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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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zweifellos dennoch selbst einsehen.«
    Lockwood reichte Lynley die Unterlagen. Verstorben stand quer über dem Aktendeckel. Lynley sah die wenigen Papiere durch, fand aber nichts von Belang außer einer Fotografie, die Edward Hsu als Dreizehnjährigen, bei der Ankunft in Bredgar Chambers zeigte. Er hob den Kopf. Lockwood beobachtete ihn unverwandt.
    »Der Junge hat keinen Brief hinterlassen, aus dem hervorging, warum er sich das Leben nahm?« fragte Lynley.
    »Nein, nichts, soviel ich weiß.«
    »Ich habe mir vorhin die Fotos an der Wand angesehen. Mir ist aufgefallen, wie wenige Schüler Sie hier im Lauf der Jahre gehabt haben, die nicht genau in das gesellschaftliche Konzept der Schule paßten.«
    Lockwoods Blick flog zu den Fotos, dann wieder zurück zu Lynley. Seine Miene war verschlossen. Er sagte nichts.
    »Haben Sie einmal überlegt, was Edward Hsus Selbstmord besagen könnte?« fragte Lynley.
    »Der Selbstmord eines einzigen chinesischen Schülers im Lauf einer fünfhundertjährigen Schulgeschichte besagt in meinen Augen gar nichts. Und ich sehe auch keinerlei Verbindung zwischen diesem Todesfall und dem Tod Matthew Whateleys. Wenn Sie es anders sehen, wäre ich für eine Aufklärung dankbar. Es sei denn, Sie kommen mir wieder mit Giles Byrne und seiner Beziehung zu den beiden Jungen. Aber wenn Sie da die Verbindung sehen, dann ließe sich ebensogut eine Verbindung zwischen Elaine Roly und den beiden Jungen herstellen. Oder zu Frank Orten. Oder jeder anderen Person, die 1975 hier an der Schule war.«
    »War Cowfrey Pitt damals schon hier?«
    »Ja.«
    »Gab es die Freiwilligen Helfer damals schon?«
    »Ja. Ja. Was um alles in der Welt, hat das mit ...«
    Lynley schnitt ihm das Wort ab. »Ihre Frau hat uns von Ihren Bemühungen erzählt, die Schülerzahl an der Schule wieder zu steigern, Mr. Lockwood. Und das Leistungsniveau anzuheben. Aber Sie müssen natürlich vorsichtig sein, was für Schüler Sie aufnehmen - ob nun Stipendiaten oder nicht -, wenn Sie den Leistungsstandard halten wollen, nicht wahr?«
    Lockwood fuhr sich mit der Hand über den vom Rasieren geröteten Hals. »Sie haben eine merkwürdige und irritierende Art, um den heißen Brei herumzureden, Inspector. Höchst ungewöhnlich bei einem Polizeibeamten. Warum fragen Sie mich nicht, was Sie fragen möchten, und lassen dieses enervierende Getue?«
    Lynley lächelte. »Es würde mich interessieren, ob Giles Byrne vielleicht eine alte Schuld eintrieb und von Ihnen etwas verlangte, was in Ihre Pläne für die Schule nicht paßte. Wenn Ihnen daran lag, möglichst viele Schüler für Cambridge und Oxford heranzuziehen - auf jeden Fall mehr als in den vergangenen Jahren -, werden Sie wenig erfreut gewesen sein, einen Schüler aufgedrängt zu bekommen, dem es an der entsprechenden Begabung fehlte.«
    »Matthew Whateley wurde uns nicht aufgedrängt. Er wurde ausgewählt. In einem ordentlichen Wahlverfahren, an dem der ganze Verwaltungsrat beteiligt war.«
    »Insbesondere wohl Giles Byrne?«
    Lockwood verlor die Geduld. »Jetzt reicht es mir aber!« zischte er. »Leiten Sie Ihre Ermittlungen, Inspector. Ich leite die Schule. Ist das klar.«
    Lynley stand auf, und Barbara folgte seinem Beispiel.
    An der Tür drehte sich Lynley noch einmal um. »Sagen Sie, Mr. Lockwood, wußten Sie eigentlich, daß John Corntel und Cowfrey Pitt am Wochenende den Aufsichtsdienst getauscht hatten?«
    »Ja. Haben Sie daran etwas auszusetzen?«
    »Wer wußte sonst noch davon?« »Jeder. Es war kein Geheimnis. Der Name des Aufsichtslehrers wird immer vor dem Speisesaal und dem Lehrerzimmer ausgehängt.«
    »Danke.«
    Lynley nickte dem Schulleiter noch einmal zu und ging mit Barbara aus dem Zimmer.
    Schweigend gingen sie zu Lynleys Wagen hinaus. Eine Schar junger Stare flatterte mit sirrendem Flügelschlag an ihnen vorbei und flog zu einer der beiden Buchen hinauf, die wie Wächter zu beiden Seiten der Auffahrt standen.
    »Und jetzt?« fragte Barbara, Lynley aus seiner Betrachtung reißend.
    »Jetzt ist die wahre Geschichte über Matthew Whateley an der Reihe. Wir müssen sie wissen, ehe wir weitermachen können.«
    »Also wären wir wieder beim Ausländerhaß«, sagte sie und blickte mit zusammengekniffenen Augen zum Dach der Kapelle hinauf. »Glauben Sie, das war der Grund für Edward Hsus Selbstmord?«
    »Rassismus kann sicher ein Anlaß sein bei einem Jungen, der ganz allein ist, weit weg von seiner Familie, in einer Umgebung, die ihm fremd ist und in der er feindselig

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