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03 - Der Herr der Wölfe

03 - Der Herr der Wölfe

Titel: 03 - Der Herr der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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zurück.
    Sie kauerte am Boden, den geliehenen Mantel fest um die Schultern geschlungen, und unterdrückte. ihre Tränen. »Er wird kommen!« schrie sie. Daran zweifelte sie nicht, denn er war der Herr der Wölfe, und kein Mann konnte ihm das Wasser reichen, keiner durfte sich nehmen, was ihm gehörte.
    Großer Gott, lass ihn nicht sterben, betete sie, und schick ihn zu mir Ich liebe ihn …
    Aber warum sollte er sie retten? Von Anfang an hatte sie sich gegen ihn gewehrt, ihn herausgefordert, sich gelobt, ihn zu hassen. Würde er trotzdem nach ihr suchen? Begehrte er sie wirklich so sehr, trotz allem? Frierend und verängstigt legte sie den Kopf auf die Knie, und plötzlich wurde sie von Erinnerungen gewärmt, die wie stürmische Wellen heranströmten.
    Ja, sie hatten einander gehasst, aber in gewisser Weise auch geliebt. Der Tag ihrer ersten Begegnung schien in ferner Vergangenheit zu liegen - ein Tag, so ähnlich wie dieser …

     
    Teil II
    VORHER …

Kapitel 4
    An der französischen Küste, Sommer, a.d. 879
    »Er ist da!« rief Melisande. »Vater ist wieder zu Hause!« Tag für Tag hatte sie in der vergangenen Woche die alte Römerstraße beobachtet, oft stundenlang, und stets gewusst, er würde sein Versprechen halten und vor ihrem dreizehnten Geburtstag zurückkommen.
    Ragwald hatte an seinem Gelehrtenpult gesessen, den Kopf müde in die Hände gestützt. Jetzt stand er sofort auf und vergaß allen Ärger, den ihm sein junger Schützling zu bereiten pflegte. Auch er freute sich über die Heimkehr seines Herrn, denn dies waren gefährliche Zeiten für Reisende. Die Dänen und andere Wikinger machten Küsten und Flüsse unsicher, und um sich gegen sie zu verteidigen, hatten mehrere einheimische Grafen, Barone und reiche Landbesitzer ein neues Leben begonnen.
    Wenn Ragwald in die Vergangenheit zurückblickte, fand er allerdings nicht, dass sich viel geändert hatte. Kampfstärke war schon immer wichtig gewesen, aber das Feudalsystem war erst in diesem Jahrhundert entstanden - offenbar durch die Ankunft der Wikinger gefördert. Die großen Herren bauten wehrhafte Schlösser, bildeten tüchtige Leute aus, die sie verteidigen sollten und hielten sich Vasallen, Frauen und Männer, die auf den Landgütern arbeiteten. Diese Vasallen sorgten für Nahrung und reiche Ernte. Zum Lohn dafür wurden sie beschützt. Das Gesetz lag in den Händen der Mächtigen. Ein Reisender konnte leicht überfallen werden und für immer verschwinden.
    Ragwald trat neben Melisande an die Mauer der Brustwehr, und sie beobachteten, wie sich Graf Manon de Beauville mit seinem Gefolge der Festung näherte. Erleichtert lächelte der alte Mann. Eigentlich hätte er sich keine Sorgen machen müssen. Sein Herr zählte zu den mächtigsten Adeligen und gewiss auch zu den klügsten. Immerhin hatte er ihn, Ragwald, schon vor Jahren in Dienst genommen.
    Zudem wusste Graf Manon, wie wichtig es war, aus den Fehlern und Triumphen der Vergangenheit zu lernen. Durch das Studium der Antike und des Einflusses, den die alten Römer auf die eroberten Völker ausgeübt hatten, erkannte er, wie vielfältig man die verschiedenen Gesteinsarten zu nutzen vermochte. Sein Schloss gehörte zu den schönsten im ganzen Land. Die Hauptgebäude standen auf einem Berggipfel, umgeben von einem tiefen Graben, vor dem sich eine Mauer erhob. Vier Türme ragten empor, einer zum Meer gewandt, die anderen nach Osten, Westen und Süden, verbunden durch Brustwehren aus Holz und Stein, die großartige Verteidigungsbastionen darstellten. Nur wenige Angreifer kamen der F%-. stung zu nahe, denn die Wachtposten hinter den Mauern schossen zielsicher ihre brennenden Pfeile ab und schütteten siedendes Öl aus riesigen Kesseln hinab.
    Stärke bedeutete Respekt, und so führten sie innerhalb der Schlossmauern ein friedliches Leben. Niemals wurden sie von Landsleuten attackiert, die noch größeren Ruhm suchten, und die fast unausweichlichen Angriffe der Dänen wurden sehr schnell zurückgeschlagen. Meistens tauchten sie nur auf, um zu stehlen und zu plündern, aber einige wollten sich Ländereien aneignen, jüngere Söhne, ohne Erbe in ihrer fernen Heimat. Doch wer immer gegen Graf Manon kämpfte, hielt bald nach leichterer Beute Ausschau. Entlang der Küste gab es viele ungeschützte Liegenschaften.
    Die Augen mit einer Hand gegen die Sonne abgeschirmt, sah Ragwald den Grafen auf dem großen Hengst Warrior zwischen den Feldern heransprengen, gefolgt von Reitern mit Lindenholzschilden. Zwei

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