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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nicht über den Hof gehen.«
    Orten wandte sich seinem Schreibtisch zu, auf dem ein großer, schwarzer Ordner stand. Er schlug ihn auf.
    »Meine Enkel sind drüben bei Miss Roly in Erebos. Ich habe nach ihnen gesehen.«
    »Ihre Tochter ist doch im Krankenhaus?«
    »Ja.«
    »In welchem?«
    Orten drehte sich um. »Im St. John's. In Crawley.« Als er sah, daß Barbara sich eine Notiz machte, fragte er scharf: »Was soll das?«
    »Einzelheiten sind wichtig, Mr. Orten«, antwortete Lynley. »Ich würde gern einmal telefonieren, wenn das geht.«
    Orten schob Lynley mit unverhohlener Gereiztheit den Apparat über die Theke.
    Lynley wählte und ließ sich mit Dorothea Harriman verbinden, wartete jedoch nicht darauf, was sie ihm mitzuteilen hatte, sondern fragte, sein früheres Gespräch mit Barbara Havers noch im Kopf: »Hat Constable Nkata sich schon gemeldet, Dee?«
    Er hörte Papier rascheln und das Klappern einer Schreibmaschine.
    »Sie haben wieder mal Glück«, sagte Harriman. »Er hat vor zwanzig Minuten aus Exeter angerufen.«
    »Und?«
    »Nichts.«
    »Nichts?«
    »Genauso drückte er sich aus. ›Sagen Sie dem Inspector, nichts.‹ Ich fand's ja ein bißchen frech, aber das ist eben seine Art.«
    Lynley nahm sich nicht die Zeit, ihren irrigen Eindruck von der Nachricht des Constable zu korrigieren. Er verstand sie sehr genau. Nkatas Nachforschungen in Exeter bezüglich der Geburt von Matthew Whateley hatten bisher nichts erbracht. Barbara Havers' Ahnungen, daß Giles Byrne sie belogen hatte, schienen sich als richtig zu erweisen.
    »Die Dienststelle Slough«, fuhr Harriman fort, »hat sich gemeldet, und ich dachte, Sie würden die Information sofort haben wollen, Inspector. Die Autopsie ist abgeschlossen. Die Todesursache steht eindeutig fest.«
    »Und?«
    »Vergiftung.«
    Genau wie Lynley vermutet hatte: ein Gift, das man Matthew Whateley eingegeben hatte, während er oben in der Mansarde eingesperrt und gefesselt gewesen war; ein Gift, das schnell gewirkt hatte; das für einen Schüler zugänglich gewesen war ...
    Aber als Dorothea Harriman wieder sprach, zerstörte sie mit einem Wort sein ganzes schönes Gedankengebäude.
    »Kohlenmonoxid«, sagte sie.

20
    Es war fast vier Uhr, als Inspector Canerone von der Polizeidienststelle Slough Lynley in sein Büro führte, einen bedrückend kleinen Raum, wo Metall und Kunststoff vorherrschten und der einzige Wandschmuck aus mehreren Generalstabskarten bestand. Ein elektrischer Teekessel stand zischend auf einem der drei Aktenschränke, daneben eine Sammlung von Beatrix-Potter-Porzellanfiguren.
    »Die haben meinem Sohn gehört«, erklärte Canerone.
    »Ich hab's nicht geschafft, sie wegzuwerfen, als er mit meiner geschiedenen Frau wegging. Tee?« Er zog eine der Schubladen des Aktenschrankes auf und holte Teekanne, zwei Tassen und Untertassen und eine Zuckerdose heraus. »Das hat sie mir auch dagelassen«, bemerkte er. »Milch hab ich leider keine. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.«
    »Gar nicht.«
    Canerone goß den Tee auf. Seine Bewegungen waren bedächtig, und er hielt immer wieder inne, als müsse er überlegen, um nur ja keinen peinlichen Schnitzer zu machen.
    »Sie bearbeiten den Fall allein?« fragte er. »Das ist eigentlich nicht üblich bei der Metropolitan Police, nicht?«
    »Ich habe eine Mitarbeiterin. Sie ist noch draußen an der Schule.«
    Canerone stellte sorgfältig Teekanne, Tassen und Zuckerdose auf ein Tablett und trug alles zum Schreibtisch.
    »Sie vermuten, daß der Junge dort getötet wurde.« Es war weniger eine Frage als eine Feststellung.
    »Das dachte ich ursprünglich, ja«, antwortete Lynley.
    »Jetzt bin ich nicht mehr so sicher. Das Kohlenmonoxid hat mich irre gemacht.«

    Canerone zog die oberste Schublade seines Schreibtischs auf und entnahm ihr eine Packung Kekse. Er legte zwei Kekse auf jede Untertasse und schenkte den Tee ein. Nachdem er Lynley eine Tasse gereicht hatte, biß er in einen Keks und schlug dann einen Hefter auf, der vor ihm lag.
    »Schauen wir mal, was wir da haben.« Er blies in seinen Tee und trank geräuschvoll einen Schluck.
    »Im allgemeinen denkt man bei Kohlenmonoxid an Autos«, meinte Lynley. »Aber das Gas kann auch anderen Quellen entströmen als einem Auspuff.«
    »Natürlich.« Canerone nickte. »Einer undichten Leitung oder einem defekten Kohleofen, wenn zum Beispiel ein Abzug verstopft ist.«
    »Das heißt, man kann dem Gas auch in einem geschlossenen Raum in einem Gebäude ausgesetzt

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