03 Die Auserwählten - In der Todeszone
zu einem der Gebäude verschafft hatte – vermutlich waren das die Explosionen gewesen, die Thomas gehört hatte – und dass er dort als Erstes hingehen sollte. Es schien ihm logisch, sich der Gruppe anzuschließen – zusammen ist man stärker –, und er musste ihnen sagen, wo die Immunen versteckt waren. Laut der Karte wäre es das Beste, wenn er zu dem Gebäude lief, das am weitesten vom Tunnelausgang entfernt war, und dort das Gelände absuchte.
Also rannte er um den Felsbrocken herum und sprintete auf das nächstgelegene Gebäude zu. Er lief so tief gebückt, wie er konnte. Blitze zuckten über den Himmel, erleuchteten die Betonwände der Gebäude und spiegelten sich im Schnee. Der Donner folgte fast sofort, rollte dröhnend über die Landschaft hinweg und fuhr Thomas bis in die Knochen.
Als er das erste Gebäude erreicht hatte, zwängte er sich durch das Gestrüpp an die Außenwand. Er schob sich an der Seite des Gebäudes entlang. Als die Wand zu Ende war, blieb er stehen und warf einen Blick um die Ecke – zwischen den einzelnen Gebäuden befanden sich Innenhöfe. Aber er konnte noch immer keinen Eingang entdecken.
Er lief um die nächsten zwei Gebäude herum. Als er sich dem vierten näherte, hörte er Stimmen und warf sich sofort auf den Boden. So leise er konnte, kroch er auf der gefrorenen Erde auf einen riesigen Busch zu. Dann riskierte er einen Blick hinter dem Busch hervor, um festzustellen, woher die Stimmen kamen.
Dort war der Eingang. Schutt lag in großen Haufen im Hof verstreut und dahinter war ein riesiges Loch in die Wand des Gebäudes gesprengt worden. Also hatte die Explosion innen stattgefunden. Durch die Öffnung drang schwaches Licht, das ausgefranste Schatten auf den Boden warf. Die Schatten gehörten zu zwei Leuten in Zivilkleidung. Der Rechte Arm.
Als Thomas aufstehen wollte, legte sich eine eiskalte Hand fest über seinen Mund und riss ihn nach hinten. Ein Arm legte sich um seine Brust und er wurde durch den Schnee davongeschleift. Thomas trat um sich und versuchte sich zu befreien, aber sein Gegner war zu stark.
Sie bogen um eine Ecke in einen anderen kleinen Innenhof und Thomas landete bäuchlings auf der Erde. Sein Entführer drehte ihn auf den Rücken und presste Thomas wieder die Hand auf den Mund. Er erkannte den Mann nicht. Eine weitere Gestalt beugte sich über ihn.
Janson.
»Ich bin ziemlich enttäuscht«, sagte Rattenmann. »Anscheinend stehen in dieser Organisation doch nicht alle auf derselben Seite.«
Thomas versuchte gegen den Mann anzukämpfen, der ihn zu Boden drückte.
Janson seufzte. »Dann müssen wir es wohl auf die harte Tour machen.«
Janson zog ein langes, schmales Messer hervor, hielt es hoch und musterte es mit zusammengekniffenen Lidern. »Ich sag dir mal was, Junge. Ich habe mich nie als gewalttätig betrachtet, aber du und deine Freunde, ihr treibt es wirklich zu weit. Meine Geduld ist am Ende, aber ich werde mich zurückhalten. Im Gegensatz zu euch muss ich nicht nur an mich denken. Meine Aufgabe ist es, Menschenleben zu retten, und ich werde dieses Projekt zu Ende bringen.«
Thomas bemühte sich, seinen ganzen Körper zu entspannen, stillzuhalten. Sich zu wehren brachte nichts, und er musste sich seine Kräfte für den richtigen Moment aufsparen. Der Rattenmann war offensichtlich durchgedreht, und das Messer konnte nur bedeuten, dass er Thomas um jeden Preis wieder in den OP befördern wollte.
»Braver Junge. Sich zu wehren hat keinen Zweck. Du solltest stolz sein. Du wirst mit deinem Gehirn die Welt retten, Thomas.«
Der Mann, der Thomas festhielt – ein stämmiger Bursche mit schwarzen Haaren –, sagte zu ihm: »Ich nehm jetzt die Hand von deinem Mund, Kleiner. Wenn du einen Mucks von dir gibst, pikst dich Mister Janson mit seiner hübschen Klinge. Verstanden? Wir brauchen dich lebend, aber das heißt nicht, dass du nicht ein paar Kriegsverletzungen abkriegen darfst.«
Thomas nickte vorsichtig, der Mann ließ ihn los und lehnte sich zurück. »Kluges Kind.«
Das war das Zeichen für Thomas. Er riss sein Bein nach rechts und trat Janson ins Gesicht, so dass sein Kopf nach hinten geschleudert wurde und er auf den Boden krachte. Der Dunkelhaarige wollte Thomas festhalten, doch der schlüpfte unter ihm durch und versetzte Jansons Hand einen Tritt. Das Messer flog aus seiner Faust und schlitterte über den Boden, bis es gegen die Hauswand prallte.
Thomas schaute dem Messer hinterher, und dieser Moment genügte dem stämmigen Mann.
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