03 Arthur und die Stadt ohne Namen
zu tun haben.«
»Ein unangenehmer Mensch«, erinnerte sich ihr Mann. »Ich hatte immer das Gefühl, er wollte nicht, dass ein anderer als er sich dieser Sache annimmt.«
»Wir haben ihn auch als arrogant und zugeknöpft erlebt«, sagte ich. »Er tut so, als seien wir kleine Kinder, die nicht wissen, was sie tun.«
»Das passt zu ihm. Diese Arroganz haben wir auch mitbekommen. Trotzdem hat er uns einige Dinge verraten, die wir noch nicht wussten. Zum Beispiel, dass wir das Buch der Leere brauchen und dass wir es in Edinburgh finden.«
»Aber wir haben es nicht entdeckt«, fuhr seine Frau fort. »Damals hätten wir aufhören sollen. Aber dann bekamen wir Besuch von einem mysteriösen Unbekannten, der sehr viel über die Schatten zu wissen schien. Kein Wunder, er war ja selber einer von ihnen.« Sie stieß ein bitteres Lachen aus.
Ihr Mann ergriff wieder das Wort. »Er beteuerte, er habe sein unsterbliches Dasein satt und wollte uns dabei helfen, die Stadt ohne Namen zu betreten und die Schatten mit seinem und unserem Wissen zu besiegen. Wir haben lange überlegt, ob wir seiner Aufforderung nachkommen sollen. Aber die Aussicht, die Schatten zu besiegen, war zu verführerisch. Dabei hätten gerade wir es besser wissen sollen.«
»Du meinst, das war alles nur ein Vorwand, um euch hierhin zu locken?«, fragte Larissa.
»Wer weiß? Möglich ist es, denn wenn wir eins gelernt haben, ist es das: Die Schatten denken und planen langfristig. Vielleicht war all das nur der Anfang einer Reihe von Ereignissen, an deren Ende ihr nun hier steht.«
»Haben Sie diesen angeblich abtrünnigen Schatten denn wiedergesehen?«, wollte ich wissen.
Er schüttelte den Kopf. »Nicht in der Form, in der er uns damals besucht hat. Wir wissen also nicht, ob es ihn wirklich gegeben hat oder alles nur eine Täuschung war. Heute denke ich, dass wir von Anfang an in eine Falle gelaufen sind.«
»Keine Sorge«, sagte Larissa. »Wir werden euch da rausholen. Die Schatten werden den Tag noch verfluchen, an dem sie sich mit uns angelegt haben.«
Sie sah mich herausfordernd an. Ich machte gute Miene zum bösen Spiel und nickte, obwohl ich alles andere als überzeugt war. Aber das durften wir ihren Eltern nicht zeigen.
»Ihr werdet nichts ohne uns machen. Wir werden euch begleiten«, sagte Larissas Mutter. Ihr Ton ließ keinen Widerspruch zu. »Ich habe meine Tochter nach zehn Jahren endlich wieder und soll sie alleine in die Stadt ohne Namen ziehen lassen? Auf keinen Fall.«
Sie zog Larissa an sich. Ich war im Grunde ganz froh, unerwartete Unterstützung zu bekommen. Auch wenn wir damit immer noch weit entfernt von einem richtigen Plan waren. Erst jetzt, so kurz vor dem Ziel, wurde mir bewusst, wie wenig wir darüber nachgedacht hatten, was wir tun sollten, wenn wir die Stadt ohne Namen erreichten.
»Ist die Stadt der Schatten denn wirklich hier in der Nähe?«, wollte ich wissen.
Die beiden nickten. »Es ist nicht weit. Allerdings können wir euch den Weg dorthin nicht zeigen, denn wir sind damals von Chalid und seinen Leuten mit verbundenen Augen hinein- und wieder fortgebracht worden.«
Hayyid stieß einen warnenden Laut aus. »Es kommt jemand.« Im Nu krochen wir durch die Plane aus dem Zelt. Wir warteten im Schatten der Düne, was geschehen würde. Aber es war nur ein Mann, der offenbar kontrollieren sollte, ob bei den Gefangenen alles in Ordnung war.
Kaum war er zu seinen Gefährten zurückgekehrt, krochen wir ins Zelt zurück. Larissas Eltern erzählten uns, dass sie anfangs mehrmals versucht hatten zu fliehen, allerdings jedes Mal von Chalid wieder eingefangen worden waren.
»Ein ganzes Jahr haben wir in einem dunklen Loch verbracht, bevor man uns wieder erlaubt hat, hier draußen zu leben. Wir bestellen das Feld für unsere Kidnapper und kümmern uns um die Tiere. Im Gegenzug lassen sie uns weitgehend in Ruhe.«
»Und die Schatten?«, fragte ich.
»Mit denen haben wir keinen Kontakt«, sagte Larissas Mutter. »Alles läuft über Chalid. Er ist der Einzige, der die Stadt ohne Namen betreten darf. Nur das eine Jahr unserer Gefangenschaft waren wir dort eingesperrt.« Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie etwas aus ihrem Schädel herausbefördern. »Was wir dort gesehen haben, wünschen wir keinem – schon gar nicht unserer eigenen Tochter.«
Sie zog Larissa an sich. »Ich werde mir nie verzeihen, dass wir uns auf dieses Abenteuer eingelassen und dich allein zurückgelassen haben. Wir haben dich all die Jahre nicht beschützen
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