0292 - Der Bahnhof im Weltraum
Sie tun, was ich verlange?" fragte er den Forril.
„Ja", krächzte Orrak.
Fünfzehn Minuten später war das Schiff wieder in der Gewalt von Deproks Sippe. Der alte Ganzvater schien sich des Sieges jedoch nicht richtig freuen zu können.
„Sie haben ein Tabu gebrochen", sagte er zu Redhorse. „Orrak kann die Schande nur auslöschen, wenn er Sie tötet."
„Seit wann bringen die Forrils jemanden um?" erkundigte sich Redhorse.
„Was wissen Sie von den Forrils, Fremder?" fragte Deprok bitter.
Für Redhorse kam die Einsicht, daß er einen Fehler begangen hatte, zu spät. Andererseits durfte er auf die Sitten der Forrils keine allzu große Rücksicht nehmen. Nur mit Entschlossenheit konnten seine Männer und er ins Bahnhofsinnere gelangen. Denn nur im Reich des Großen Waza, wie die Forrils die Zentrale nannten, gab es einen maahkschen Hypersender und Unterlagen über die Weltraumbahnhöfe der Methanatmer, doch davon konnte Redhorse den Forrils nichts sagen.
*
Zwei Tage verstrichen, ohne daß sich irgend etwas ereignete.
Die fünf Terraner konnten sich frei im Schiff bewegen, aber man hielt die Helme ihrer Schutzanzüge versteckt, so daß sie das Schiff nicht verlassen konnten. Redhorse sprach Deprok wiederholt wegen der Wazala-Kämpfe an, doch der Sippenälteste gab nur ausweichende Antworten. Als Redhorse immer ungeduldiger wurde, erneuerte Deprok sein Versprechen, für den Major eine Teilnahmeerlaubnis zu erwirken.
Redhorse hatte erfahren, daß die Kämpfe in einem besonderen Schiff stattfanden Nicht alle Sippen durften zu jeder Veranstaltung Kämpfer schicken. Die Terraner erfuhren nie, nach welchem Verfahren die Teilnehmer ausgewählt wurden, aber Redhorse war überzeugt, daß die Methode gerecht war.
Zwei Tage, nachdem Orraks Sippe das Schiff verlassen hatte, erkrankten Doutreval, Surfat und Bradon an einer Nahrungsmittelvergiftung. Die drei Männer bekamen hohes Fieber und übergaben sich ständig. Die Forrils konnten ihnen nicht helfen.
Redhorse erfand eine mühselige Methode, um das brackige Wasser aus den hydroponischen Anlagen zu filtern. Er kochte es ab und kühlte es in der Klimaanlage. So konnten Papageorgiu und er den Kranken eine gewisse Linderung verschaffen.
Die Schiffbrüchigen lebten in einem kleinen Raum, zusammen mit drei arroganten Halbvätern, deren einzige Beschäftigung die Pflege ihres violetten Pelzes zu sein schien. Die Halbväter führten eine Art Drohnendasein, sie arbeiteten weder, noch kämpften sie für ihre Sippe. Da die Forrils sich Jedoch nur fortpflanzen konnten, wenn eine Dreiergruppe aus Ganzvater, Mutter und Halbvater zusammenkam, duldeten die stolzen Ganzväter die Anwesenheit der geckenhaften Violettpelze.
Die Stellung der Mütter in diesem eigenartigen System war schwer zu verstehen. Mütter redeten selten und schienen die Abneigung der Ganzväter gegenüber den Halbvätern nicht zu teilen. Ganzväter sprachen gern und oft von Mut und Tapferkeit, die rotpelzigen Mütter besaßen beides.
Redhorse, der keine Gelegenheit verstreichen ließ, um sich mit den Forrils zu unterhalten, erfuhr zu seinem Erstaunen daß in alten Legenden noch verschwommene Vorstellungen von den Maahks existierten. Irgendwann vor fünfzigtausend Jahren hatten die Forrils die ankommenden Robotschiffe der Maahks kurzerhand beschlagnahmt und auf der Plattform verschweißt. Im Laufe von Generationen hatten sich die Pelzwesen dann aus dem Bahnhof zurückgezogen und ausschließlich an Bord der Schiffe gelebt.
Allmählich war die wahre Bedeutung des Bahnhofs in Vergessenheit geraten. Der Waza-Kult entstand. Redhorse wußte mit Sicherheit, daß der Große Waza nichts anderes war als der Hauptschalter in der Zentrale des Bahnhofs.
Vor Jahrtausenden hatten die Forrils ab und zu einige Ganzväter in den Bahnhof geschickt, um die üblichen Kontrollen vorzunehmen. Aus dieser Gepflogenheit waren allmählich die Wazala-Kämpfe entstanden. Nur ein gekrönter Wazala durfte in das Heiligtum des Bahnhofs eindringen, dort Luft schnappen, Geräte beschnüffeln und einen winzigen Gegenstand als Beweis seiner Anwesenheit mitnehmen.
Redhorse war entschlossen, an diesen Kämpfen teilzunehmen, um auf diesem Weg in den Bahnhof zu gelangen.
Seine Befürchtungen, daß auch Papageorgiu und er erkranken würden, erwiesen sich bald als grundlos. Das Fieber der Kranken ging zurück, und ein paar Stunden später konnte Surfat bereits wieder von der scharfen Suppe essen, die sie von den Forrils erhielten.
Weitere Kostenlose Bücher