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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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einer der älteren Schüler, sondern ein erwachsener Mann?«
    »Das ist schwer zu glauben.«
    »Weil du meinst, daß es schwer zu glauben ist«, entgegnete St. James. »Weil es über die Grenzen von Anstand und Moral hinausgeht. Aber das trifft auf jedes Verbrechen zu, Tommy. Das brauche ich dir nicht zu sagen. Willst du Corntel schonen? Was für eine Rolle spielt er?«
    »Er war Matthews Hausvater.«
    »Und als Matthew verschwand?« »War er mit einer Frau zusammen.«
    »Zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens?«
    »Nein, da nicht.« Lynley wollte nicht daran denken, wie John Corntel ihnen am Sonntag nachmittag Matthew Whateley beschrieben hatte. Er verbot sich, aus der Art und Weise, wie der ehemalige Schulfreund bei der Schönheit des Jungen verweilt hatte, Schlüsse zu ziehen. Vor allem wollte er nicht an Corntels sexuelle Unerfahrenheit denken und an das, was die Gesellschaft einen über die seltsamen Neigungen von Männern lehrte, die in diesem Alter noch nie mit einer Frau zusammen gewesen waren.
    »Willst du aus alter Verbundenheit nicht an seine Schuld glauben, Tommy?«
    Aus alter Verbundenheit. Es gab keine alte Verbundenheit. Es konnte sie nicht geben, wenn es um Mord ging.
    »Es erscheint mir im Augenblick nur logisch, zunächst einmal der Spur der Kassette nachzugehen und zu sehen, wohin sie uns führt.«
    »Und wenn sie zu nichts führt?«
    Lynley antwortete mit einem müden Lächeln. »Es wäre nicht die erste Sackgasse in diesem Fall.«

    »Aus Argentinien wird nun doch nichts, Barbie«, sagte Doris Havers. In der einen Hand hielt sie eine Papierschere mit abgerundeten Enden, wie man sie Kindern im Kindergarten zum Ausschneiden gibt, in der anderen eine mit Fettflecken übersäte Reisebroschüre, die sie wie eine Fahne schwenkte, während sie weitersprach.
    »Es ist das Lied, weißt du, Kind. Das vom Weinen über Argentinien. Du weißt, welches ich meine. Ich hatte plötzlich das Gefühl, daß es uns ein bißchen deprimieren würde, wenn wir zu lange da bleiben. Soviel weinen, weißt du. Und deshalb dachte ich ... Was meinst du zu Peru?«
    Barbara stieß ihren tropfenden Regenschirm in den windschiefen Rattanständer neben der Tür und schlüpfte aus ihrem Mantel. Es war viel zu warm im Haus. In der Luft hing ein beißender Geruch nach feuchter Wolle, die zu nah ans Feuer gehalten worden war. Sie blickte zur Wohnzimmertür und überlegte, ob der Geruch von dort kam.
    »Wie geht es Dad?« fragte sie.
    »Dad?« Doris Havers kniff ihre wäßrigen Augen hinter den Brillengläsern zusammen. Auf dem rechten Glas saß ein großer Daumenabdruck. »Ich dachte, Peru ... die haben dort doch diese entzückenden Tiere. Die mit den großen braunen Augen und dem weichen Fell. Wie heißen sie gleich wieder? Ich will immer Kamel sagen, aber ich weiß, daß das nicht stimmt. Schau, hier ist ein Foto. Ist das nicht ein hübsches Tier? Wie nennt man sie, Kind? Ich weiß es nicht mehr.«
    Barbara nahm ihrer Mutter das Bild aus der Hand.
    »Das ist ein Lama«, sagte sie, gab die Broschüre zurück und wich ihrer Mutter aus, die sie am Arm festhalten wollte, um weiter mit ihr reden zu können. »Wie geht es Dad, Mama? Ist alles in Ordnung?«
    »Andererseits muß man natürlich auch an das Essen denken. Das macht mir wirklich Sorge.«
    »Essen? Was redest du da? Wo ist Dad?« Sie machte sich auf den Weg zum Wohnzimmer. Ihre Mutter lief ihr nach und hielt sie am Pullover fest.
    »Das Essen ist dort immer so stark gewürzt, Kind. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das gesund ist. Erinnerst du dich nicht an die Paella, die wir damals zu deinem Geburtstag gegessen haben? Sie war viel zu stark gewürzt. Uns ist allen schlecht geworden, weißt du noch?«
    Barbaras Schritte wurden langsamer. Sie drehte sich nach ihrer Mutter um. An der Wand im schmalen Flur bewegten sich ihre beiden ins Groteske verzerrten Schatten - der ihre breit und unförmig, der ihrer Mutter kantig mit wild abstehendem Haar. Durch die offene Wohnzimmertür sah sie direkt auf den Bildschirm des Fernsehapparates. Der Geruch nach verbrannter Wolle wurde stärker.
    »Paella?« Barbara kam sich vor wie eine Idiotin, wie sie völlig sinnlos alles wiederholte, was ihre Mutter sagte. Sie hatte das Gefühl, als zerbräche in dem Moment, wenn sie ihr Zuhause betrat, alle geistige Klarheit. Sie zwang sich, vernünftig zu sprechen. »Wie bist du denn jetzt auf die Paella gekommen, Mama? Das ist doch mindestens fünfzehn Jahre her.«
    Ihre Mutter lächelte, durch ihre

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