03 Arthur und die Stadt ohne Namen
den Schatten unsere Bedingungen diktieren.«
»Sagt der Bibliothekar.«
Da traf sie natürlich einen wunden Punkt. Woher konnten wir wissen, ob die Aussagen unseres Gastes aus Prag auch wirklich stimmten?
»Er mag uns nicht besonders sympathisch sein, aber ich denke, er weiß einiges mehr als wir«, sagte ich. »Außerdem hat dein Opa ihm vertraut, und das sollte für uns Grund genug sein.«
Larissa nickte nachdenklich und wir gingen weiter.
Sobald wir uns zu Hause aus den dicken Winterklamotten geschält hatten, machten wir uns wieder an die Arbeit. Der Bibliothekar war kurz hervorgekommen, als er die Haustür hörte, und hatte sich nach dem Zustand des Bücherwurms erkundigt, bevor er erneut in dessen Arbeitszimmer verschwunden war.
Diesmal suchten wir parallel. Larissa brachte ihr Notebook zu mir ins Zimmer und gemeinsam durchforsteten wir das Web nach dem trommelnden Edwin. Die Stunden vergingen. Meine Augen wurden müde und meine Finger landeten immer häufiger auf der falschen Taste. Auch Larissa ließ ein erstes Gähnen hören.
»Noch eine Suche und dann Pause?«, fragte ich. Sie nickte.
Ich wollte zum Abschluss noch einmal in den Millionen Ergebnissen von »Edwin« ganz allein herumstöbern und tippte zum tausendsten Mal an diesem Tag das Wort in das Suchfeld. Als ich die Enter -Taste drückte, bemerkte ich, dass ich mich vertippt und das »w« vergessen hatte. Ich wollte gerade den fehlenden Buchstaben im Suchfeld ergänzen, als mein Blick auf eines der Suchergebnisse mit dem falsch geschriebenen »Edin« fiel.
Bingo!
Der verschollene Trommler
Meine Müdigkeit war mit einem Schlag verflogen. Eilig klickte ich auf den Link und landete auf einem englischen Wikipedia-Eintrag zum Thema Edinburgh.
»Ich glaub, ich hab was!«, rief ich Larissa zu, während ich den Artikel überflog. Edinburgh war die Hauptstadt von Schottland, das wusste ich bereits. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wie sie zu ihrem Namen gekommen war. Damit beschäftigte sich der Beitrag gleich am Anfang.
Larissa trat hinter mich und schaute mir über die Schulter, während ich den Text grob übersetzte.
»Der Name der Stadt stammt wahrscheinlich aus dem Keltischen ... vermutlich vom Wort Eidyn ... Das widerspricht der Theorie, dass die Stadt nach dem König Edwin benannt wurde ...«
»Edwin!«, rief Larissa.
Ich nickte. »Edinburgh ist eine alte Stadt, das könnte also passen. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, was es mit dem Trommeln auf sich hat.«
Jeder Gedanke an eine Pause war schlagartig aus unseren Köpfen verschwunden. Larissa hockte sich wieder hinter ihr Notebook und wir begannen unsere Suche erneut. Die nächsten beiden Stunden waren ein Grundkurs in der Geschichte Edinburghs.
Zunächst studierte ich den Wikipedia-Artikel gründlich. Dabei erfuhr ich unter anderem, dass Edinburgh rund eine halbe Million Einwohner hat und auch »Stadt der sieben Hügel« genannt wird. Die Historiker waren sich zwar weitgehend einig, dass König Edwin nicht der Namensgeber der Stadt war, aber woher der Name kommt, darüber besteht bis heute keine Klarheit. Die einen glauben, sie sei nach dem König Eitin benannt, andere vermuten, der Name stamme von der gälischen Bezeichnung Dùn Èideann ab, was so viel wie »Festung am Hügelhang« bedeutet.
Über Wikipedia gelangte ich zu zahlreichen weiteren Websites, die sich mit der wechselvollen und zum Teil sehr blutigen Geschichte der Stadt beschäftigten. Je mehr ich darin las, desto mehr festigte sich in mir die Vermutung, dass dies der Ort war, an den wir reisen mussten. Edinburgh war eine Stadt voller Geheimnisse, und mein Gefühl sagte mir, dass genau dort ein Bewahrer eines der Vergessenen Bücher verstecken würde.
Nach unserem Abenteuer im vorigen Jahr war ich allerdings vorsichtig geworden und wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen. Solange wir das Wort »trommelt« nicht richtig interpretiert hatten, war Edinburgh nur eine von vielleicht mehreren Möglichkeiten.
Einige Male hatte ich das Gefühl, ganz nah an der Lösung zu sein. So fand ich zum Beispiel einen Text über das Edinburgh Military Tattoo. Dabei handelt es sich um das größte Musikfestival Schottlands, in dessen Mittelpunkt die Auftritte der sogenannten Massed Pipes and Drums stehen, einer extra für das Festival zusammengestellten Militärkapelle aus etwa 180 Dudelsackspielern und Trommlern. Konnte sich der Hinweis aus dem Register darauf beziehen? Leider musste ich meine Schlussfolgerung schnell
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