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0298 - Im Haus der schlimmen Träume

0298 - Im Haus der schlimmen Träume

Titel: 0298 - Im Haus der schlimmen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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wachsende Unruhe ein wenig, wenn auch nicht viel.
    Es wird ihm doch nichts passiert sein, dachte der früh gealterte Mann mit dem dünnen grauen Haupthaar. Der Gedanke an ein Unglück ließ ihn zittern. Mit bebenden Fingern angelte er erneut nach der Flasche auf dem Tisch und bediente sich ausgiebig daraus. Das Zittern blieb..
    Er wechselte zum Kühlschrank, um schwerere Geschütze aufzufahren. Eine halbvolle Whiskyflasche zwinkerte ihm bereitwillig entgegen. Hugh Dorsay spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach, aber er konnte gar nicht anders. Das Verlangen war viel zu groß. Begierig setzte er den Flaschenhals an die spröden Lippen und goß in sich hinein.
    Seit dem Verlust seiner Frau und dem Beginn seiner Arbeitsunfähigkeit brauchte er das - täglich mehr. Der Mann war ein körperliches Wrack, rettungslos in einem Teufelskreis gefangen. Aus Kummer hatte er mit dem Trinken angefangen, und nun hatte ihn die Sucht fest im Griff. Wenn Rod nicht gewesen wäre…
    Hugh wollte gar nicht daran denken, was dann wäre. Im Dorf brachte man ihm viel Verständnis entgegen. Jeder wußte, wie schwer ihn das Schicksal geschlagen hatte. Doch die alten Freunde ließen sich auch kaum noch blicken, hockten lieber in geselliger Runde im Pub, während er fast nicht mehr fähig war, das Haus zu verlassen.
    Und jetzt blieb auch noch Rod fort…
    Irgend etwas ist passiert, redete sich Hugh Dorsay immer stärker ein. Ich spür’s…
    Er stand am Küchenfenster und blickte verschwommen hinaus auf die Straße, wo der Junge jeden Augenblick auftauchen konnte - schon längst hätte auftauchen müssen.
    Eine Panne… Vielleicht streikt der Traktor, dieser alte Rosthaufen, überlegte Dorsay. Gewundert hätte es ihn nicht.
    Die Dunkelheit fiel über das Dorf. Dorsay wankte zum Lichtschalter und knipste eine schwache Vierzig-Watt-Birne an. Anschließend setzte er sich an den Tisch, verschränkte die Arme auf der Tischplatte, legte den schwer gewordenen Kopf darauf und döste ein.
    Als er wieder wach wurde, zeigte die Küchenuhr fast halb zehn.
    Rod war immer noch nicht da.
    Dorsay erhob sich schwerfällig und stolperte durch den engen Korridor zur Hintertür, öffnete sie und spähte mit ziemlicher Schlagseite auf den dunklen Hof hinaus.
    Nein, der Traktor mit dem Pflug stand auch nicht an seinem üblichen Abstellplatz…
    Hugh Dorsay drehte sich um und wollte wieder im Haus verschwinden, als sich von hinten aus der Finsternis eine Hand auf seine Schulter legte und ihn mitten in der Bewegung stoppte…
    ***
    »Da!« hörte Zamorra die vertraute Stimme des TT-Herausgebers Gilbert Atkins, als die Fackelträger ihn fast erreicht hatten. »Da vorn ist er!«
    Vier, fünf Männer rückten heran. Darunter der Wirt des »Ye Public House« und drei andere, von denen Zamorra annahm, daß sie auch in der vorherigen Nacht dabeigewesen waren, als man die Tochter von O’Keefe gesucht hatte. Atkins mußte sie in aller Eile zusammengetrommelt haben.
    »Nicole«, war das erste Wort des Parapsychologen, als er im Fackelschein vor die Gruppe trat. »Wo ist meine Begleiterin, Atkins?«
    Seine Stimme klang rauh und zitterte leicht, weil er sich insgeheim vor der Antwort fürchtete. Und der Lokalredakteur bestätigte ihm mit dem nächsten Satz, daß er Grund dazu hatte.
    »Ihre Begleiterin?« wiederholte Atkins zögernd und mit leicht gerötetem Gesicht. »Sie wollte nicht mitkommen… Wollte hierbleiben und auf Ihre Rückkehr aus dem Spukhaus warten!«
    »Verflucht!« Zamorra drehte sich um und blickte auf den Platz zurück, wo das Haus gestanden hatte.
    »Wo ist es?« meldete sich O’Keefe zu Wort und trat so dicht an Zamorra heran, daß dieser glaubte, die Körperwärme des Mannes zu spüren. Der Wirt schwitzte wie ein Walroß. Der Blitzmarsch vom Dorf hierher hatte seinen Puls hochgejagt. Im Mondlicht und Fackelschein war deutlich sein feuchtglänzendes Gesicht auszumachen.
    »Das Haus… Wo ist es?« wiederholte O’Keefe, und deutlich hörte Zamorra jetzt den drohenden Unterton heraus, der zweifelsohne ihm galt. Offensichtlich machte der Wirt ihn direkt oder indirekt für das Verschwinden des unheimlichen Gebäudes verantwortlich - und damit auch für das Verschwinden seiner Tochter oder dessen, was von ihr im Innern des Hauses an der Wand zurückgeblieben war!
    »Weg«, antwortete der Parapsychologe lakonisch. »Oder sehen Sie es irgendwo?«
    O’Keefe knurrte wie ein gereizter Grisly. »Und wohin?«
    Zamorra zuckte die Achseln.
    »Haben Sie das getan?«

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