochgewachsener Mann in Butlerlivree.
Die Dame trug einen mehr als grimmigen Gesichtsausdruck.
»Was geht hier vor?«, keifte sie. »Wir hörten Schreie und glaubten, jemand sei in Not, und was müssen wir hier erblicken? Eine Orgie! Angely, du ziehst dich unverzüglich an und gehst in dein Zimmer. Und Sie, junger Mann…«
»Wir hatten das Skelett hier«, unterbrach Zamorra trocken. »Es ist zerstört. Sie können also aufatmen.«
Sir Glenn schnappte ebenso wie Roderick nach Luft. Lady Joanna MacRaven, geborene Stuart, ging aber großzügig darüber hinweg. »Junger Mann, für diese Frechheit werden Sie bezahlen. Sie lassen sofort ihre dreckigen Pfoten von unserer Tochter und sehen zu, daß sie Raven’s Castle auf der Stelle verlassen. Ich werde die Polizei auf Sie hetzen, Sie Wüstling…«
Gryf machte eine schnelle Fingerbewegung. Lady Joannas Mund klappte zu, und wie sie sich auch bemühte, sie bekam ihn nicht mehr auf. Es war, als wären ihre Lippen zusammengeklebt worden.
Wütend marschierte sie auf ihn zu. Aber jetzt hielt Sir Glenn sie zurück. »Beruhige dich erst einmal. Wer weiß denn wirklich, was hier vorgefallen ist? Laß doch die anderen erst einmal zu Wort kommen.«
»Mhm-mhm-mhm«, näselte Lady Joanna in grimmiger Wut.
»Du solltest dir wirklich wieder etwas anziehen, Angely«, schlug Gryf vor, der dem Mädchen immer noch das Kleid entgegenhielt. Mit mechanischen Bewegungen streifte die Rothaarige es über. Währenddessen erstattete Gryf einen Kurzbericht vom Eindringen des Knochenmannes und dem kurzen Kampf, der nur dank Zamorras Auftauchen glücklich endete.
»Ich glaube, wir sind Ihnen wirklich sehr zu Dank verpflichtet, Monsieur«, sagte Sir Glenn. »Und sie sind sicher, daß die Gefahr jetzt gebannt ist und niemand von uns mehr in Gefahr schwebt, ebenfalls zum Skelett zu werden?«
»Ich werde morgen noch eimmal Merlins Stern einsetzen«, versprach Zamorra, »um auch die letzten möglichen Keimspuren zu vernichten. Aber ich denke doch, daß keine Gefahr mehr besteht. Sie können sich unbesorgt zur Ruhe begeben.«
»Nun gut«, sagte Sir Glenn. »Dann wünsche ich allerseits eine gute Nacht. Komm, Joanna. Lassen wir die Herrschaften allein.«
»Mhm-mhm-mhm«, machte Joanna wieder wütend und deutete auf ihren geschlossenen Mund.
»Ach so« mähte Sir Glenn. »Nun, das stört weiter nicht. So habe ich wenigstens eine Nacht lang Ruhe vor deinem Gekeife.«
Hatte er gedacht. Aber Gryf löste den Zauber wieder auf.
Weitere Kostenlose Bücher