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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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unmißverständlich. Ohne einen Blick auf Lynley oder Havers ging Kathleen Lockwood aus dem Zimmer.
    Lockwood schloß die Tür hinter ihr. Dann drehte er sich nach den Polizeibeamten um und maß sie mit kaltem, taxierendem Blick, ehe er sich zu seinem Schreibtisch begab und dort stehen blieb, ganz Selbstsicherheit und Autorität.
    »Man hat mir berichtet, daß Miss Havers, Ihre Mitarbeiterin, fast den ganzen Morgen mit einer äußerst gründlichen Inspektion der Schulgebäude und des Geländes zugebracht hat, Inspector«, sagte Lockwood, jede einzelne Silbe betonend. »Ich würde gern wissen, wozu.«
    Lynley antwortete nicht sofort. Er ging erst einmal zum Tisch, zog einen Stuhl heraus und wartete, bis Barbara sich zu ihm gesellt hatte. Sie setzten sich beide nicht. Lockwood beobachtete sie eisern beherrscht. Er ging durch das Zimmer zum Fenster und stieß es weit auf.
    »Ich wäre Ihnen dankbar für eine Antwort«, sagte er.
    »Das ist verständlich.« Lynleys Erwiderung war freundlich. Er wies auf einen der Stühle. »Bitte setzen Sie sich, Mr. Lockwood.«
    Einen Moment sah es aus, als würde Lockwood ablehnen. Doch nach einem merklichen Zögern setzte er sich ihnen gegenüber an den Tisch, diesmal seitlich zum Fenster, so daß sein Gesicht, anders als bei ihrem letzten Besuch, gut zu beobachten war.
    »Ihr Pförtner fand Matthew Whateleys Schulkleidung auf dem Müllhaufen«, erklärte Lynley. »Da nun alle seine Kleider da sind - es fehlt nichts -, besteht begründeter Anlaß zu der Vermutung, daß er nackt war, als er von hier fortgebracht wurde.«
    Lockwoods Gesicht verfinsterte sich. »Das ist ja absurd!«
    »Was? Daß die Kleider gefunden wurden oder daß Matthew nackt von hier fortgebracht wurde?«
    »Beides. Wieso wurde mir von der Auffindung der Kleider nichts gesagt. Wann hat Orten -«
    Lynley unterbrach. »Ich könnte mir denken, Mr. Orten hielt es für ratsam, die Sache der Polizei zu übergeben. Wir suchen einen Mörder.«
    Lockwoods Erwiderung war eisig. »Was genau soll das heißen, Inspector?«
    »Daß Sergeant Havers heute morgen nach einem Ort suchte, wo Matthew von Freitag nachmittag, als er verschwand, bis zum Zeitpunkt seines Transports nach Stoke Poges, versteckt gehalten werden konnte.«
    »Das ist ja lächerlich. Man kann hier in der Schule nirgends ein Kind versteckt halten.«
    Es war klar, daß Lockwood gar nichts anderes tun konnte, als diese Möglichkeit zu leugnen. Lynley machte ihn darauf aufmerksam, daß die Schlüssel zu Gebäuden und Räumen jedermann zugänglich waren und daß die Sicherheitsvorkehrungen mehr als nachlässig seien.
    Lockwood konterte geschickt. »In dieser Schule sind mehr als sechshundert Jungen und Mädchen, Inspector. Ganz zu schweigen vom Lehrkörper und dem übrigen Personal. Glauben Sie im Ernst, daß es möglich gewesen sein soll, diesen Jungen zu entführen, mehrere Stunden lang gefangenzuhalten und schließlich fortzuschaffen, ohne daß ein Mensch hier etwas merkte? Ich bitte Sie! Das ist das Lächerlichste, was ich je gehört habe.«
    »Bedenken Sie die Umstände des Verschwindens«, entgegnete Lynley. »Wie immer man den Jungen auch fortgeschafft haben mag, es ist anzunehmen, daß es nachts geschah, als hier alle schliefen. Hinzu kommt, daß es am Wochenende geschah. Wir wissen doch beide, daß ein Internat am Wochenende wie ausgestorben sein kann, Mr. Lockwood. Jetzt, wo wir wissen, daß Matthew hier war, müssen wir den Lehrkörper und das übrige Personal verhören. Dazu brauchen wir die Unterstützung der örtlichen Polizei.«
    »Das kommt nicht in Frage, Inspector. Wenn ein Verhör des Personals unerläßlich ist, werde ich selbst mich darum kümmern.«
    Lynley machte Lockwood seine Position im Rahmen der Ermittlungen mit einer einfachen Frage klar. »Wo waren Sie am Freitagabend, Mr. Lockwood?«
    Lockwoods Nasenflügel blähten sich. »Ach, ich bin wohl auch verdächtig? Ganz gewiß haben Sie auch ein fertiges Motiv parat.«
    »Bei Mord ist zunächst einmal jeder verdächtig. Wo waren Sie Freitag abend?«
    »Hier. In meinem Büro. Ich arbeitete an einem Bericht für den Verwaltungsrat.«
    »Bis wann?«
    »Das kann ich nicht sagen. Ich achtete nicht darauf.«
    »Und als Sie mit der Arbeit fertig waren?«
    »Ging ich nach Hause.«
    »Haben Sie unterwegs in einem der Wohnheime vorbeigeschaut?«
    »Wozu?«
    »Sie kommen direkt an den Mädchenhäusern vorbei, nicht wahr? Da finde ich die Vermutung, daß Sie vielleicht noch einmal einen Blick

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