0287 - Wenn Satan sich die Hände reibt
einen spöttischen und überheblichen Blick. »Sie glauben nicht an den Teufel?«
»Nein… ja, die Kinder…«
»Es gibt den Teufel«, erklärte Sheila mit fester Stimme. »Ich selbst habe mit ihm gesprochen.«
Charly Rainbird hatten die Worte schon die ganze Zeit über gestört. Er fühlte sich schlichtweg auf den Arm genommen, ging zwei Schritte vor und blieb dicht bei Sheila stehen. »Schauen Sie mir mal in die Augen!« forderte er.
»Charly!« rief seine Frau.
Der Mann ließ sich nicht beirren. Er sah Sheilas Lächeln, und sie starrten sich an.
Sekunden nur, doch die Zeit reichte. Charly spürte, daß mit dieser Frau etwas nicht stimmte, und das sagte er ihr auch. »Tut mir leid, Madam, aber ich glaube, daß Sie uns hier einen Bären aufbinden wollen. Auch ich habe mir eine Meinung über Sie gebildet. Wollen Sie diese hören?«
»Bitte.«
»Ich glaube, daß Sie aus einer Heilanstalt entwichen sind. Sie sind nicht richtig im Kopf. Irre, wenn Sie meine Ansicht hören wollen. Und davon gehe ich nicht ab.«
»Charly, du bist wahnsinnig!« rief Muriel. »Wie kannst du so etwas nur sagen!«
»Nein, sie ist verrückt.«
Beide hörten Sheilas leises Lachen. »Ich weiß, daß es seltsam klingt, aber ich diene tatsächlich dem Teufel.«
Charly Rainbird ließ sich nicht beirren. »Aus welcher Anstalt sind Sie geflohen?«
»Ich komme aus keiner Anstalt.«
»Sondern?«
»Aus einem Grab!«
Das war der zweite Hammer innerhalb weniger Sekunden, den Muriel und Charly Rainbird zu verkraften hatten. Der Mann verzog das Gesicht, als hätte man ihm Essigwasser zu trinken gegeben. Er schüttelte den Kopf, schluckte ein paarmal und holte tief Luft. »Sie… Sie kommen also aus dem Grab, wie Sie selbst sagten.«
»Ja und nein.«
»Was soll das denn wieder heißen?«
»Mein Grab ist die Hölle.«
Charly grinste. »Und es befindet sich auf diesem Friedhof, wenn ich das richtig sehe.«
»Genau.«
»Können Sie es uns zeigen?«
»Wenn Sie mitkommen wollen und Zeit genug haben, mache ich es gern.«
Charly drehte den Kopf und warf seiner Frau einen fragenden Blick zu.
Muriel war die ganze Sache sichtlich unangenehm. Hinzu kam die seltsame Furcht, die sie verspürte, und sie überließ die Entscheidung ihrem Gatten.
»Dann gehen wir«, sagte er. Seine Stimme klang nicht mehr so forsch.
Aber er hatte einmal in den sauren Apfel gebissen und mußte ihn auch essen.
»Wollt ihr den Teufel sehen?« fragte Sheila.
»Natürlich.«
»Ihr werdet ihm auch dienen müssen.«
»Machen wir alles«, erklärte Charly lässig.
»Bitte, ich…« Muriel mischte sich ein. »Charly, ich möchte nicht mitgehen…«
»Unsinn. Sie will uns doch nur zu ihrem Grab führen. Kommt, ich bin sehr gespannt.«
»Das könnt ihr auch sein«, sagte Sheila, drehte sich und ging vor.
Die Sache war den beiden schon mehr als unheimlich. Sicherheitshalber faßte Charly Rainbird die Frau an. Er fühlte unter seinen Fingern die Haut. Für ihn ein Zeichen, daß er es nicht mit einem Geist zu tun hatte, sondern mit einer normalen Person. Das war schon wichtig. Sie schritten den breiten Weg entlang. Muriel hatte den Kopf gesenkt und schaute auf ihre Fußspitzen. Sie wollte nicht sehen, wohin sie gingen. Es war ihr alles unheimlich, wenn sie nur an die schrecklichen Gräber dachte, die den Weg säumten.
Die Grabsteine bereiteten ihr Angst. Sie wirkten bedrohlich, auch wenn sie keine Menschen waren, sondern eine tote Materie.
Es war in der Tat ein Heldenfriedhof. Fast jeder der hier Begrabenen hatte einen besonderen Grabstein bekommen. Die Inschriften erzählten von Ehre und Treue, doch was nutzte dies schon einem Toten?
Hin und wieder, wuchsen die sorgfältig gestutzten und beschnittenen Bäume dichter zusammen. Da war dann nicht mehr soviel Platz für die Grabsteine. Manchmal erkannten sie hinter den Bäumen einen langen, kopfhohen Schatten. Es war eine dichte grüne Hecke, die den Heldenfriedhof einzäunte.
Sheila ging einen Schritt vor, während sich Muriel und Charly hinter ihr hielten und sich an den Händen faßten. Besonders Muriel fiel es sehr schwer, ein Zittern zu unterdrücken. Sie hatte schlichtweg Angst, denn über dem Friedhof lag eine seltsame Dunkelheit, eine Mischung zwischen Schwarz und Grau. Am Himmel türmten sich die Wolken zu skurrilen Gebilden, die der Wind zerfetzte, wenn er hineinfuhr.
Es hätte nur noch der Vollmond gefehlt, um die Gruselatmosphäre perfekt zu machen. Beide sprachen nicht. Auch Sheila hielt den Mund. Sie
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