03 Arthur und die Stadt ohne Namen
bereits über eine hoch entwickelte Landwirtschaftstechnologie.
Am Rande der Großen Wüste gelegen, kontrollierte Saba die sogenannte Weihrauchstraße, den Handelsweg von Südarabien ans Mittelmeer. Weihrauch und Myrrhe waren die begehrtesten und auch teuersten Räuchermittel der damaligen Zeit. Man setzte sie in Tempeln und bei rituellen Feiern ebenso ein wie für medizinische Zwecke, bei Mumifizierungen und bei öffentlichen Festlichkeiten.
Die Römer nannten den Jemen Arabia felix , glückliches Arabien. Sie versuchten, das Land mit seinen Reichtümern zu erobern, wurden jedoch von den vereinigten Stämmen des Landes vernichtend geschlagen.
Die Herkunft des Landesnamens selbst ist umstritten. Manche meinen, er heiße Die rechte Seite , denn dort liegt der Jemen, wenn man von Mekka aus nach Osten schaut. Die Jemeniten selbst führen es auf den Begriff Al-Yumn zurück, was so viel wie »Gunst« oder »Segen« bedeutet.
Sanaa, auch genannt die Stadt der neun Tore, liegt 2200 Meter über dem Meeresspiegel im Hochland. Die Legende besagt, Noahs Arche sei nach der Sintflut auf dem Berg Nukub gestrandet, und sein Sohn Sem habe daraufhin Sanaa in der Nähe gegründet. Damit wäre sie die älteste noch bewohnte Stadt der Welt, mit einer Geschichte von über zehntausend Jahren. Und wie es sich für einen so traditionsreichen Ort gehört, ist Sanaa auch Schauplatz zahlloser Sagen und Legenden, eine Stadt der Dschinns und Ifrits.
Sanaa war auch der Geburtsort Abdul Alhazreds, des Autors des Necronomicon, dessen Bild ich in Dubrovnik gesehen hatte. Hier soll er seine Jugendjahre verbracht haben, bevor er aus der Stadt vertrieben wurde und in der Wüste die Stadt ohne Namen entdeckte. Das stand natürlich nicht im Reiseführer, aber ich musste immer wieder daran denken. So wie Larissas Eltern waren wir dabei, den Spuren eines der berüchtigtsten Magier aller Zeiten zu folgen.
In Kairo mussten wir über zwei Stunden warten, bevor unser Flug nach Sanaa ging. Es war inzwischen kurz vor Mitternacht, und sobald ich im Flieger Platz genommen hatte, fiel ich sofort in einen unruhigen Schlaf.
Als wir in Sanaa landeten, war es noch Nacht und kühler, als ich erwartet hatte. Es konnten nicht viel mehr als 15 Grad sein, und ich fragte mich, ob es klug gewesen war, unsere dicken Jacken in Edinburgh zurückzulassen. In Kairo hatten wir die Wartezeit genutzt, um uns die neuen, leichten Klamotten anzuziehen, die wir kurz vor unserer Abreise gekauft hatten. In unseren Khakihosen, bauschigen weißen Hemden und hellen Sneakern sahen wir aus wie die Darsteller in einer der vielen Afrika-Schmonzetten, die regelmäßig im Fernsehen laufen.
Schlaftrunken kletterten wir mit den wenigen Passagieren, die außer uns hergereist waren, die Treppe aufs Rollfeld hinunter und wollten gerade zur Pass- und Zollkontrolle marschieren, als wir eine Stimme unseren Namen rufen hörten. Zwanzig Meter vom Flugzeug entfernt stand ein schwarzes Auto und daneben ein Mann, der uns zuwinkte. Er war ähnlich gekleidet wie wir, nur dass er über seinem Hemd noch einen beigen Pullover gegen die Kühle der Nacht trug.
Er stellte sich als Maurice le Chat vor und sprach Englisch mit einem kaum wahrnehmbaren französischen Akzent. »UN-Mitarbeiter müssen nicht durch die normalen Kontrollen«, erklärte er. »Das erspart euch unter Umständen eine Menge Scherereien.«
Wir kletterten auf den Rücksitz der Limousine. Maurice klemmte sich hinter das Steuer. Ich fragte mich, welche Beziehung zwischen dem Bibliothekar und ihm bestand. Le Chat war in jeder Hinsicht das Gegenstück des Pragers: Er war jung, kaum dreißig Jahre alt; sein Gesichtsausdruck war offen und freundlich; er hatte volles Haar und war elegant gekleidet. Was mochte die beiden miteinander verbinden?
Bevor ich die Frage laut äußern konnte, erreichten wir die Ausfahrt. Wir hielten vor einem Schlagbaum, neben dem zwei mit Maschinenpistolen bewaffnete Uniformierte standen. Maurice drehte sich zu uns um: »Eure Pässe, bitte.«
Er reichte die Dokumente einem der Wachtposten durchs geöffnete Fenster. Der warf einen kurzen Blick in jeden Pass, nickte und gab ihm die Papiere zurück. Die Schranke öffnete sich und wir verließen das Flugfeld.
»Jetzt müssen wir noch euer Gepäck holen«, sagte Maurice. Wenig später standen wir vor dem Terminal. Er bat um unsere Kontrollabschnitte und verschwand im Gebäude, nur um kurz darauf mit unseren Koffern zurückzukommen.
»Das ging aber schnell«, staunte
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