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03 - Auf Ehre und Gewissen

03 - Auf Ehre und Gewissen

Titel: 03 - Auf Ehre und Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hineingeworfen haben, durchaus normal.«
    »Finden Sie, ja. Aber ich nicht. Es fällt mir nicht ein, nachts in den Wohnheimen herumzupirschen.«
    »Aber wenn Sie wollten, könnten Sie jederzeit hineingehen. Keiner würde etwas dabei finden, Sie dort zu sehen.«
    »Ich habe Wichtigeres zu tun, als meinen Lehrern nachzuschnüffeln. Die haben ihre Aufgaben, ich die meinen. Die Schüler passen selbst auf sich auf. Sie brauchen mich nicht dazu. Das wissen Sie doch aus eigener Erfahrung. Das ist der Sinn des Systems.«
    »Sie haben also Vertrauen in Ihre Hausältesten und den Schulpräfekten?«
    »Uneingeschränkt. Sie haben mir nie Anlaß zu Skepsis gegeben.«
    »Und Brian Byrne?«
    Lockwood machte eine ungeduldige Bewegung. »Das hatten wir doch schon einmal, Inspector. Brian hat mir keinerlei Anlaß gegeben zu bedauern, daß er Hausältester wurde.«
    »Elaine Roly ist der Meinung, daß er selbst ein wenig zu ausgehungert ist, um ein guter Hausältester zu sein.«
    »Ausgehungert? Was, zum ...«
    »Nach Beliebtheit und Anerkennung. So jemand ist nicht gerade die ideale Autoritätsperson.«
    Lockwood lächelte amüsiert. »Ach so, daher weht der Wind. Wenn jemand dringend Beliebtheit und Anerkennung sucht, dann ist das die gute Miss Roly. Seit Jahr und Tag bemüht sie sich unermüdlich um Frank Ortens Zuneigung. Als ob dieser alte Menschenfeind je wieder eine Frau ansehen würde, nach dem, was ihm seine geschiedene Ehefrau angetan hat! Was Brian Byrne angeht, so wurde er auf dem gleichen Weg Hausältester wie jeder andere. Ein Mitglied des Lehrerkollegiums schlug ihn vor.«
    »Wer war das?«
    »Ich erinnere mich leider nicht.« Lockwood streckte zerstreut den Arm nach dem Blumenarrangement seiner Frau aus und zupfte an einer Osterglocke. Wunderbar, dachte Lynley, wie der Körper immer die Wahrheit sagt, auch wenn der Geist lügen möchte.
    »Wird Ihre Frau als Mitglied des Kollegiums betrachtet?« fragte er. »Ich weiß, daß sie im Schulorchester spielt und Musikunterricht erteilt. Selbst wenn sie dafür nicht bezahlt wird, hat sie doch gewiß eine Ehrenposition im Lehrerkollegium. Und hat sicherlich einen gewissen Einfluß bei Entscheidungen - wie ...«
    »Ja, Sie haben recht. Kathleen schlug Brian vor. Ich bat sie darum. Giles Byrne wünschte, daß sein Sohn Hausältester würde. Ist es das, was Sie wissen wollten? Für Ihre Ermittlungen dürfte das wohl kaum von Belang sein.«
    »Lag Giles Byrne daran, daß sein Sohn in einem bestimmten Haus Hausältester wurde?«
    »In Erebos. Das ist nicht verwunderlich. Byrne selbst hat dort gewohnt, als er hier auf der Schule war.«
    »Mr. Byrne scheint eine Reihe von Verbindungen zu Erebos zu haben«, meinte Lynley. »Er selbst wohnte dort. Sein Sohn ist dort untergebracht, Matthew Whateley, sein Schützling, wohnte dort. Und auch Edward Hsu wohnte dort. Was wissen Sie über Byrnes Beziehung zu ihm?«
    »Nur, daß er den Jungen förderte und ihm die Gedenktafel in der Kapelle anbringen ließ. Er hatte Edward Hsu gern. Aber das war lange vor meiner Zeit.« »Und was wissen Sie über den Selbstmord des Jungen?«
    Lockwood zeigte offen seine ärgerliche Ungeduld.
    »Sie wollen doch nicht unterstellen, daß da ein Zusammenhang besteht? Edward Hsu starb 1975.«
    »Das weiß ich. Wie ist er gestorben? Wissen Sie das?«
    »Das weiß jeder hier. Er kletterte den Glockenturm hinauf, von dort auf das Dach der Kapelle und stürzte sich hinunter.«
    »Warum?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Haben Sie eine Akte über ihn?«
    »Ich wüßte nicht, wozu -«
    »Ich möchte sie gern sehen, Mr. Lockwood.«
    Ohne ein Wort der Erwiderung stand Lockwood auf, ging hinaus und blaffte draußen seine Sekretärin an. Als er wiederkam, trug er in der linken Hand eine aufgeschlagene Akte. Sie enthielt nur wenige Unterlagen. Lockwood blätterte sie rasch durch und hielt bei einem auf Luftpostpapier geschriebenen Brief inne.
    »Edward Hsu kam aus Hongkong zu uns«, sagte er.
    »Seine Eltern lebten dort, wie aus diesem Schreiben hervorgeht, auch 1982 noch. Sie hatten erwogen, zu seinem Andenken ein Stipendium zu stiften, aber es scheint nichts daraus geworden zu sein.« Lockwood las weiter.
    »Sie schickten Edward nach England auf die Schule, weil auch sein Vater hier erzogen worden war. Die Ergebnisse der Aufnahmeprüfung sind ausgezeichnet. Er scheint ein begabter Junge gewesen zu sein. Er hätte es wahrscheinlich einmal weit gebracht. Sonst enthält die Akte keine Informationen, aber Sie wollen sie

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