0288 - Der Gangster floh in meinem Wagen
abservieren lassen.«
Walter schüttelte den Kopf. »So dumm ist Ho Chang nicht, Jerry, er kann es sich an den Fingern abzählen, dass wir nach seinem Anruf in der Zentrale Bescheid gesagt haben, wo wir hin sind.«
Wir legten uns einen Plan zurecht, wie wir vorgehen wollten. Schließlich einigten wir uns darauf, in der gleichen Richtung vorzugehen. Zwei von uns sollten immer in einem Gang auf beiden Seiten des Gewölbes suchen, während der andere im Hauptkanal Posten bezog.
Wir suchten erst einmal das kurze Stück bis zu den East River-Docks ab. Außer der schaurig stinkenden Brühe machten wir dabei keine Entdeckungen. Enttäuscht kehrten wir zu unserem Ausgangspunkt zurück und nahmen uns den Abschnitt bis zur Front Street vor.
***
Es war sechs Uhr, als ich auf einen toten Kanalarm stieß. Ich nahm die starke Taschenlampe in die linke Hand und zückte mit der rechten meine Special. So tastete ich mich langsam vorwärts. Ein paarmal rutschte ich auf dem seifigen Untergrund aus. Obwohl kein Wasser mehr durch diesen Kanal floss, war der Boden glitschig und mit einer dicken Schmierschicht bedeckt.
Plötzlich entdeckte ich die deutlichen Fußabdrücke. Mein Herz begann zu pochen. Ich war nun sicher, auf der richtigen Spur zu sein. Weiter hinten machte der Gang einen Knick. Auf den letzten Yards schaltete ich die Lampe aus und tastete mich durch das Dunkel an der Wand entlang.
Meine Hände spürten den Knick. Ich schob mich noch ein Stück weiter vor und blieb dann stehen. Noch einmal holte ich tief Luft und schaltete dann die Lampe an.
Was ich zu sehen bekam, versetzte mich in Erstaunen. Zehn Yards vor mir stand eine Bretterbude. Sie war aus massiven Eichenbrettern gezimmert. Es fehlten nur die Fenster.
Ich schlich mich langsam heran, bis ich vor der Tür stand. Als ich das Ohr dagegen legte, vernahm ich deutlich die tiefen Atemzüge eines schlafenden Menschen. Die Tür hatte keine Klinke, schloss jedoch auch nicht ganz. Daraus entnahm ich, dass sie innen nicht mit einem festen Riegel versehen war, sondern höchstens mit Haken und Ösen abgesichert war.
Ich umschloss den Griff meiner Lampe mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand und schob die anderen drei Finger in den schmalen Spalt. Ich war überrascht, als ein kräftiger Ruck genügte, um das provisorische Schloss aus den Fugen zu reißen. Das Holz splitterte, als die Tür aufflog.
■ Im Schein der Taschenlampe sah ich einen Tisch und eine Holzbank. In der rechten hinteren Ecke stand ein doppelstöckiges Bett. Ich sprang in die Bude und richtete den Lauf der Special auf einen stoppelbärtigen Mann, der sich schlaftrunken im unteren Bett aus den Kissen wühlte und in meine Lampe blinzelte.
Bevor er sich von seiner Überraschung erholte, schloss ich mit einer Doppelhandschelle seine rechte Hand an den linken vorderen Bettpfosten. Dieser Schrägsitz, bei dem er den Oberkörper noch vornüber beugen musste, machte ihn völlig aktionsunfähig.
Auf dem Tisch stand eine Petroleumlampe, die ich nun anzündete. Dann sah ich mich genauer um. Auf dem oberen Bett lag Jimmy Reads. Die Hände hatte man an die Bettpfosten gefesselt und den Mund mit einem Knebel verschlossen. Er starrte mich an wie das siebte Weltwunder.
Ich befreite ihn und massierte erst einmal seine Handgelenke.
»Mensch, Jerry! Ich dachte schon, ich bliebe hier lebendig begraben.«
Er hatte kaum Kraft, mir die Hand zu geben. Ich half ihm herunter, und er setzte sich erst einmal auf die Bank. Dann fragte er nach einer Zigarette. Nachdem er die ersten Züge gemacht hatte, deutete ich auf den gefesselten Mann.
»Wer ist das?«
Jimmy zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, Jerry! Die Chinesen die mich hier abgeliefert haben, nannten ihn Bill.«
Ich ging hinaus und setzte meine Signalpfeife an die Lippen. Ihr schriller Pfeifton brach sich an den Wänden und pflanzte sich mit zehnfachem Echo fort. Sekunden später wurde er von den Kameraden beantwortet.
Als ich wieder in die Bude zurückging, kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Erst jetzt sah ich, dass anstelle einer Rückwand ein Vorhang vorhanden war. Ich schlug ihn zurück, und was ich nun sah, machte mich sprachlos.
Große Kisten waren mit goldenen Uhren und Schmuckstücken gefüllt. Unter den Straßen New Yorks das reinste Juweliergeschäft!
Ich ging zu Jimmy zurück und sah ihn an.
»Das begreife ich nicht, Jimmy.«
»Da staunst du, was? Ich habe auch dumm aus der Wäsche geguckt. Der Teufel mag wissen, wie der Kerl an all das
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