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029 - Der tätowierte Tod

029 - Der tätowierte Tod

Titel: 029 - Der tätowierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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sie schien nun zu leben – wie die Schlangenaugen auf der Brust der Frau. Die Klaue ballte sich zu einer Faust zusammen und öffnete sich dann wieder, als wollte sie die dämonische Kraft erproben, die in ihr steckte.
    Stolowski gab einen unartikulierten Laut von sich und erteilte Dorian einen Stoß, daß er durch den Vorhang stürzte. Der Dämonenkiller verlor den Halt; sein Fuß trat ins Leere, und er stürzte die Steintreppe hinunter. Instinktiv rollte er sich zusammen. Er wäre wohl bis zum Ende der Treppe gerollt, wäre er nicht auf halbem Weg gegen ein weiches, nachgiebiges Hindernis geprallt. Jemand fluchte schrill. Dorian spürte, wie Arme nach ihm schlugen und Beine gegen ihn traten. Er lag auf dem Rücken. Die leuchtende Kralle kam herangetanzt. Sie strahlte ein kaltes Licht aus, das das Treppenhaus ausleuchtete.
    Dorian erblickte schemenhaft einige Gestalten, und dann sah er in das Gesicht Namiks – des Nadelstechers, der einer seiner Entführer gewesen war.
    Von oben erklang wieder der langgezogene, unmenschliche Schrei.
    Stolowski kam wie eine Furie die Treppe herunter. Er fauchte einem Raubtier gleich. Dorian bekam einen Fußtritt ins Gesicht. Er packte das Bein und drehte es am Knöchel herum. Die schattenhafte Gestalt segelte durch die Luft und prallte irgendwo mit dumpfern Schlag auf der Treppe auf. Babek, der Mann mit den gekrümmten Opferdolchen, erschien. Er hielt die Klingen der Dolche wie eine Schere überkreuzt.
    Dorian konnte sich leicht aufrichten; und da sah er etwas, das ihm den Atem raubte. Stolowski stand wie ein Racheengel da. Auf seiner Brust ballte sich die halbfertige Klaue zu einer Faust. Namik sprang ihn mit einer der gewundenen Nadeln an und stieß sie ihm mit aller Wucht in die Brust. Stolowski erzitterte und stand im nächsten Augenblick steif wie eine Säule da. Nur die tätowierte Klaue auf seiner Brust hatte noch ein Eigenleben.
    Babek mit den zwei Dolchen sprang Stolowski an und machte einige Schnitte – so schnell, daß das Auge den Bewegungen nicht folgen konnte. Er löste die Hornhaut von Stolowskis Brust. Der Russe brach ohne Bewußtsein zusammen. Die Hornhaut flatterte wie der abgetrennte Flügel eines Vogels durch die Luft.
    Danach lief alles noch schneller ab. Namik spießte die durch die Luft segelnde Hornhaut mit seiner Nadel auf. Babek durchstieß sie mit einem Opferdolch. Ein dritter Nadelstecher hielt einen Bambusrahmen hoch und spannte die Hornhaut mit der tätowierten Klaue darauf. Und dann stürmten alle Nadelstecher mit Triumphgeheul davon.
    Stille kehrte im Treppenhaus ein.
    Dorian war nun wieder er selbst. Er schleppte sich zu Stolowski, der flach atmete, sich aber leicht bewegte.
    »Stolowski«, raunte er ihm zu, »aufwachen! Wir müssen fort von hier.«
    Der Russe schlug die Augen auf, erhob sich und fiel wieder auf die Steinstufen zurück. Dorian packte ihn einfach unter der Achsel und schleppte sich mit ihm die Treppe hinunter. Als sie wieder draußen auf der überdachten Straße des Basars waren, hatte Stolowski die Kraft, sich selbst auf den Beinen zu halten. Er war aber noch immer benommen und so verwirrt, daß er nicht zu merken schien, was mit ihm passierte.
    Sie verließen den Basar. Dorian rief ein Taxi und nannte dem Fahrer die Adresse des »Cibyra Oteli«. Während der Fahrt durchsuchte er die Taschen des völlig apathischen Stolowski und nahm ihm ein Bündel Banknoten ab.

    Sie ließen sich eine kräftige Mahlzeit auf Dorians Zimmer bringen. Da Dorian keine Lust hatte, die türkische Küche auszuprobieren, hatte er eine heiße Brühe mit Reis und ein saftiges Steak bestellt; auch für Stolowski. Danach war der Russe so weit in Ordnung, daß sie sich über die vorangegangenen Ereignisse unterhalten konnten.
    Stolowski hatte alle Einzelheiten behalten; er wußte auch noch genau, was in dem engen, schummerigen Raum mit ihm geschehen war; er erinnerte sich auch noch schaudernd daran, wie ihm die Nadelstecher die Hornhaut von der Brust abgezogen hatten; aber er verspürte keine Nachwirkungen mehr, hatte überhaupt keine Schmerzen; und was das Verblüffendste war: auf seiner Brust war keine Wunde zurückgeblieben.
    Nachdem sie gegessen hatten, rief Dorian bei der Rezeption an. Nein, sagte man ihm, Herr Suslikow und Herr Petrow seien noch nicht wieder zurückgekommen. Dorian sah sicherheitshalber in den beiden Zimmern nach. Suslikow und Petrow waren nicht da.
    »Demnach müssen wir annehmen, daß mit ihnen das gleiche passiert ist wie mit Ihnen,

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