0299 - In diesem Zimmer haust die Angst
über meinen Kopf und kappte den gefährlichen Tentakel ungefähr in der Mitte.
Ein Teil fiel zu Boden und zuckte dort weiter, wobei es in den Staub hieb und diesen zu einer Wolke in die Höhe schleuderte.
Inzwischen hatte Suko zu einer anderen Waffe gegriffen. Es war die Dämonenpeitsche. Er hielt sie in der Hand, schlug einmal einen Kreis und ließ die drei Riemen aus der Öffnung kippen.
Bevor ihn der zweite Tentakel erreichen konnte, sprang Suko über ihn hinweg, geriet in die Nähe der liegenden Frau und schlug zu.
Sie streckte im selben Moment ihre Arme aus und wurde an den Händen von der Peitsche getroffen.
Diesem Treffer konnte sie nichts entgegensetzen. Die Magie der Peitsche reichte auch für das Wesen aus.
Die Frau stieß dumpfe Geräusche aus. Vor ihrem Mund zeichneten sich Blasen ab, die zerplatzen und dann einen nach Fisch riechenden Krakenschleim entließen.
Es war ein schlimmes Bild. Wir wollten es beide nicht sehen und drehten uns ab.
Als wir wieder hinschauten, gab es keinen Menschen mehr. Nur noch eine Masse, die in etwa die Form eines Kraken aufwies und dabei von einer Lache eingehüllt war.
Suko schüttelte sich. »Aus dem Meer sind wir gekommen. Vielleicht gelangen wir dort wieder hin«, sagte er mit dumpfer Stimme und hatte gar nicht mal so unrecht.
Wir hörten Schritte und sahen Kara. Sie lief über die Straße. Die Klinge der Waffe glänzte, und während des Laufens schon sprach sie uns an. »Ich hörte einen Schuß, was ist…«
Wir deuteten auf die Lache.
Kara blieb stehen. »Ein Mensch?« hauchte sie.
Ich nickte. »Ja, es war eine Frau. Sie ist mit der Krakenmagie in Berührung gekommen.«
»Wie grausam…« Kara drehte sich um und schaute in die Richtung zurück, aus der sie gekommen war.
»Hast du etwas entdeckt?« fragte Suko.
»Nein. Aber das Haus ist nicht leer.«
»Wieso?«
»Die Bewohner müssen etwas gespürt haben. Sie sind allesamt in den Keller gegangen und haben sich dort verkrochen. Ich hörte ihre Gebete durch die verschlossenen Türen. Woher ist diese Frau denn gekommen?« wollte sie noch wissen.
Ich zeigte auf den Eingang.
Kara schluckte. »Dann wird dieser Krakenmensch dort gewütet haben«, vermutete sie.
»Wir nehmen es an.«
»Wir müssen das Haus von oben bis unten durchsuchen«, sagte Suko. »Und auch darauf gefaßt sein, daß man uns erwischt.«
Da gab ich ihm recht. »Diesmal sind wir zu dritt und bleiben es auch. Ich will nicht, daß Kara allein geht.«
»Du vergißt, daß ich…«
Ich wußte genau, was sie sagen wollten. »Und wenn die Wirkung des Tranks vorbei ist? Dann stehst du da und bist ebenso verletzbar wie wir auch. Nein, wir bleiben zusammen.«
Die Schöne aus dem Totenreich hatte keine Einwände, und Suko deutete durch ein Nicken an, daß er bereit war. »Kommt endlich« sagte er. »Wir müssen es hinter uns bringen.«
Über die Lache stiegen wir hinweg und näherten uns dem Eingang. Einzeln betraten wir das Haus.
Suko wollte den Anfang machen, da er die wirksamste Waffe besaß. Er holte noch einmal tief Luft und stieß sich ab. Ein großer Sprung brachte ihn über die Schwelle. Vor unseren Augen verschwand er und wurde von der Dunkelheit des Hauses geschluckt.
»Jetzt du«, sagte Kara.
Auch ich sprang über die Schwelle, konnte allerdings kaum ausweichen, weil der Flur zu eng war und ich gegen meinen Partner prallte, der unwillig brummte.
Dieses Haus unterschied sich in nichts von dem Gebäude, in dem wir gefangen gewesen waren.
Kara folgte.
Sie huschte wie ein Schatten in das Innere, das Schwert mit der goldenen Klinge stoßbereit in der rechten Hand haltend. Sie ging einige Schritte vor, blieb erst dann stehen und drückte sich gegen die Flurwand.
»Machen wir Licht?« hauchte Suko fragend.
Ich war einverstanden, und schon bald leuchteten unsere kleinen Bleistiftlampen. Sie schnitten die Dunkelheit ein wenig auf, und wir entdeckten den gleichen Schmutz wie im ersten Haus. Niemand räumte hier auf, keiner sorgte für Ordnung, den Menschen war es egal.
»Ich werde im Keller nachschauen«, sagte Kara uns.
»Weißt du denn, ob es einen gibt?« fragte ich leise.
»Ja.«
Suko mischte sich ein. Er leuchtete während seiner Frage in die Runde. »Wollten wir nicht zusammenbleiben?«
»Das stimmt. Ich gehe auch nicht in den Keller, sondern leuchte nur hinein.«
»Mach schon«, sagte ich.
Die Schöne aus dem Totenreich wußte genau, wohin sie sich zu wenden hatte. Wir sahen sie den schmalen Flur entlanggehen, zur
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