03 Arthur und die Stadt ohne Namen
also. Darauf wäre ich nicht gekommen.«
»Haben Sie denn auch nachgeforscht?«, fragte ich erstaunt.
»Ich habe die alten Schriften studiert, die Larissas Großvater in seinem Besitz hat. Einige davon waren selbst mir noch nicht bekannt. Aber es gab nirgendwo einen klaren Hinweis auf das Buch der Leere. Ich weiß wohl, dass es einst in Montpellier gesichtet wurde und später in Stockholm. Aber dort verlieren sich die Spuren.«
Er machte kehrt und stieg die Treppe hinunter. Wir folgten ihm.
»Edinburgh«, murmelte er vor sich hin. Dabei sprach er den Namen aus wie Edinboro .
»Sagt man nicht Edinbörg ?«, fragte ich.
»Was?« Er drehte den Kopf und blickte mich an, noch immer in seine Gedanken versunken.
»Sie haben den Namen der Stadt Edinboro ausgesprochen«, erklärte ich. »Ich dachte bisher, man sagt Edinbörg .«
»Nein, nein.« Er schüttelte energisch den Kopf. »Ich bin vor vielen Jahren einmal dort gewesen. In Schottland spricht man es Edinboro aus.«
Wir waren im Arbeitszimmer des Bücherwurms angekommen. Der Bibliothekar ging zum Schreibtisch und griff zum Telefon. »Ich kenne in Edinburgh einen Antiquar, der euch sicherlich Unterkunft geben kann«, sagte er. »Er heißt Craig Campbell und ist auch ein alter Freund eures Großvaters. Wir haben uns zwar schon einige Zeit nicht mehr gesprochen, aber er wird euch bestimmt helfen. Ich werde ihn anrufen und ihn über euer Kommen informieren.«
Er tippte eine Nummer ein und wartete. Es dauerte fast zwei Minuten, bis am anderen Ende jemand ans Telefon ging. Der Bibliothekar begann mit ihm in einer Sprache zu sprechen, die ich nicht verstand. Ich vermutete, es handelte sich um Tschechisch. Wieso sprach er mit einem schottischen Buchhändler Tschechisch? Oder hatte er gar jemand ganz anderen am Telefon?
Da das Gespräch länger zu dauern schien, zogen Larissa und ich uns in die Küche zurück, um uns ein Brot zu machen. Es dauerte fast eine Viertelstunde, bis der Bibliothekar zu uns stieß.
»Das geht in Ordnung«, sagte er. Er hielt mir einen Zettel hin. »Hier habe ich euch die Adresse und Telefonnummer von Campbell aufgeschrieben. Er hat seinen Laden direkt im Stadtzentrum. Ihr solltet ihn also leicht finden können.«
Ich steckte das Stück Papier ein.
»Wann wollt ihr los?«, fragte der Bibliothekar.
»So bald wie möglich«, erwiderte ich. »Ich werde gleich mal die verfügbaren Flüge checken.«
»Braucht ihr Geld dafür? Oder eine Kreditkarte?«
Ich schüttelte den Kopf. »Larissas Großvater hat uns damit ausgerüstet. Wir haben eine Karte auf seinem Namen für Buchungen und eigene Karten für uns, wenn wir unterwegs sind.«
»Gut, gut. Dann wäre das ja geklärt.« Er wandte sich zur Tür. »Es ist spät. Ich werde noch ein wenig arbeiten und dann zu Bett gehen. Ihr solltet auch nicht mehr so lange machen.«
»Werden wir nicht«, sagte ich. Wir packten das benutzte Geschirr weg und kehrten zurück in mein Zimmer, um nach einem Flug zu suchen.
»Fandest du das nicht auch merkwürdig, dass er Campbells Nummer in Edinburgh auswendig kannte?«, fragte Larissa mich, während ich verschiedene Angebote durchforstete.
Ich überlegte kurz. »Vielleicht telefonieren sie häufiger miteinander.«
»Er hat aber behauptet, seit Jahren nicht mehr mit ihm gesprochen zu haben.«
»Ich weiß nicht ... Möglich, dass er einfach ein gutes Zahlengedächtnis hat.«
»Oder er wusste vorher, dass uns unsere Nachforschungen auf Edinburgh bringen würden.«
Ich blickte sie überrascht an. Auf den Gedanken wäre ich nie gekommen. »Du meinst, er hat die ganze Zeit gewusst, wo das Buch der Leere ist, und uns trotzdem suchen lassen?«
Larissa nickte. »Ich traue ihm nicht. Ich fand auch seine Überraschung darüber, dass es Edinburgh ist, ziemlich dick aufgetragen.«
»Für mich klang das echt«, sagte ich. »Und welches Interesse sollte er daran haben, uns etwas vorzuspielen?«
»Keine Ahnung. Auf jeden Fall kommt er mir nicht ganz sauber vor.«
»Aber dein Großvater hat in höchsten Tönen von ihm gesprochen. Und wir brauchen ihn! Er weiß viel, was für uns wichtig sein könnte.«
»Ich weiß.« Sie seufzte. »Kann sein, dass ich einfach nur zu misstrauisch bin. Aber mein Gefühl sagt mir, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Und das solltest du doch am besten verstehen können.«
Das konnte ich in der Tat. Gefühle waren sozusagen meine Bewahrergabe. Zumindest, solange es um die Vergessenen Bücher ging. In jeder anderen Hinsicht, zum Beispiel
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